Essen aus dem 3D-Drucker: Revo Foods verarbeitet pflanzenbasiertes Protein im 3D-Druck
- Durch Überfischung und andere Umweltrisiken ist die biologische Vielfalt in den Meeren gefährdet, die eine unverzichtbare Voraussetzung für alles Leben auf der Erde bildet
- Revo Foods setzt auf Essen aus dem 3D-Drucker und produziert pflanzenbasierte Alternativen zu Fisch und Meerestieren, die einen ähnlichen Nährwert bei erheblich besserer Nachhaltigkeitsbilanz aufweisen
- Innovative Ansätze wie 3D-Druck, schnelle Prototypenerstellung und Crowdinvesting unterstützen das österreichische Start-up bei der Verwirklichung seiner Vision, eine breitere Auswahl an gesunden und ökologisch unbedenklichen Produkten in die Supermärkte zu bringen
Eine gesunde biologische Vielfalt in den Meeren ist für das ökologische Gleichgewicht unseres Planeten und damit auch für das Wohlergehen der Menschen unverzichtbar. Die Ozeane fungieren als wichtige Kohlenstoff- und Wärmesenken für die Biosphäre der Erde und spielen eine entscheidende Rolle für die globale Ernährungssicherheit. Laut den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen sind mehr als 50 % der Bevölkerung in den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt auf Lebensmittel aus dem Meer als Hauptproteinquelle angewiesen.
Seit den 1970er Jahren hat sich jedoch die Zahl der überfischten Fanggründe verdreifacht, und mehr als ein Drittel der bewerteten Fisch- und Meerestierbestände werden heute über das biologisch nachhaltige Maß hinaus befischt, wie aus einem 2022 veröffentlichten Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hervorgeht.
Gesündere Alternativen zu Fisch und Meerestieren
Mit der Entwicklung eines 3D-Lebensmitteldruckers will das österreichische Start-up Revo Foods nachhaltige pflanzliche Alternativen zu Fisch und Meeresfrüchten einem breiteren Zielpublikum zugänglich machen und so einen Beitrag zur Rettung der Weltmeere vor der weiteren Überfischung und anderen Umweltschäden leisten.
„Wir brauchen bessere Alternativen für Menschen, die gerne Fisch mögen, aber nicht zur Zerstörung der Weltmeere beitragen wollen – Produkte, die den Geschmack und Nährwert von Fisch bieten, aber ohne die negativen Folgen“, erläutert der CEO des Unternehmens, Robin Simsa.
Seit September 2023 ist ein 3D-gedrucktes Lachsimitat aus Mykoprotein – fermentierten Pilzsporen – auf dem Markt, die Simsas Unternehmen unter dem Produktnamen „The Filet“ vertreibt. In diesem Jahr kreierte Revo Foods „The Kraken“, das in Geruch, Geschmack und Textur den Tentakeln eines Tintenfisches ähnelt. Beide Produkte sind bereits in mehreren europäischen Ländern erhältlich. Revo Foods plant, in den nächsten zwei Jahren mit der Serienproduktion 3D-gedruckter Lebensmittel zu beginnen.
„Bislang herrscht die Meinung vor, additive Fertigung sei eine Art Prototyping, aber nicht wirklich für den industriellen Einsatz geeignet“, so Simsa. „Unser System ist definitiv als Produktionssystem gedacht. Wir haben als weltweit erstes Unternehmen ein Produkt in die Supermärkte gebracht, das mit dieser Art von 3D-Produktionssystem hergestellt wird. Diese Technologie hat sich also eindeutig weiterentwickelt.“
Über die Markenidentität als Lebensmittelunternehmen hinaus verfolgt Revo Foods das übergeordnete Ziel, die biologische Vielfalt der Meere zu schützen. Dazu gehört auch, dass die Produkte des Unternehmens frei von Giftstoffen wie Mikroplastikpartikeln sind, die in einigen Fischereierzeugnissen vorkommen können.
Durch Überfischung „laufen wir Gefahr, einen großen Teil der Artenvielfalt in den Meeren zu zerstören“, warnt Simsa. „Dadurch setzen wir unser eigenes Überleben sowie das Überleben zukünftiger Generationen aufs Spiel.“
Nachhaltige Produkte aus dem 3D-Drucker
Nach Angaben des Unternehmens verursacht Mykoprotein im Vergleich zu herkömmlichem Lachs um 77–86 % weniger CO₂-Emissionen und verbraucht bei der Produktion 95 % weniger Süßwasser. Die CO₂-Bilanz von Mykoprotein beträgt 1,5 kg CO₂/kg, verglichen mit 15 kg CO₂/kg für Lachs und 31 kg CO₂/kg für Rindfleisch. Mykoprotein überzeugt zudem durch einen sehr viel niedrigeren Wasserverbrauch – etwa 500 Liter pro Kilogramm – als tierische Proteine.
Auch im Vergleich zu anderen pflanzenbasierten Proteinquellen schneide Mykoprotein besser ab, da – anders als etwa bei Soja- oder Erbsenprotein – keine zusätzlichen Verarbeitungsschritte erforderlich seien, wie Simsa erläutert. Da die Verarbeitung bei niedrigeren Temperaturen erfolgt, bleiben Vitamine und Omega-3-Fettsäuren erhalten. „Die Verwendung von Mykoprotein hat also im Hinblick auf den Nährwert unserer Produkte erhebliche Vorteile.“
Neuartiges Verfahren ermöglicht eine additive Serienfertigung
Zur Umsetzung der Vision von einer im Supermarkt erhältlichen nachhaltigen Fischalternative baute Revo Foods einen 3D-Lebensmitteldrucker, den Food Fabricator X1. Die Entwicklung des optimierten Nachfolgemodells Food Fabricator X2 soll noch diesen Sommer abgeschlossen werden.
Der neue Food Fabricator X2 verfügt über ein neuartiges Mehrdüsensystem, das eine kontinuierliche Lebensmittelproduktion ermöglicht, was zur Erzielung hoher Stückzahlen ein deutlicher Vorteil ist. „Wenn wir die additive Fertigung mit diesem Mehrdüsen-Ansatz kombinieren, können wir die Produktion schnell auf ein Volumen hochfahren, das sich sehen lassen kann“, meint Simsa.
Das neue Modell zeichnet sich zudem durch ein hochpräzises Extrusionssystem aus, mit dem sich Zutaten in jeder beliebigen vordefinierten Struktur kombinieren lassen, sodass ohne größere Hardware-Anpassungen Produkte mit individuellen Formen, Strukturen und Texturen hergestellt werden können.
„Diese Möglichkeit, mit einer bloßen Softwareänderung das Aussehen, die Zusammensetzung oder die Textur eines Produkts zu variieren, ist vollkommen neu“, so Simsa. „Damit haben Produktdesigner und Produktentwickler – und auch Marketingteams – mehr Freiheit, ähnliche oder auch völlig andersartige Sortimente zu kreieren.“
Derzeit beschränkt sich diese Flexibilität noch auf Lebensmittel mit identischen Zutaten. Simsa ist jedoch überzeugt, dass das Verfahren die Perspektive eröffnet, künftig große Produktionsvolumen mit leichten Variationen herzustellen – ein eindeutiger Vorteil gegenüber bisherigen Serienfertigungsverfahren, die nur identische Produkte produzieren.
„Wir glauben, dass sich mit einem Massenfertigungssystem die größte Wirkung erzielen lässt“, erläutert Simsa. „Um möglichst viele Menschen zu erreichen, müssen wir sowohl Einzelhändler als auch große Vertriebsunternehmen beliefern können.“
Start-ups profitieren von der schnellen Prototypenerstellung
Statt mit einem im Handel erhältlichen Gerät oder auf der Grundlage von Plänen eines anderen Herstellers zu arbeiten, habe man mit dem Food Fabricator X2 ein eigenes System von Grund auf entwickelt, berichtet Simsa. Die neuen Maschinen wurden von Industriedesignern, Maschinenbauern und Elektroingenieuren konstruiert und getestet.
Dabei arbeitete Simsas Team mit Autodesk Fusion als Konstruktionssoftware für viele der Hardwarekomponenten des Food Fabricator X2 „Wir mussten eine Reihe von neuen Hardwarekomponenten entwerfen, Schnittdateien erstellen und sie dann testen. Fusion stellte uns die entsprechenden Funktionen bereit.“
Dieser Ansatz der schnellen Prototypenerstellung, der durch Fortschritte in der Softwareentwicklung und additiven Fertigung begünstigt wird, ist insbesondere für Start-ups nützlich, die nicht über die Ressourcen eines großen Unternehmens verfügen. „Noch vor 20 Jahren wäre ein Unternehmen wie unseres undenkbar gewesen“, ist Simsa überzeugt.
Die Arbeitsabläufe konnten mithilfe von Fusion ebenfalls beschleunigt werden. „Früher musste man einen Entwurf an einen Spezialanbieter schicken und dann zwei Wochen auf das fertige Bauteil warten. Wenn der Entwurf nicht hundertprozentig passte, musste man von vorne anfangen“, erinnert sich Simsa. „Heute können wir hingegen quasi auf täglicher Basis iterieren. Wenn jemand morgens eine Idee hat, kann er noch am selben Tag einen Entwurf erstellen, durch den 3D-Drucker jagen und testen.“
Ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Geschäftskonzept von Revo Foods war die Kapitalbeschaffung über Crowdinvesting-Plattformen, die vor 20 Jahren ebenfalls nicht möglich gewesen wäre. Heute bieten Websites wie die Green-Tech-„Sinnvestitions”-Plattform FunderNation Start-ups die Möglichkeit, ihre Geschäftsentwicklung durch Crowdfunding-Kampagnen zu finanzieren. Revo Foods will dieses Modell nutzen, um durch den Ausbau der Produktionskapazitäten künftig einen noch größeren Beitrag zur nachhaltigen Lebensmittelversorgung leisten zu können.