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Weitreichendere Datenschutzgesetze als Schlüssel zu Vertrauen und Innovation

data protection legislation

Eine Verschnaufpause brauchen wir alle mal. Wer neben seinem Vollzeitjob unzählige weitere Verpflichtungen unter einen Hut bekommen muss, greift deswegen gerne auf Services zurück, die uns im Alltag Arbeit abnehmen: von Handwerker-Portalen wie MyHammer über Online-Stilberater wie Outfittery und Fitness-Apps wie Asana Rebel bis hin zu Kochbox-Anbietern wie HelloFresh.

Genau darauf basiert die Macht der Werbung. Wer lässt sich nicht gerne vom Versprechen um den Finger wickeln, gesünder, intelligenter, glücklicher und entspannter werden zu können? Noch wirkungsvoller ist personalisierte Werbung, da sie individuell auf den jeweiligen Verbraucher zugeschnitten und ihm gezielt zu bestimmten Zeitpunkten aufgetischt wird. Im Rahmen einer Studie unter der Leitung des auf Marketingdaten spezialisierten Unternehmens Epsilon aus dem Jahr 2017 gaben 80 Prozent der Teilnehmer an, eher Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen zu kaufen, die personalisierte Werbung anbieten. Und auch in einer bereits 2009 von Fittkau & Maaß Consulting in Deutschland durchgeführten Umfrage gaben immerhin 51 Prozent aller Befragten an, mindestens einmal wöchentlich mit personalisierten Werbeanzeigen Kontakt zu haben.

Doch diese Art der Personalisierung kann oftmals aufdringlich, geradezu unheimlich wirken. Benutzer, die durch ihren Instagram-Feed scrollen, stoßen neben Bildern von Katzen, Babys, Sonnenuntergängen oder leckeren Speisen auch immer wieder auf personalisierte Werbeanzeigen. Auch wenn die Empfehlungen dabei nicht selten mitten ins Schwarze treffen, hat die Sache einen Haken: Verbraucher dienen hier gewissermaßen als Köder.

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Unternehmen, deren Geschäftsmodell auf Werbung basiert, geben auf ihren Plattformen nämlich Anzeigen von Drittanbietern den Vorzug, die bereit sind, hierfür in die Tasche zu greifen. Und damit nicht genug: Die Flut an Werbeanzeigen ist nicht nur zu einem nervigen Alltagsbegleiter geworden, sondern dient überdies der Erhebung von Unmengen an Benutzerdaten.

Vielerorts fehlt es bislang an entsprechenden rechtlichen Grundlagen, um den damit verbundenen Problemen entgegenzuwirken – eine echte Bedrohung für das Thema Datenschutz. Benutzer, die auf kostenlose Angebote von Google, Facebook, Instagram und Co. vertrauen, geben oft mehr von sich preis, als ihnen bewusst ist. Wie der jüngste Facebook-Skandal um Cambridge Analytica gezeigt hat, müssen Datenmissbräuche erst enthüllt werden, bevor ihre Konsequenzen in das öffentliche Bewusstsein rücken.

Verbraucherschutz vor Unternehmensprofit

Internetnutzer haben ein Grundrecht auf Datenschutz. Der einzige Lichtblick bei Datenmissbräuchen und der unbefugten Verwendung von Informationen ist die Tatsache, dass sie Impulse für die Entwicklung von Datenschutzgesetzen bieten. So hat etwa die im Mai 2018 eingeführte Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Rechte europäischer Staatsbürger im Hinblick auf personenbezogene Daten bedeutend erweitert. Und auch im Kongress der Vereinigten Staaten wird das Thema zurzeit vehement diskutiert. Doch letzten Endes sollten Unternehmen überall auf der Welt Verbrauchern offen mitteilen, welche Daten aus welchem Grund erhoben werden, und ihnen mehr Kontrolle über die Verwendung dieser Daten einräumen.

Kurze Zeit nach dem offiziellen Inkrafttreten der DSGVO erließ der US-Bundesstaat Kalifornien mit dem California Consumer Privacy Act (CCPA) eigene Datenschutzbestimmungen. Das Gesetz, das Unternehmen im Umgang mit personenbezogenen Daten kalifornischer Verbraucher umfassende Vorschriften auferlegt und zahlreiche der in der DSGVO enthaltenen Grundsätze umfasst, soll 2020 rechtskräftig werden.

Doch obwohl die kalifornische Regierung lobenswerte Absichten verfolgte, wurde der CCPA allzu hastig auf die Beine gestellt und letztlich fehlte es dem Gesetzesentwurf an klaren und detaillierten Richtlinien. Im Endeffekt wären jedoch selbst ausgefeilte Datenschutzgesetze nur dann sinnvoll, wenn sie über die Grenzen einzelner Bundesstaaten hinausgingen. Würde jeder US-Bundesstaat das Thema Privatsphäre und Datenschutz unterschiedlich auslegen, müssten Unternehmen am Ende 50 verschiedene Gesetze befolgen. Konzerne mit ganzen Armaden von Anwälten könnten mit solch komplizierten regulatorischen Bedingungen möglicherweise Schritt halten, für Kleinunternehmen wären sie jedoch eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Ohne Möglichkeit, entsprechend zu skalieren und mit der stärker aufgestellten Konkurrenz mitzuhalten, müssten sie früher oder später ihre Pforten schließen – zu Lasten von Innovation und Fortschritt.

Eine US-weite Gesetzgebung würde die Waage insofern ins Gleichgewicht bringen, als es für Technologieunternehmen jeder Art einfacher und kostengünstiger wäre, sich an die Spielregeln zu halten. Als Orientierung könnte das kürzlich vom internationalen Interessenverband von Softwareanbietern BSA veröffentlichte BSA Privacy Framework dienen, das eine Übersicht der wichtigsten Aspekte bietet, die es in den USA in dieser Hinsicht zu beachten gilt. Fest steht: Es werden nuancierte landesweite Gesetze benötigt, die Verbrauchern Kontrolle, Transparenz, Sicherheit und Einheitlichkeit garantieren – keine blindwütig strafende Hand, die zwar Probleme im Zusammenhang mit Facebook zu lösen vermag, Kleinunternehmen jedoch mehr Schaden als Gutes zufügt.

Dass nationale Richtlinien durchaus umsetzbar sind, zeigt hierzulande das Bundesdatenschutzgesetz, das seit 1977 die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Behörden als auch durch private Unternehmen regelt. Zuletzt trat im Mai 2018 eine Neufassung in Kraft, die sich als Ergänzung zur europaweiten DSGVO versteht.

Verbrauchervertrauen fördert Innovationsvermögen und Geschäftserfolg

Durch weitreichendere Gesetze lässt sich nicht nur die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Unternehmen, sondern auch das Verbrauchervertrauen stärken. Einklagbare Rechte bedeuten Schutz und Sicherheit für Verbraucher. Und wenn diese sich in der Gewissheit wiegen können, selbst über die Verwendung ihrer Daten bestimmen und sie nach eigenem Ermessen bereitstellen und zurückziehen zu können, sind sie eher bereit, ihre Daten zu Zwecken bereitzustellen, die einen Nutzen für sie selbst und die Welt im Allgemeinen bergen.

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Hinzu kommt, dass Verbraucher so entspannter und zuversichtlicher an Aktivitäten teilnehmen können, die das allgemeine Ökosystem der Innovation fördern. Sofern für Kunden ersichtlich ist, welche Vorteile sie sich sichern oder entgehen lassen, indem sie sich für bzw. gegen bestimmte Services entscheiden, können sie besser fundierte Entscheidungen treffen, die weder von Angst noch von Misstrauen geprägt sind.

Ich für meinen Teil vertraue beispielsweise 23andMe. Mir gefallen die Gesundheitstests und Ahnenforschungsdienste des Unternehmens und ich weiß genau, welche Informationen erhoben und wie diese verwendet werden. Würde ich zusätzlich beschließen, am Forschungsprogramm 23andMe Research teilzunehmen, wüsste ich, dass das Unternehmen meine DNA ausschließlich in anonymisierter Form zu einer Kundendatenbank hinzufügen würde, um neue wissenschaftliche Erkenntnisse daraus zu ziehen.

Ich müsste mir keine Sorgen machen, dass meine DNA ohne meine Einwilligung an Dritte verkauft oder anderweitig weitergegeben wird. Ich hätte Gewissheit, dass 23andMe meine Daten nicht gegen Geld zur Verfügung stellt, damit andere davon profitieren können. Sicherlich könnte auch Google mein Vertrauen zurückgewinnen, wenn meine Daten fortan in meinem Besitz bleiben würden, man mich nicht mit gezielten Werbeanzeigen bombardieren und meine Daten nicht versteigern würde. Im Gegensatz zu Google hat sich 23andMe bislang als vertrauenswürdig erwiesen. Daher stelle ich der Plattform bedenkenlos meine verschlüsselten Daten zur Verfügung. Inwieweit dieses Vertrauen gerechtfertigt ist, wird sich im Laufe der Zeit herausstellen.

Ein Hoch auf Inspiration und Innovation

Wenn strengere landesweite Datenschutzgesetze (sei es in der EU, in den USA oder anderswo auf der Welt) dazu führen, dass Unternehmen weniger Umsatz mit dem Werbegeschäftsmodell erzielen und sich nach anderen Einnahmequellen umsehen müssen, soll es uns allen recht sein.

Für Unternehmen, die nicht in derselben Liga mitmischen wie gigantische Konzerne, bedeutet mehr Transparenz die Chance, Verbraucher vom wirtschaftlichen Vorteil ihres Angebots zu überzeugen und ihnen innovativere Services anzubieten. So wurde beispielsweise das Unternehmen Stitch Fix von CEO Katrina Lake ausdrücklich als kundenorientierter Stilberatungsdienst gegründet. Den Schwerpunkt legt sie dabei auf „Personalisierung und die Möglichkeit, auf skalierbare Weise zwischenmenschliche Verbindungen zu schaffen“.

Durch einen kombinierten Ansatz aus Dateneinblicken und persönlicher Interaktion passt Stitch Fix Kleidungsstücke individuell an Stil und Körperform des jeweiligen Kunden an. Durch den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen lernen die Mitarbeiter persönliche Präferenzen kennen und wählen dann umso zuverlässiger Kleidung aus, die man auch wirklich anziehen möchte.

Gesetze, die darauf ausgelegt sind, Verbrauchern mehr Kontrolle zu gewähren, könnten günstige Voraussetzungen für die Entstehung weiterer kundenorientierter Unternehmen wie Stitch Fix schaffen. Schließlich sollte man als Verbraucher die Möglichkeit haben, sich für den Erhalt von Empfehlungen zu entscheiden und gleichzeitig explizit abzulehnen, dass Daten zur eigenen Person zur Erstellung von Werbeprofilen genutzt werden. Und selbst bei Angeboten, die ohne zwischenmenschliche Komponente auskommen, erleichtern Empfehlungsmaschinen die Suche nach Dingen, die einem gefallen. Dieses Modell hat sich für Netflix offenbar bewährt: 80 Prozent der Inhalte, die sich Abonnenten ansehen, basieren auf dem Empfehlungsalgorithmus der Plattform.

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Stellen Sie sich vor, Sie könnten auf Wunsch vertrauenswürdige Produktempfehlungen erhalten – völlig ohne Bevorzugung bestimmter Anbieter. Es wäre bei Weitem nicht so aufdringlich, wenn Sie beim Surfen im Internet statt bezahlter Werbung wirklich relevante Anzeigen sehen würden, nicht wahr? Mir jedenfalls wären Empfehlungen lieber, auf die Drittanbieter und Werbetreibende keinen Einfluss hätten.

Darüber hinaus kommen Empfehlungsmaschinen letztlich nur den Anbietern zugute, die auch wirklich genügend Nutzer überzeugen können, ihre Produkte zu kaufen. Wenn diese Anbieter ihr Geld in die Entwicklung ausgezeichneter kundenorientierter Produkte anstatt in die strategische Platzierung von Anzeigen stecken, sind das gute Neuigkeiten für Verbraucher.

Je stärker Gesetzesinitiativen rund um das Thema Datenschutz an Fahrt aufnehmen, umso mehr werden Unternehmen weltweit diese Richtung einschlagen müssen. Solche Gesetze sollten Anreize für Unternehmen schaffen, Daten nicht bloß zu eigennützigen Zwecken zu nutzen, sondern um einen echten Mehrwert zu bieten. Statt aus Kundendaten Profit zu schlagen, müssten sie wohl oder übel Möglichkeiten finden, diese Daten so einzusetzen, dass es den Kunden tatsächlich zugutekommt.

Letzten Endes werden offene und ehrliche Unternehmen, die Verbrauchern die Kontrolle über ihre Daten geben, in Sachen Innovation klar die Nase vorn haben. Und wer weiß, vielleicht entwickeln sie dann Angebote, die es uns allen endlich leichter machen, uns hin und wieder eine Auszeit zu gönnen.

Über den Autor

Dr. Andrew Anagnost ist President und Chief Executive Officer von Autodesk. Bereits seit mehr als 25 Jahren unterstützt er anhand effektiver Produkt-, Business- und Marketinginitiativen die Unternehmensstrategien, Transformationsvorhaben und Produktentwicklung von Unternehmen wie Autodesk, der Lockheed Aeronautical Systems Company und der EXA Corporation. Er promovierte an der Stanford University und arbeitete anschließend als Postdoktorand des National Research Council am Ames Research Center der NASA. Dr. Anagnost schloss sich Autodesk 1997 an und hatte seitdem mehrere Positionen im Bereich Marketing, Neugeschäftsentwicklung, Produktmanagement und Produktentwicklung inne. Bevor er 2017 President und CEO von Autodesk wurde, war er als Chief Marketing Officer und SVP für den Bereich Business Strategy & Marketing tätig. In dieser Rolle plante und lenkte er die Transformation des Geschäftsmodells zum Software-as-a-Service(SaaS)-basierten Angebotsmodell. Zuvor war Dr. Anagnost in diversen leitenden Positionen im Unternehmen tätig. Ganz zu Beginn seiner Karriere bei Autodesk verantwortete er die Entwicklungsaktivitäten für das Fertigungsproduktangebot und steigerte dabei die Umsätze für Autodesk Inventor auf über 460 Millionen Euro. Dr. Anagnost ist Vorstandsmitglied von Autodesk. Er hat einen Bachelor of Science in Maschinenbautechnik von der California State University, Northridge (CSUN), einen Master of Science in Ingenieurwissenschaften und einen Doktor in Luftfahrttechnik und Computerwissenschaft von der Stanford University.

Profile Photo of Andrew Anagnost, Autodesk CEO - DE