Dank 3D-Laserscanning: Wie die Supermarktkette SPAR Tankstellenshops in Rekordzeit umbaute
- Umstellung von Tankstellenshops auf SPAR Express: durch die Verwendung von schnellen 3D-Laserscans, digitaler Zwillinge und der Kommunikation in der Cloud gewann die SPAR Handels AG eine signifikante Umsatzsteigerung um bis zu zehn Prozent
- Die durch die Laserscans erzeugten Punktwolken sind Grundlage für die Erstellung der exakten Ist-Pläne der bestehenden Shops
- Herkömmliche Verfahren zur Bestandsaufnahme ohne digitale Tools dauern doppelt so lang und sind fehleranfällig – der Einsatz digitaler Zwillinge bietet hingegen klare Vorteile
Die SPAR Handels AG hatte in der Schweiz insgesamt 60 Tankstellenshops gekauft, die nun zu SPAR-Märkten umgestaltet wurden. Dazu mussten die Fassade, die Innenausstattung und das Ladenlayout geändert werden – und zwar schnellstmöglich und mit minimaler Unterbrechung des Geschäftsbetriebs. SPAR begann mit dem Umbau der ersten zwei Shops auf ganz herkömmliche Weise ohne digitalen Scanprozess. Die Folge: Die Regale und andere Einrichtungen, die auf Basis alter Bestandspläne und fehlerhafter Messungen erstellt wurden, passten nicht: Sie mussten neu bestellt und gefertigt werden. Zu den Mehrkosten kam der Mehraufwand durch wiederholte Anfahrten an die Standorte hinzu.
Im November 2020 beauftragte die Spar Handels AG deshalb die auf Building Information Modeling spezialisierte BIM Facility AG in Zürich damit, ihre neu erworbenen Tankstellenshops zu scannen und digitale Zwillinge der Verkaufsräume sowie der Fassaden zu erstellen. Zur selben Zeit startete man schon mit dem Umbau der ersten Shops; kurze Zeit später waren alle 60 Tankstellenshops auf das neue Corporate Design umgerüstet und eröffneten unter dem Label „SPAR Express“. Das Auftragsvolumen für die Dienstleistung betrug rund 140.000 Schweizer Franken [Anm. d. Red.: knapp 150.000 Euro].
Inwiefern sich der Einsatz der 3D-Laserscans und die anschließende Erstellung der BIM-Modelle gelohnt hatte – sowohl zeitlich als auch finanziell – ließ sich bei diesem Projekt gut erschließen. Elias Steiner, Bereichsleiter Bau + Store Design der SPAR Handels AG, sagt: „Der Preis pro Standort von circa 2.500 Schweizer Franken entspricht ungefähr dem Aufwand von drei bis vier Personentagen. Ich schätze den Aufwand im herkömmlichen Verfahren vorsichtig auf mindestens das Doppelte.“ Und er fügt hinzu: „Die Qualität des erlangten Datenmaterials wäre und war tatsächlich im herkömmlichen Verfahren schlechter.“ Herkömmliches Verfahren heißt: Es wurden teilweise vor Ort die Räumlichkeiten mit dem Zollstock ausgemessen. Sofern vorhanden, wurden alte Bestandspläne herangezogen.
Matthias Wasem, Geschäftsleiter und Partner der BIM Facility AG, warnt davor, den Aufwand für die Suche nach alten Plänen zu unterschätzen. Er berichtet von einem aktuellen Projekt für ein großes Transportunternehmen: „Dort beziffern die verantwortlichen Planer für Bauprojekte in einer Größenordnung von unter fünf Millionen Schweizer Franken [Anm. d. Red.: etwa 5,3 Millionen Euro] allein die Suche und das Bereitstellen der Bestandspläne mit durchschnittlich neun bis 17 Arbeitstagen. Daher lautet deren Strategie: ‚Rausfahren, scannen, aktuelle Pläne erstellen‘. So spart man Zeit und vermeidet Fehler bei der Ausführung.“ Dies war auch die Erkenntnis aus dem Projekt für den Auftraggeber SPAR. Indem das Unternehmen unter anderem auf 3D-Laserscanning setzte, profitierte es von einer Reihe an Vorteilen.
3D-Laserscanning: Minimale Unterbrechung des Tagesgeschäfts
Die SPAR Handels AG hatte in der deutschsprachigen und zum Teil in der französischsprachigen Schweiz insgesamt 60 Tankstellenshops gekauft, die nun zu SPAR-Märkten umgestaltet werden sollten. Die Verkaufsräume waren zwischen 50 und 70 Quadratmeter groß. Es galt, die Kassenbereiche neu auszustatten, Kühlschranke einzubauen, Theken und Regale nach den Corporate-Design-Richtlinien zu gestalten. Auch von außen sollten die Shops als SPAR Express erkennbar sein.
„Das Scannen der Verkaufsräume erfolgte nur mit einer minimalen Unterbrechung des Tagesgeschäfts“, betont der BIM-Facility-Geschäftsleiter. Es sei aber hilfreich, die Betreiber vor Ort rechtzeitig zu informieren, dass es an einem bestimmten Tag zu einer „Ausnahmesituation“ kommt. „Es gehört zu den Aufgaben unserer Projektleiter, hier im Vorfeld die Ängste zu nehmen und zu vermitteln, dass die Einschränkungen für die Mitarbeiter und Kunden überschaubar sind. Trotzdem muss klar kommuniziert werden, dass die Kunden kurz den Laden verlassen müssen, damit sie nicht mitgescannt werden“, so Wasem. Die eigentlichen Scans dauern pro Position zwischen 30 Sekunden und vier Minuten. Der Mitarbeitende ist inklusive Vorbereitung in der Regel zwei Stunden vor Ort. Ein bis zwei Shops wurden auf diese Weise pro Tag gescannt – je nachdem, wie lange die Anfahrtswege waren.
Heute sind die Mitarbeitenden nicht mehr mit einem Stativ unterwegs, sondern haben den Scanner vor sich auf der Brust geschnallt. „So bewegen sie sich langsam durch die Räumlichkeiten. Und der ganze Scanvorgang dauert in der Regel nicht mehr als eine Stunde – natürlich je nach Größe des Objektes“, erzählt Wasem.
Von der Punktwolke zum digitalen Zwilling: 3D-Laserscanning im Einsatz
Mit Hilfe des Laserscanners werden mehrere 360-Grad-Scans erstellt; dabei werden so genannte Punktwolken mit Milliarden von einzelnen Messpunkten erzeugt. Da dies von mehreren Standorten im Gebäude bzw. in dem Fall im Verkaufsraum geschieht, ergeben sich Überschneidungen und mehrere Punktwolken. Eine Auswertungs-Software hilft, die einzelnen Punktwolken zu verschmelzen, so dass es am Ende nur eine gibt.
Doch damit sei es nicht getan. Nun brauche es Menschen wie die Architektin oder den Bauingenieur, die aus den Punktwolken die eigentlichen Pläne und 3D-Modelle generieren. Wasem beschreibt den Prozess so: „Es gehört viel Präzision dazu, um in Autodesk ReCAP diese Punktwolken zu klassifizieren. Unsere BIM-Modellierer fügen beispielsweise entlang der Punktwolken die Wände und Regale ein. Schließlich erhält man ein digitales Modell oder einen Plan des physischen Ist-Zustands.“
Konkret erzeugen die Mitarbeitenden der BIM Facility AG eine .rcp-Datei, die die Mitarbeitenden der Bauabteilung in Autodesk Revit, welches Teil der AEC Collection ist, einlesen. Hier wird das hochauflösende BIM-Modell weiter bearbeitet. Die Regale, die Bistro-Bar, Theken, Kühlschränke, Aufsteller im Spar-Design: alle Einrichtungsgegenstände liegen schon als digitales Objekt in der Autodesk Construction Cloud vor und werden nun im Modell platziert. Auf Basis dieses detailgetreuen 3D-Modells erfolgt die Bestellung der neuen Möbel. „Es gibt keine Unsicherheit mehr darüber, ob die neue Einrichtung passt“, betont Wasem.
Vorteile des 3D-Laserscannings: Schnellerer „Time to market“
Ohne die 3D-Scans, die darauf basierenden digitalen Modelle und das nahtlose Ökosystem der Autodesk Construction Cloud hätte der Umbau der Tankstellenshops nicht so zügig vonstattengehen können, so Elias Steiner, der verantwortliche Bereichsleiter Bau von SPAR. Er betont: „Ohne den Einsatz der 3D-Scans wäre es nicht möglich gewesen, 60 Tankstellenshops in dieser vergleichsweise kurzen Zeit von Dezember 2020 bis Oktober 2021 umzustellen. Der Umsetzungsplan sah in der intensivsten Phase die Umstellung von zwei Tankstellen pro Woche vor. Die Scans aller Shops waren bereits nach zwölf Wochen abgeschlossen.“
Dass der SPAR Handels AG sehr viel an einer schnellen Umsetzung lag, hat auch einen weiteren Grund. Steiner: „Der Umsatz konnte durch die Systemumstellung von Tankstellenshops auf SPAR Express tatsächlich um bis zu zehn Prozent erhöht werden.“ Matthias Wasem erläutert den Grund dafür näher: „Dadurch, dass der Umbau auf Basis der digitalen Zwillinge schneller realisiert werden konnte, konnten die Shops frühzeitig unter dem Logo von SPAR wiedereröffnen. Genau die Shops, die auf Basis der fehlerhaften Pläne und Messungen umgebaut wurden, mussten länger geschlossen werden.“
Folgeprojekte schließt der SPAR-Manager nicht aus. Der Geschäftsleiter der BIM Facility AG sieht dafür die Grundlage gelegt. „Wenn die Daten der digitalen Zwillinge aktuell gehalten werden, kann SPAR in Zukunft schnell weitere Neuerungen in den Läden umsetzen. Der Einbau einer neuen Lüftung oder eine Änderung des Corporate Designs kann dann sehr schnell realisiert werden“, führt Matthias Wasem aus.