„Ziel ist es, die strukturelle Ähnlichkeit unserer Ergebnisse aus dem 3D-Drucker mit herkömmlichem Mauerwerk aufzuzeigen. Wir sind überzeugt, dass sich so das Genehmigungsverfahren vereinfachen ließe, da die Baubehörden in der Lage wären, sich an den Regeln und Bauvorschriften einer etablierten Sparte zu orientieren“, erklärt Cheniuntai. Der Vorteil für Bauunternehmen bestehe unterdessen darin, dass bewährte Bautechniken – angefangen beim Anlegen von Fundamenten bis hin zur Konstruktion von Dächern – problemlos auf dieses neuartige Verfahren übertragbar seien.
Statt auf ausgefallenere Baumaterialien wie Kohlefaser oder Biokunststoff greifen Cheniuntai und ihre Kollegen bewusst auf altbekannte Favoriten wie Beton zurück – mit einem entscheidenden Unterschied: Da herkömmlicher Beton sich nicht für 3D-Druckprozesse eignet, kombiniert das Team die grundlegenden Zutaten – Wasser, Sand und Zement – mit einem geheimen Baustoff, das dem Material eine optimale Viskosität und Aushärtezeit verleiht.
„Wir wissen, dass es zunächst darauf ankommt, uns mit den gängigen Baustoffen der Branche so vertraut wie möglich zu machen“, betont Cheniuntai. „Später können wir dann den Schritt zu neuen Materialien wagen.“
Natürlich sind 3D-gedruckte Strukturen, die wie traditionelles Mauerwerk aussehen, nur dann sinnvoll, wenn sie auch aus funktionaler Sicht mit ihrem Vorbild mithalten können. Mit Unterstützung von Briggs Engineering and Testing sowie der University of Connecticut unterzog das Team von Apis Cor seine Wände den gleichen von der internationalen Standardisierungsorganisation ASTM International zertifizierten Tests, denen auch Schalsteine unterliegen. Dazu gehört etwa die Bewertung von Festigkeit, Widerstand, Biegeresistenz und Kompressionsgrad.
„Die Festigkeit eines Schalsteins wird durch die Bestimmung der Belastungsgrenze unter starkem Druck ermittelt. Also haben wir ein 3D-Modul im exakten Format eines Schalsteins derselben Prozedur unterzogen“, erläutert Kenny. Für die Auswertung der Tests ist das Team von Thornton Tomasetti zuständig, das die Ergebnisse in Form eines Dokuments festhält, das problemlos mit Baubehörden geteilt werden kann. „Auf diese Weise möchten wir verdeutlichen, dass dieses neuartige Baumaterial sämtliche Anforderungen der bestehenden, sehr vergleichbaren Bauvorschriften in Zusammenhang mit Schalsteinen erfüllt“, erklärt er.
Im Rahmen zweier geplanter Demonstrationsprojekte gilt es nun, die empirischen Untersuchungsergebnisse auf den Prüfstand der Praxis zu stellen. Das erste Projekt – ein 3D-gedrucktes zweistöckiges Haus in Jackson im US-Bundesstaat Louisiana – soll in gerade einmal zwei Wochen fertiggestellt werden und nur halb so viel kosten wie ein herkömmliches Haus. Das zweite, für das sich Apis Cor mit dem Housing Trust Fund of Santa Barbara County zusammengeschlossen hat, hat die Schaffung erschwinglichen Wohnraums im kalifornischen Santa Barbara mithilfe von 3D-Druckverfahren zum Ziel. Beide Projekte werden voraussichtlich im Herbst 2020 beginnen und den üblichen Genehmigungsprozess durchlaufen müssen – die ideale Gelegenheit, die Vorteile und Governance-Strukturen der 3D-Drucktechnologie vorzustellen.
„Wir wollen an ein paar Orten eine gewisse Anzahl von Leuten von unserem Ansatz überzeugen. Dann hätten wir einen Präzedenzfall, der zeigt, dass ein Gebäude schon einmal in dieser Art gebaut wurde“, meint Kenny. Während bei anfänglichen Projekten Simplizität im Mittelpunkt stehen soll, plant das Team, im Laufe der Zeit zusätzliche Prototypen mit ausgefalleneren Bauformen vorzustellen. Natürlich werden auch diese zunächst die Gunst der Baubehörden gewinnen müssen.