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Die beste Antwort auf eine komplexe Zukunft ist eine digitale Projektabwicklung

Digitale Projektabwicklung bei Planungs- und Bauprozessen

Architektur-, Ingenieur- und Bauunternehmen stehen vor unzähligen Herausforderungen: Fachkräftemangel, niedrige Gewinnspannen, komplizierte Richtlinien und gewisse Unwägbarkeiten bei der Beschaffung von Baustoffen sind Beispiele für aktuelle Probleme. Dazu kommt, dass Teams immer noch in „Silos“ arbeiten, was bedeutet, dass Kommunikation und Wissen für andere Projektbeteiligte stark abgeschirmt sind. In der Folge verzögert sich nicht nur die Fertigstellung von Projekten. Auch die Kosten- und Umweltauswirkungen werden heutigen Anforderungen kaum gerecht. So ist einem Bericht des McKinsey Global Institutes die Rede von einem globalen Produktivitätsdefizit von umgerechnet 1,15 Billionen Euro, das auf branchenweite Defizite bei der Projektabwicklung zurückzuführen sei. Doch die Branche scheint aufzuwachen: Investitionen in neue, technologiegestützte Arbeitsmethoden haben sich im letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt.

Wenngleich viele Software-, Hardware- und Cloud-basierte Tools zu diesem Wandel beitragen werden, wird der wirkliche „Gamechanger“ letztlich die Umstellung auf eine vollständig digitale Projektabwicklung sein. Digitalisierte Arbeitsabläufe werden die Zusammenarbeit optimieren und einen nahtlosen Datenfluss während des gesamten Projektlebenszyklus ermöglichen – von der Planung über den Bau und Betrieb bis hin zur Außerbetriebnahme. Seit der Einführung von BIM vor 20 Jahren haben sich digitale Arbeitsabläufe im Architektur, Ingenieur- und Bauwesen mehr und mehr etabliert. Heute nutzen 60 % der Architekten und 51 % der TGA- und Tragwerksplanenden die Methode. In einer kürzlich durchgeführten Umfrage von KMPG gaben 42 % der befragten Fachleute aus der Baubranche an, dass BIM gegenwärtig das größte Potenzial zur Steigerung der Gewinne in ihrem Unternehmen hat. Auch in einer aktuellen Umfrage von Deloitte sagten 43 % der Führungskräfte aus Ingenieur- und Bauwesen, dass sie im nächsten Jahr verstärkt in neue Planungsprozesse investieren und beispielsweise noch stärker auf BIM setzen werden. Eine digitale Projektabwicklung und eine fortschreitende Verbreitung von BIM in der Planung, Bauausführung und im Betrieb von Projekten gehen Hand in Hand.

Bis alle Entscheidungen, die in ein Gebäude oder ein Infrastrukturprojekt einfließen, digital erfolgen können, ist einiges zu tun. Aber der Prozess bietet neben einer steilen Lernkurve auch beste Aussichten auf mehr Effizienz, weniger Risiko, hochwertigere Ergebnisse sowie eine stark verbesserte Kommunikation und Informationszugänglichkeit. Eine ganze Branche verabschiedet sich von ihrer ineffizienten Vergangenheit: ein Stapel Pläne hier, ein paar Handskizzen dort, 3D-Modelle in einem Netzwerk und die Änderungsanfragen des Bauherren in einem anderen. Und am Ende suchte man die nötige Information immer in einer Unmenge an PDF-Dateien. All diese Daten und Informationen werden nicht aufhören zu existieren. Sie werden jedoch in einer einzigen digitalen Umgebung verschmelzen, wo sie jederzeit zugänglich und veränderbar sind. Endlich lassen sich Daten dynamisch und effektiv nutzen.

Was ist mit „digitaler Projektabwicklung“ gemeint?

Wie der Begriff vermuten lässt, handelt es sich bei einer digitalen Projektabwicklung um eine Arbeitsweise, bei der Projekte durchgängig in einem interaktiven digitalen Raum konzipiert, geplant, entworfen, errichtet und betrieben werden, wobei alle Beteiligten auf diesen Raum zugreifen können. Damit sind neben den Auftraggebenden, Architektur- und Ingenieurbüros, Bauunternehmen und Zuliefererunternehmen auch Interessenträger wie örtliche Anwohnerinnen und Anwohner gemeint.

Die digitale Projektabwicklung revolutioniert nicht nur die direkte Zusammenarbeit während der Planungsphase. Die Methode spielt ihre Vorteile zusätzlich bei der Lenkung, Organisation und Verwaltung von Prozessen im Rahmen des Entwurfs- und Baumanagements aus. So haben die Mitglieder des Planungsteams in der Entwurfsphase zunächst die Möglichkeit, die von ihnen verfassten Planinhalte in einem gesteuerten Prozess und in einem gemeinsamen digitalen Modell zu teilen und kollaborativ zu bearbeiten. Ist das Planungsteam in dieser Phase noch weitestgehend unter sich, kann die gemeinsame Datenumgebung im Entwurfsmanagement auch von nicht direkt an Entwurfsprozessen Beteiligten genutzt werden, um Risiken, Kosten und Sicherheitsaspekte zu steuern und mögliche Stolpersteine für das Projekt zu identifizieren.

Was ist eine gemeinsame Datenumgebung?

Eine gemeinsame Datenumgebung – auch Common Data Environment (CDE) genannt – ist ein zentraler Projektdaten- und Informationsspeicher. Die gemeinsame Datenumgebung ermöglicht den Projektteams von der ersten Idee über den Entwurf bis hin zum Bau und Betrieb eine bessere Zusammenarbeit im Rahmen eines digitalen Prozesses. Die CDE kann 3D-Modelle, Baudokumentation, Projektverträge, Zeitpläne, Nachträge und andere Daten und Informationen umfassen. So lassen sich die im Rahmen des BIM-Prozesses erstellten Daten besser nutzen und gewinnen an Wert. Diese gemeinsame Datensprache ist durchgängig strukturiert und für die Zusammenarbeit in Echtzeit optimiert, was eine datengestützte Entscheidungsfindung ermöglicht und das Projektrisiko mindert. Darüber hinaus verbessert eine gemeinsame Datenumgebung die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten und ermöglicht die digitale Übergabe von Bauwerken als deren digitaler Zwilling. Dadurch verlängert sich die Wertschöpfung des BIM-Prozesses auf die Betriebsphase. Autodesk Construction Cloud verbindet Workflows, Teams und Daten und bietet Planenden und Ausführenden eine gemeinsame Datenplattform mit einer einheitlichen Nutzererfahrung. Selbstverständlich unterstützt die Cloud einschlägige Branchenstandards wie ISO 19650.

Digitale Projektabwicklung in einer gemeinsamen Datenumgebung
In einer gemeinsamen Datenumgebung arbeiten die Teammitglieder über cloudbasierte standardisierte Abläufe und eine gemeinsame Datensprache zusammen.

Von den Unternehmen, die BIM-Methoden einsetzen, geben 80 % an, bereits ebenfalls eine Art der gemeinsamen Datenumgebung zu nutzen. Auf der anderen Seite gibt es noch viel Luft nach oben. Fast ein Drittel der Unternehmen in der Baubranche gibt an, dass keine ihrer Softwarelösungen integriert ist. So verwundert es kaum, dass weltweit noch immer 52 % der Mängel auf schlechte Daten und Kommunikation zurückzuführen sind.

Was ist ein digitaler Zwilling?

Ein digitaler Zwilling ist ein digitales Abbild eines realen Objekts. Dabei kann es sich um ein Gebäude, eine Autobahn, eine Brücke oder verfahrenstechnische Anlagen handeln. Bei diesem digitalen Modell handelt es sich um weit mehr als nur um eine visuelle und geometrische Darstellung eines Objekts. Tatsächlich steckt das Modell voller nützlicher Daten über das Objekt, die neben seinen geometrischen und materiellen Eigenschaften beispielsweise auch Angaben über Zulieferer von Bauteilen und deren Einbaudatum enthalten.

Indem sie Bauwerke oder technische Anlagen mit Echtzeitdaten verknüpfen, ermöglichen digitale Zwillinge die Visualisierung, Überwachung und Optimierung ihrer realen Pendants. So lassen sich im digitalen Zwilling beispielsweise der Durchfluss durch ein Rohrleitungssystem oder der Energieverbrauch eines Gebäudes erfassen. Digitale Zwillinge gehen aus dem BIM-Prozess hervor und können durch Kombination mit Technologien wie der künstlichen Intelligenz (KI) oder dem maschinellen Lernen schon heute auf beeindruckende Weise eigenständig Probleme lösen und Was-wäre-wenn-Szenarien simulieren.

Wie Daten zwischen Planendenteams und in der Cloud koordiniert werden

Die Cloud bietet bekanntlich großes Potenzial zur Optimierung der Zusammenarbeit von Teams bei Planungsprozessen. Genau da setzt Autodesk BIM Collaborate Pro an. BIM Collaborate Pro sorgt für ein unabhängiges Arbeiten fernab von örtlichen Netzwerken, VPNs und Netzwerkordnern. Die Projekte können schneller fertiggestellt werden, da deutlich weniger Nachfragen nötig sind und weniger nachgebessert werden muss. Die Software bietet den verschiedenen Akteuren im Bauwesen eine elegante Möglichkeit, Projektinformationen zu organisieren, den Datenzugriff zu demokratisieren und Teams zu vernetzen. Sie verbessert die Projekttransparenz und macht das Co-Authoring in Autodesk Revit, Civil 3D oder Plant 3D nicht nur möglich, sondern auch intuitiv und einfach.

Digitale Projektabwicklung in der Cloud
Mit der Umstellung auf die Cloud können Bauunternehmer so bequem wie nie den tatsächlichen Bestand mit der Planung vergleichen.

Das System setzt in erster Linie auf den schlagenden Vorteil der Cloud: Zusammenarbeit jederzeit und überall. Auf der Baustelle kann das Modell dafür genutzt werden, die fertiggestellten Abschnitte mit dem Bausoll zu vergleichen, das durch die Architekten und Fachplanenden vorgegeben wurde. Ein weiterer Vorteil kann ausgespielt werden, wenn – wie so häufig – unvorhergesehene Umstände auftreten: die Ausführenden der verschiedenen Gewerke wie Rohbau oder TGA können in diesem Fall das Modell nutzen, um die neue Baustellensituation zu prüfen und die Auswirkungen auf ihre Leistungen frühzeitig abzuschätzen.

Warum ist eine digitale Projektabwicklung heute wichtiger denn je?

Eine digitale Projektabwicklung bietet allen Beteiligten unübersehbare Vorteile. Aus Sicht der Architekten und Ingenieure vereinfacht und verbessert die gemeinsame Entwicklung der Entwürfe mit der BIM-Methode in einem gemeinsamen koordinierten Modell in erster Linie die Zusammenarbeit der Fachdisziplinen. Dadurch können Probleme früher erkannt und Ungenauigkeiten noch vor Beginn der Bauausführung korrigiert werden. Dies wiederum reduziert die Kosten, die sich aus Abweichungen und den damit verbundenen Nachträgen ergeben.

Eine digitale Projektabwicklung ermöglicht es den Akteuren, eine proaktive Position einzunehmen, anstatt den Problemen notorisch hinterherlaufen zu müssen. So können die Daten genutzt werden, um die Verantwortung gleichmäßig auf das gesamte Team zu verteilen, sodass die einzelnen Experten fachspezifische Probleme vorhersehen und lösen können. Wenn Daten transparent, durchsuchbar und exportierbar sind, können Teams früher auf Informationen zugreifen, um bessere Entscheidungen zu treffen, die zu einem optimalen Ergebnis führen.

Für welche Herausforderungen bietet sich eine digitale Projektabwicklung besonders an?

  • Die Pandemie hat unsere Arbeitswelt radikal verändert. Die Arbeitszeiten sind flexibler geworden und der Arbeitsort hat sich zunehmend vom Büro nach Hause verlagert. Dabei ist die Cloud das Herzstück der digitalen Projektabwicklung, das die neuen Arbeitsrhythmen vorgibt. Die Technologie sorgt dafür, dass die Arbeit nahtlos stattfinden kann, egal, ob sie im Homeoffice, im Büro oder auf der Baustelle stattfindet.
  • Vor dem Hintergrund steigender Gehälter und dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel und wegen der explodierenden Materialpreise suchen die Bauherren und Betreibenden der Projekte händeringend nach Möglichkeiten, mit Effizienz und Produktivität gegenzuhalten.
Digitale Projektabwicklung in der Cloud
Die Arbeit in der Cloud und eine vollständig digitale Projektabwicklung ermöglichen eine nahtlose Zusammenarbeit und sind die beste Antwort auf die Herausforderungen einer Pandemie.
  • Auf der einen Seite werden die Projekte immer komplexer und anspruchsvoller. Auf der anderen Seite sind die Unternehmen der Baubranche gezwungen, für diese Projekte weniger Mitarbeitende einzusetzen. Auch Vertragsbestimmungen und digitale Sicherheitsprotokolle tragen zu einer nie dagewesenen Komplexität bei. Um diesen Bedingungen trotz schrumpfender Arbeitskraft gerecht zu werden, setzen die Unternehmen auf eine gemeinsame Datenumgebung, mit der sich Projekte effizient verwalten und dokumentieren lassen.
  • Daraus ergeben sich klare Wettbewerbsvorteile für Unternehmen, die bereits auf eine digitale Projektabwicklung setzen. Zusätzliche Sicherheit für diesen Transformationsprozess gibt der Aufbau wichtiger BIM-Branchenstandards wie ISO 19650. Allein schon, um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen die Akteure in der AEC-Branche zur digitalen Projektabwicklung übergehen.
  • Projekte, die digital abgewickelt werden, können potenziell besonders ressourcenschonend, zeit- und kosteneffektiv geplant und errichtet werden. Eine kürzlich von Autodesk durchgeführte Umfrage ergab, dass etwa die Hälfte der BIM-Anwendenden durch die Nutzung digitaler Prozesse den Planungsaufwand und die projektbezogenen Emissionen reduzieren konnte. Dabei gaben 55 % der Unternehmen an, dass ihre Mitarbeitenden mit der frei gewordenen Kapazität zusätzliche Aufträge annehmen konnten.

Welche Vorteile bietet eine digitale Projektabwicklung schon heute und was bringt die Zukunft?

Die digitale Projektabwicklung schafft eine Arbeitsumgebung ohne Abschottung, die mehr Interaktion mit den Teammitgliedern und eine kürzere Projektlaufzeit als bei herkömmlichen Arbeitsweisen ermöglicht. Die im Laufe des Projekts gesammelten Daten bieten dem Unternehmen einen Mehrwert, der nicht nur im aktuellen, sondern auch bei zukünftigen Projekten genutzt werden kann.

  • Wenn sämtliche Planungsprozesse digitalisiert werden, entsteht die „einzige Quelle der Wahrheit“: ein dynamisches Modell, auf das alle Teammitglieder zugreifen und das alle überarbeiten können. Anders als bei herkömmlichen Methoden mit fragmentierten Einzelmodellen treten bei der Arbeit in einem gemeinsamen Modell kaum Missverständnisse auf, was auch die Lösungs- und Entscheidungsfindung erleichtert. Gleichzeitig wird das Risiko von Planungsfehlern und Umplanungen reduziert.
  • Während der Bauausführung können Fehler erkannt werden, bevor Beton gegossen und Stahlträger verschweißt werden. Mit einem gemeinsam genutzten und dynamisch aktualisierten Modell behalten Bauunternehmen die Übereinstimmung mit der Planung fest im Blick.
  • Schon nach wenigen Projekten verfügen Unternehmen, die mit digitaler Projektabwicklung arbeiten, über umfangreiche Daten über die Planung und Ausführung der Projekte. Im Vergleich zu analogen Prozessen können sie viel besser nachvollziehen, was gut funktioniert und wo die Stolpersteine liegen. Diese Daten bleiben jederzeit zugänglich. Sie lassen sich für spätere Aufgabenstellungen – beispielsweise bei der Erstellung von besser kalkulierten Angeboten und präzisen Bauzeitenplänen – effektiv nutzen.
  • Bei digital abgewickelten Projekten können Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen Probleme und Nachfragen automatisch bearbeiten, anstatt sie manuell durchgehen und an die zuständigen Teams weiterleiten zu müssen.
Digitale Projektabwicklung
Mit einem gemeinsam genutzten und dynamisch aktualisierten Modell behalten Bauunternehmen die Übereinstimmung mit der Planung effektiv im Blick und vermeiden Fehler.
  • Mit parametrischen BIM-Objekten können Änderungen an einem Teil des Entwurfs automatische Anpassungen an anderen Bauteilen des Modells bewirken, wodurch der damit normalerweise verbundene manuelle Arbeitsaufwand reduziert wird.
  • Laut einer aktuellen Umfrage von Deloitte haben 60 % der Bauunternehmen mit Projektverzögerungen aufgrund von Arbeitskräftemangel zu kämpfen. Auch explodierenden Materialpreise sind ein Problem. Entspannung bringt die Umstellung auf eine digitale Projektabwicklung. Mit der neuen Methode lassen sich ärgerliche Nachträge und arbeitsintensive Koordinierungsaufgaben vorrausschauend reduzieren.
  • Insbesondere bei öffentlichen Bauvorhaben haben Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch gemeinsame Ziele. Eine digitale Planung kann die Kommunikation mit Interessenträgern, die nicht an der Planung beteiligt sind, und mit der Öffentlichkeit erleichtern, beispielsweise durch die Präsentation eines interaktiven Modells im Rahmen einer Gemeindeversammlung. Eine Umfrage von Autodesk zeigt, dass 54 % der Befragten glauben, dass eine digitale Projektabwicklung ein Beitrag zur Akzeptanzsteigerung bei den relevanten Interessengruppen sein kann.
  • Eine digitale Projektabwicklung macht die Planungs- und Bauprozesse klimafreundlicher, da weniger Pläne geplottet und weniger Geschäftsreisen für persönliche Besprechungen unternommen werden müssen.
  • Die bei der digitalen Projektabwicklung gesammelten Daten können auch dazu beitragen, den Betrieb der errichten Gebäude oder Anlagen effizienter zu gestalten. Ein präziseres Verständnis der Funktionsweise der Gebäude und Anlagen kann zu effizienteren Wartungs- und Betriebsabläufen nach deren Inbetriebnahme führen.

Ein Blick auf die Praxis: digitale Projektabwicklung weltweit

Ein genauer Blick auf die Praxis des Planens und Bauens zeigt, dass kein Prozess von der Umstellung auf eine digitale Projektabwicklung unberührt bleibt. Von der Verbesserung der parametrischen Bauwerksmodellierung bis hin zur Automatisierung von Entwurfsänderungen, der Kommunikation mit den Zuliefernden und der hochgenauen Darstellung der Standortbedingungen – jedes Projekt hat seine eigene Geschichte zu erzählen.

Dank BIM: POLO Architects halbiert Anzahl der Missverständnisse bei der Planung

Der Elysia Park im belgischen Edegem ist eine Wohnanlage mit 345 Wohneinheiten und einem traumhaften Blick auf Gärten, einen Teich und einen Park. Der Entwurf für das Projekt stammt von POLO Architects. Das Vorhaben wurde in vier Abschnitten realisiert: Für die ersten beiden Abschnitte kam zwar die BIM-Methode zum Einsatz, jedoch ohne ein digitales Modell zur Zusammenarbeit bei der Projektabwicklung, das alle Teammitglieder miteinander verbunden hätte. In diesen Phasen exportierte das Architekturunternehmen das BIM-Modell in regelmäßigen Abständen und sendete es über WeTransfer an den Auftraggeber. In diesen exportierten Dateien nahm der Auftraggeber Markierungen und Anmerkungen vor, wobei die Änderungswünsche später zurück in Revit übertragen werden mussten. Allerdings war das Modell manchmal bereits überholt, bevor der Auftraggeber sich damit beschäftigen konnte.

Daraus ergaben sich immer wieder Räume für Missverständnisse und Versäumnisse. Für die dritte und vierte Phase des Projekts entschied sich POLO daher für den Einsatz der Plattform BIM Collaborate Pro. So sollten Auftraggeber und Subunternehmen in den Arbeitsablauf eingebunden werden. Dass alle Beteiligten auf einer gemeinsamen Plattform in demselben digitalen Modell zusammenarbeiten, hat sich vielfach ausgezahlt. So konnten POLO und seine Partner die Anzahl der Fehler und Missverständnisse sowie den Zeitaufwand für die Bearbeitung bestimmter Projektphasen halbieren.

Arcadis spart 1.000 Stunden Entwurfsarbeit und verbessert die Siedlungswasserinfrastruktur am Eriesee

2014 kam es im Eriesee zu einer außergewöhnlich starken Algenblüte, die Wasser für 500.000 Menschen im Raum Toledo im US-Bundesstaat Ohio gefährlich und untrinkbar machte. Infolgedessen rief der Gouverneur sogar den Notstand aus und das Rote Kreuz musste Trinkwasserverteilungszentren einrichten. Damit sich dieses Szenario nicht wiederholt, erhielt Arcadis den Auftrag, die örtliche Siedlungswasserinfrastruktur technisch auf den neusten Stand zu bringen. Die Lösung bestand darin, im laufenden Betrieb zwei neue Wasserrückhaltebecken zu bauen, die die tägliche Kapazität der Trinkwasseraufbereitungsanlage Collins Park um 152.000 Kubikmeter erhöhen würden. Daneben wurden weitere Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt.

Digitale Projektabwicklung Arcadis
Um die strengen Fertigstellungsfristen für Arbeiten an einer Wasseraufbereitungsanlage einzuhalten, überlagerte Arcadis GIS-Daten mit 3D-Scans und verlagerte die Arbeit vollständig in die Cloud.

Die Anlagen waren in den 1940er und 50er Jahren errichtet worden, sodass die vorhandene Dokumentation stark veraltet war. Dementsprechend war eine Bestandsaufnahme fällig. Um 3D-Scans des Geländes zu erstellen, setzte Arcadis auf Autodesk ReCap. GIS-Daten für die Oberflächen und Versorgungseinrichtungen der Anlage wurden in Autodesk InfraWorks überlagert. Aus diesen Scans wurde ein 3D-Modell erstellt, das sowohl im Büro als auch vor Ort mit einem grafischen Overlay erkundet werden konnte. Hier kam mit Augmented Reality (AR) eine neuartige Technologie ins Spiel: Mitglieder des Projektteams konnten sich mit einem Microsoft HoloLens Headset in den 3D-Modellen bewegen und diese Bilder mit der echten Umgebung überlagern. Dabei konnten sie prüfen, ob die geplanten Anlagen sich in die bestehenden Verhältnisse einfügten, oder ob es Konflikte gab.

Das Projekt, an dem Auftragnehmende aus einem Gebiet von Ohio bis Florida arbeiteten, stand unter enormen Zeitdruck, der durch die Pandemie noch verstärkt wurde. Dank BIM Collaborate Pro konnten die Prozesse jedoch nahtlos in die Cloud übertragen und die Projektfristen trotzdem eingehalten werden. Bei der Projektkoordination zwischen den Fachdisziplinen Architektur, Tragwerksplanung, HLK, Elektrotechnik, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik und der Bauausführung konnte die Zeitverzögerung beim Datentransfer um 80 % reduziert werden. Arcadis schätzt, dass bis zur termingerechten Fertigstellung der Becken im Jahr 2020 mehr als eintausend Planungsstunden eingespart werden konnten.

VolkerWessels überlagert BIM- und GIS-Daten für höchst anspruchsvolles Bahnprojekt

Das Bahnausbauprojekt Zwolle-Herfte in den Niederlanden ist ein echtes Großvorhaben: einer der größten Eisenbahnknotenpunkte des Landes, der sich über zwei Kilometer erstreckt und acht Bahnlinien bedient. Das internationale Bauunternehmen VolkerWessels sollte für eine Entlastung des über Jahre hinweg stark strapazierten Nadelöhrs sorgen. Neben der Verdoppelung der Kapazität sollten ein neuer Tunnel errichtet und alte Eisenbahnbrücken aus Stahl ersetzt werden – alles bei laufendem Bahnbetrieb.

Der Auftrag war prädestiniert für das Zusammenspiel bewährter und leistungsstarker Werkzeuge für die kollaborative Planung wie Revit, Civil 3D, Navisworks und BIM 360. Angesichts der Ausdehnung und der Komplexität des Projekts, bei dem mehrere Radwege, Straßen und Kanäle gequert werden mussten, bot sich eine gezielte Integration bestimmter Geodaten im Rahmen einer digitalen Projektabwicklung an. Geodaten von ESRI, die unter anderem zur Kartierung von unterirdischen Versorgungsleitungen und der ebenerdigen Umgebung verwendet werden, wurden mit dem ArcGIS Connector für Civil 3D von Autodesk in die digitale Projektabwicklung integriert.

Digitale Projektabwicklung VolkerWessels
Durch die Verknüpfung von BIM- und GIS-Daten mit Fahrplandaten konnte VolkerWessels Zugumleitungen für die Dauer der Baumaßnahmen optimal planen.

Diese Kombination erwies sich im Projektverlauf als äußerst wirkungsvoll. Durch die Verknüpfung von BIM- und GIS-Daten mit Fahrplandaten konnten Zugumleitungen während der Erneuerung der einzelnen Streckenabschnitte optimal geplant werden. Daraus konnte eine für Bahnprojekte vorbildliche Ablaufplanung mit minimaler Beeinträchtigung des Bahnverkehrs entwickelt werden. Durch die Einbindung der Geodaten konnten die Planenden außerdem potenzielle Konflikte, wie etwa in Verbindung mit kreuzenden Kabel- oder Leitungstrassen, frühzeitig erkennen und entsprechend frühzeitig auf diese reagieren. Dafür mussten sie nicht einmal zum Projektstandort reisen oder zusätzliche Informationen aus der GIS-Abteilung beschaffen.

Minuten statt Tage: Wessex Water reduziert den Zeitaufwand für die Projekteinrichtung dank BIM drastisch

Wessex Water versorgt 2,8 Millionen Menschen im Südwesten Englands mit Trinkwasser und ist das einzige Wasserwirtschaftsunternehmen in Großbritannien, das als Eigentümer, Betreiber, Planer und Bauunternehmen gleichzeitig fungiert. Aufgrund dieser Besonderheiten konzentriert sich das Unternehmen seit jeher besonders auf das Lebenszyklusmanagement seiner Infrastruktur und auf die Umwelt und die Ökologie seines Einzugsgebietes.

Im Zuge der neuesten technologischen Entwicklungen suchte auch Wessex Water nach einer Lösung für eine gemeinsame Datenumgebung. Um bessere Daten zu generieren und bestmöglich zu nutzen, entschied sich das Unternehmen für BIM 360. Die Umstellung zahlte sich sofort aus: Statt mehrerer Tage nahm die Einrichtung von Projekten in den Planungs- und Kollaborationstools nur noch wenige Minuten Zeit in Anspruch. Anfangs nutzte Wessex Water die neuen Tools für sein Team, das Leitungen zur Wasserversorgung verlegt und für die Instandhaltung der Bestandsanlagen verantwortlich ist. Darüber hinaus setzte das Unternehmen BIM 360 als Dokumentenmanagementsystem für sein EPC-Team (Engineering, Procuring, Construct) ein. Zu den Prozessen, die durch den Einsatz von BIM 360 erheblich optimiert werden konnten, zählt auch die interne Planprüfung im Unternehmen. Der Austausch der überarbeiteten Pläne erfolgt nicht mehr umständlich über verschiedene Plattformen. Auch handschriftliche Anmerkungen gehören der Vergangenheit an.

Die Vision einer vollständig integrierten Zukunft: digitale Projektabwicklung weitergedacht

Die technologischen Möglichkeiten der digitalen Projektabwicklung werden sich umso mehr erweitern, je mehr projektbezogene Daten generiert werden. Voraussetzung ist, dass die Architekten, Ingenieure, Bauunternehmen, Eigentümer und Betreibenden lernen, diese zu interpretieren. In dieser Phase wird es nicht mehr nur darum gehen, große Datenmengen zu horten, sondern vielmehr um die optimale Verwaltung granularer Projekt- und Anlagendaten. Die Trennung zwischen Dateitypen und Plattformen wird aufgehoben und entsprechende Front-End-Schnittstellen werden die Daten stattdessen aus einem umfangreichen Cloud-Informationsmodell abrufen. In dem Maße, in dem sich die Branche bei der digitalen Projektabwicklung von produkt- und dateibasierten zu daten- und plattformbasierten Prozessen bewegt, wird der Wert der Daten weiter ausgeschöpft und die Möglichkeiten der Technologie drastisch erweitert.

Eine digitale Projektabwicklung bewährt sich zunehmend und wird in Zukunft für Unternehmen der AEC-Branche unverzichtbar werden. Kein einziger Aspekt, der die Planung, den Bau und die Instandhaltung von Bauwerken betrifft, wird davon unberührt bleiben. Dabei gilt: Der Datenreichtum ist nur dann wirklich wertvoll, wenn die Daten auch genutzt werden. Die digitale Projektabwicklung wird zu besseren Einblicken, schlankeren Abläufen, mehr Transparenz, intelligenteren Entscheidungen und mehr Nachhaltigkeit führen. Das sind gute Nachrichten für alle Akteure.

Über den Autor

Theo Agelopoulos ist Vice President der AEC-Sparte von Autodesk und Experte auf dem Gebiet der digitalen Transformation. Zu seinen anderen Fachgebieten zählen CAD, BIM, GIS, Cloud, Realitätserfassung, Künstliche Intelligenz/Maschinelles Lernen und digitale Zwillinge.

Profile Photo of Theo Agelopoulos, Autodesk VP - DE