Wenn es eine Notaufnahme für Infrastrukturen gäbe, wäre diese in erster Linie voll mit Opfern von Cyberangriffen. So wurden im Jahr 2021 in den USA unter anderem das Ölleitungsnetz von Colonial Pipeline, das fleischverarbeitende Unternehmen JBS und die New Yorker Metropolitan Transportation Authority (MTA) Opfer von Ransomware-Angriffen. Dabei installierten Cyberkriminelle betrügerische Software, um Computersysteme als Geiseln zu nehmen und ein hohes Lösegeld zu fordern.
Neben Ransomware gibt es allerdings zahlreiche weitere Waffen in einem wachsenden Repertoire für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen, bei denen böswillige Hacker die vernetzten Systeme physischer Anlagen angreifen. Noch besorgniserregender als Angriffe aus Profitgier sind dabei solche, die mit der bloßen Absicht erfolgen, Schaden anzurichten.
So geschehen im Jahr 2021 in der US-amerikanischen Kleinstadt Oldsmar im Bundesstaat Florida: Hacker drangen in die Systeme des örtlichen Wasserwerks ein und wollten so das Trinkwasser vergiften. Zu diesem Zweck manipulierten sie die Software zur Steuerung der Natronlaugendosierung. Am Ende war die Konzentration der Lauge im Trinkwasser auf das Hundertfache des normalen Wertes erhöht und stellte damit eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit dar. Obwohl der durch den Angriff verursachte Störfall rechtzeitig entdeckt und korrigiert wurde, bevor verseuchtes Trinkwasser abgegeben wurde, hätten die Folgen fatal sein können.
So formulieren es auch einige Politiker: „Ich glaube, dass das nächste Ereignis wie Pearl Harbor oder 9/11 im Cyberspace stattfinden wird“, sagte Senator Angus King im Juli 2021 bei einer Anhörung des US-Senats, bei der es um Schwachstellen der Cybersicherheit in der Infrastruktur ging.
Dazu kommt, dass IT-Sicherheitslücken oft unentdeckt bleiben und nicht gemeldet werden, was es schwierig macht, die Dimensionen der Cyberkriminalität zu beurteilen. Hinweise auf das riesige Ausmaß des Problems liefern Aussagen von Experten: Das Unternehmen Deep Instinct ist auf Cybersicherheit spezialisiert. Hier spricht man von „mehreren hundert Millionen“ Cyberangriffen, die täglich verübt werden. In der entsprechenden Studie, die sich auf das Jahr 2020 bezieht, berichtet das Unternehmen über einen Anstieg von 358 % bei Malware allgemein und einen Anstieg von 435 % bei Ransomware.
„Das Problem beschränkt sich nicht nur auf die schiere Zahl der Angriffe“, weiß Guy Caspi, CEO von Deep Instinct. „Nach unseren Erkenntnissen werden die Angriffe auch immer raffinierter, wobei die Angreifer bessere Ausweichtaktiken einsetzen und immer schwieriger zu entdecken sind.“
Was tun, um kritische Infrastrukturen vor immer raffinierteren Angriffen zu schützen? „Am besten setzt man auf Innovation“, meint Si Katara, Mitbegründer und Präsident von HeadLight, einem Anbieter von fotobasierter Infrastruktur-Inspektionstechnologie.
„Auf der ganzen Welt nehmen die Bedrohungen exponentiell zu“ so Katara. „Eine wirksame IT-Sicherheitslösung muss den Bedrohungen immer einen Schritt voraus sein. In diesem Bereich sind daher ständig neue und besonders agile Innovationen gefragt, wenn wir bestehen wollen“.
Da die Cybersicherheit ein digitales Problem darstellt, erfordert sie auch digitale Lösungen. Cyberkriminelle, die es auf die Infrastruktur abgesehen haben, werden sich durch Technologien allein jedoch nicht aufhalten lassen. Experten zufolge ist ein innovativer und ganzheitlicher Lösungsansatz erforderlich, der neben neuen Werkzeugen auch Menschen, Prozesse und Sichtweisen verbindet.