„Diesem Irrtum sitzen viele Menschen auf“, so Mohammed Imbabi, dessen Team CCM es ins Finale des XPRIZE geschafft hat. Der Dozent an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der University of Aberdeen erläutert: „Zwar stimmt es, dass erneuerbare Energien aus natürlichen Quellen stammen. Der Bau der Maschinen, die zu ihrer Gewinnung erforderlich sind, ist jedoch mit hohen kumulierten CO2-Emissionen verbunden. Das heißt, der Trend zu erneuerbaren Energien trägt nur bedingt zur Verbesserung der Umweltbilanz bei.“
Gaurav N. Sant leitet als Gründer und CEO von CO2Concrete das Team Carbon Upcycling UCLA, dem Forscher und Energieexperten der University of California in Los Angeles angehören. „Die gesamte Energiewirtschaft – Kohle- und Erdgaskraftwerke, petrochemische Betriebe, Betonwerke – ist sehr kohlenstoffintensiv. Andererseits trägt sie zur Verbesserung unserer Lebensqualität bei, deswegen wird ein Verzicht auf diese Werkstoffe und Anlagen nicht so einfach möglich sein. Sinnvoller ist es, stattdessen die Akkumulierung der von diesen Industrien verursachten CO2-Emissionen in der Atmosphäre zu mindern, indem man positive Verwertungspfade für CO2 entwickelt.“
Auf einen dieser Verwertungspfade konzentriert sich Sants Team: die Herstellung von Zement, der als Bindemittel für die Herstellung und Härtung von Beton unverzichtbar ist. Laut Schätzungen der Internationalen Energieagentur macht die Zementherstellung mit sieben Prozent den zweitgrößten Anteil – hinter der Eisen- und Stahlproduktion – an den weltweiten Industrieemissionen aus.
Die Entwicklung von Verfahren zur Sequestrierung, Verwertung und Speicherung von CO2-Emissionen (CCUS) ist kein neuer Gedanke. Erschwinglich wurden die betreffenden Konzepte jedoch erst durch Innovationen auf den Gebieten der Werkstoffforschung und Verfahrenstechnik, die neue Verwertungspfade für CO2 erschlossen. „Bislang bedeutete CO2-Sequestrierung die Abscheidung und unterirdische Deponierung von reinem CO2 in mit Salzwasser gefüllten porösen Gesteinsschichten“, so Sant. „Das ist mit hohen Kosten verbunden und wirtschaftlich einfach nicht rentabel.“
Wissenschaftliche Fortschritte in der Erforschung der CO2-Mineralisierung (der Umwandlung von CO2-Gasen in feste Carbonate) leiten jedoch einen allmählichen Perspektivwechsel ein. So hat Sants Unternehmen CO2Concrete eine Methode zur Umleitung der Verbrennungsgase aus Fabrikschornsteinen in eine Kammer entwickelt, die quasi wie ein Umluftherd funktioniert. Bei Umgebungstemperatur und -druck wird aus verdünntem CO2 ein Härtungsmittel mit einem Kohlenstoffanteil von bis zu 60 Prozent am Gesamtgewicht hergestellt. Der mit oft unerschwinglichen Kosten verbundene Schritt der CO2-Abscheidung entfällt bei diesem Verfahren.
Das dabei gewonnene Produkt sei „funktional und kostenmäßig gleichwertig mit herkömmlichem Zement“, versichert Sant. Unter Berücksichtigung der Umweltkosten, wie sie etwa im Rahmen des Emissionshandels mit CO2-Zertifikaten transparent werden, erweist sich dieses Verfahren im Vergleich zur traditionellen Zement- bzw. Betonherstellung sogar um einiges rentabler.