Erstklassig dank Cloud: Architekten und Stardesigner vernetzen sich
Das Bangkoker Architekturbüro Design Worldwide Partnership (DWP) wagte 2019 den Schritt in die Cloud. Welche Herausforderungen das Jahr 2020 mit sich bringen würde, ahnte damals noch niemand. Das cloudbasierte Arbeiten vereinfachte die Zusammenarbeit des weltweit agierenden Teams enorm – namhafte Designer konnten so trotz Reisebeschränkungen schnell an Bord geholt werden.
Zu diesem Zweck gründete das Unternehmen die Boutique-Sparte DWP|Signature, mit der die kreativen Möglichkeiten des digitalen Wandels ausgespielt werden sollten. Der Plan: Durch den Einsatz cloudbasierter Technologien sollte die Zusammenarbeit mit internationalen Architekten, Künstlern und Innenarchitekten angeschoben werden. Für diese Zusammenarbeit konnten unter anderem die Innenarchitektin Anne Carson, der Spezialist für Gastronomieplanung Gary Szillich und die Architektin, Designerin und Künstlerin Jordy Fu gewonnen werden. Letztere erlangte besondere Bekanntheit durch ihre handgefertigten Papierkronleuchter– an Wolken erinnernde Skulpturen, die gleichzeitig Leuchten sind.
„Wir suchten nach einem Weg, unsere Marke zu erweitern, indem wir gute Leute dazugewinnen, die ihre eigenen Unternehmen dafür nicht aufgeben müssen“, sagt Scott Whittaker, Creative Director von DWP und Gründer von DWP Asia.
Zu den Projekten von DWP|Signature zählt das 98 Wireless, ein Hochhaus mit 77 luxuriösen Eigentumswohnungen im Zentrum von Bangkok, in dem die Innenarchitektin Anne Carson Wohnaccessoires von Ralph Lauren Home zur Geltung bringt. Der Auftraggeber wünschte sich für das in Asien noch recht ungewöhnliche Projekt 98 Wireless ein Wohnhochhaus im New Yorker Stil. „Wir kümmerten uns selbst um die Architektur und die Raumgestaltung. Anschließend begann die Zusammenarbeit mit unserem Signature Partner in New York“, sagt Whittaker. „Alle Leistungen wurden als BIM-Anwendung in einem einzigen Modell erbracht. Bei einem Projekt dieser Größe war das für uns eine neue Erfahrung.“
Cloudbasierte Lösungen
Diese intensive Form der Zusammenarbeit ist nur durch cloudbasierte Lösungen vorstellbar. Als die COVID-19-Pandemie die Welt in den Lockdown zwang, war DWP gut aufgestellt und konnte nahtlos auf Telearbeit umstellen. Innerhalb von 24 Stunden waren die Systeme dafür einsatzbereit. Da alle Menschen aufgefordert waren, zu Hause zu bleiben, um einer Ansteckung mit dem Virus vorzubeugen, erfolgte der Härtetest sofort. Zwar erkannte das Unternehmen die potenziellen Vorteile, die eine vollständige Umstellung auf eine räumlich getrennte Zusammenarbeit in einem cloudbasierten System bringen würde. Dennoch zögerte es anfangs. Ohne die Pandemie wäre die Umstellung wahrscheinlich nicht so schnell erfolgt.
„Wir haben nicht alle Mitarbeiter an einem Tag umgestellt. Schließlich arbeiten wir in verschiedenen Ländern und Zeitzonen“, sagt Whittaker. „Wir haben es im Grunde erstmal beschlossen und den Leuten mitgeteilt. Sie haben dann am nächsten Tag einfach von woanders weitergearbeitet. Wir hatten also keinen Stillstand, denn die Technologie funktionierte. Wir hatten aber auch einen sehr guten Kommunikationsdienst eingerichtet.“
Für jedes Büro und für jedes Projekt wurden Chatrooms auf Google Chats eingerichtet, wo sich die Teammitglieder des Projekts jeden Tag an- und abmeldeten. Die Kommunikation und auch die Teamarbeit verbesserte sich dadurch.
Außerdem entschied sich das Team, alle Daten in Autodesk Revit zu verarbeiten. „Vor unserem Umstieg auf Revit brauchten wir mehr Zeit zur Fertigstellung unserer Projekte. Einerseits hatten wir mehr Arbeit und andererseits mussten wir das Projekt einzeln zu den Fachplanern schicken,“ erinnert sich Whittaker. „Ich denke, seit wir mit [Autodesk] BIM 360 arbeiten, in dem alles kombiniert ist und in dem wir alle gemeinsam in demselben Modell arbeiten, sparen wir ungefähr 30 Prozent an Zeit.“ Zur werkseitigen Vorfertigung der komplexen Steinfassadenelemente nutzte auch das Bauunternehmen BIM (Building Information Modeling).
Durch die Echtzeitverbindung der Teams über BIM und Google Chat ließen sich Einzelheiten des Projekts schneller klären. „Ich glaube, dass sich das Team effektiver auf die Arbeit am Projekt konzentrieren kann, seit die Zusammenarbeit so einfach geworden ist“, freut sich Waralak Thongsrikate, einer der Architekten bei DWP. „Durch den Live-Chat geht die Abstimmung in der Gruppe schneller, weil die Mitarbeiter, die am Projekt arbeiten, jederzeit Fragen stellen können. Außerdem verlieren wir keine Zeit mehr auf dem Weg zur Arbeit und zurück. Mit BIM sind wir produktiver, da wir ortsunabhängig arbeiten können.“
Mit BIM entwerfen und dokumentieren
Beim Umstieg auf BIM 360 kam es darauf an, gewisse Fähigkeiten zu fördern. „Wir machten mit unseren Architekten und Raumgestaltern eine Art Umschulung. Zuvor arbeiteten sie mit Technikern und Zeichnern zusammen, um die Projekte zu dokumentieren“, erklärt Whittaker. „Inzwischen schulen wir sie hauptsächlich darin, direkt mit BIM zu entwerfen und zu dokumentieren. Weiterhin ist es erforderlich, sich im Planungsprozess mehr auf die frühe Konzept- und Entwurfsphase zu konzentrieren. Schließlich legen wir auch mehr Wert auf die kollaborative Zusammenarbeit mit unseren Beratern.“
Durch den Umstieg auf ein cloudbasiertes System hat sich die Zusammenarbeit zwischen den wichtigsten Beteiligten wesentlich verbessert. Gleichzeitig gewinnen die Architekten wieder mehr Einfluss auf ihre Projekte. „Mit zunehmendem Input durch Projektleiter, Berater und Vertreter des Auftraggebers ging den Architekten die Hoheit über ihre Projekte ein ganzes Stück verloren“, sagt Whittaker. „Durch die Arbeit mit der BIM-Methode rückt die Beziehung zwischen Architekt und Auftraggeber wieder zurück ins Zentrum. Dadurch wird der Architekt, als der eigentliche Ideenschöpfer, wieder zu dem, was er vor hundert Jahren einmal war.“
Der Architekt wird wieder zu dem, der er immer war: Ideenschöpfer
Auch Carol Leong kann als Architektin bei DWP von den Vorteilen beim Arbeiten in einem gemeinsamen Modell berichten: „Auf diese Art digital zu arbeiten, ermöglicht eine viel schnellere Visualisierung des Ganzen“, erklärt sie. „Man sieht sofort, wie die Form aussieht oder wie die Oberflächen in einem Raum wirken.“
Bei den traditionellen Modellen verblieben stets Hürden zwischen Architekten und den Endnutzern, wobei die Architekten ihre eigene Perspektive des Entwurfs nie vollständig vermitteln konnten. „Endnutzer lesen Zeichnungen anders. Sie machen sich ein Bild anhand einer bestimmten Ansicht, aber sie verstehen die Entwürfe nicht gut“, sagt Leong. Wenn die Endnutzer die Entwürfe dreidimensional betrachten, können Architekten und Planer ihre Visionen besser vermitteln.
„Die Teams, in denen ich arbeite, lieben kollaboratives BIM, weil es uns hilft, unseren Entwurf gleichzeitig zu verstehen und auszudrücken“, berichtet Thongsrikate. „Ein Modell kann gleichzeitig durch mehrere Nutzer bearbeitet werden. Von den Ergebnissen zeigen sich viele Auftraggeber beeindruckt“.
Ein anderes Projekt, das DWP schließlich komplett in BIM abwickelte, war der Umbau des Casinos für das The Star in Sydney, das zur Star Entertainment Group gehört. An diesem Projekt hatte das Team schon einige Zeit lang gearbeitet, bevor der Umstieg auf die Cloud erfolgte. „Es ist ein riesiges Projekt“, erzählt Leong. „Die Grundfläche erstreckt sich über mehrere Blocks. Als wir mit der Planung begannen, gab es BIM 360 noch gar nicht.“
Digitale Vernetzung
Das Casino wird rund um die Uhr, sieben Tage die Woche betrieben. Die Planung musste besonders gründlich sein, nur so konnte das Team mit dem Umbau beginnen. „Wir arbeiteten fünf Jahre an dem Projekt. Während dieser Zeit wurde der Umfang auf unseren Vorschlag oder auf Wunsch des Auftraggebers mehrfach ausgeweitet“, erinnert sich Leong. „Wir übernahmen für dieses Objekt von Anfang an sowohl die Rolle des planenden als auch des überwachenden Architekten.“ Am Ende lieferte DWP die komplette Gebäudeinformationsmodellierung (BIM), die Architektur und die Innenraumgestaltung.
Die digitalen Arbeitsabläufe brachten die Teams neu zusammen. „Als BIM-Manager kann es einem passieren, dass man an manchen Stellen nicht ganz nachvollziehen kann, warum sich der Architekt bestimmte Dinge im Modell wünscht,“ erläutert Leong. „Als Architekt wiederum versinkt man oft derart im Entwurf, dass man das Gespür dafür verliert, dass manche Dinge aus bestimmten Gründen anders gelöst werden müssen. Also hat es sich für uns ausgezahlt, beides zusammen zu bringen. Bei der Arbeit in einem einzigen Team sind die Arbeitsprozesse effektiver als bei der Zusammenarbeit zweier getrennter Teams.“
Neben einer geografischen Expansion will man bei DWP und DWP|Signature in Zukunft noch stärker auf digitale Werkzeuge setzen, mit denen sich Kreativität und Effizienz weiter steigern lassen. Die digitale Vernetzung hat dem zunehmend global agierendem Unternehmen zu schnelleren technologischen Durchbrüchen verholfen, indem sich die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit verbessert haben. „Wir möchten unbedingt ein Büro in London eröffnen und hoffen, dass dies noch dieses Jahr passiert” erzählt Whittaker von den Plänen. „Ich glaube, kollaborative Zusammenarbeit ist das Wichtigste – die Zusammenarbeit mit großartigen Menschen und die Freude an dem, was wir tun.“