Freie Bahn für zunehmend intelligente und sichere autonome Fahrzeuge

Erfahren Sie, wie Fortschritte in Sicherheit und Technologie das Vertrauen der Verbraucher in autonome Fahrzeuge stärken.


Noch nicht an jeder Ecke, aber immer häufiger anzutreffen: Autonome Fahrzeuge könnten schon bald neue Maßstäbe im Personen- und Güterverkehr sowie bei der Lieferung von Bestellungen setzen. Credit: Nuro.

Autonomes Fahren könnte schon bald neue Maßstäbe im Personen- und Güterverkehr sowie bei der Lieferung von Bestellungen setzen.

Jeff Link

1. Juni 2023

Min. Lesedauer
  • Zurzeit sind autonome Fahrzeuge noch mit Herausforderungen verbunden, sie werden jedoch ein Teil unserer zukünftigen Mobilität sein, denn sie versprechen ein erhebliches Plus an Sicherheit und eine deutlich bessere CO2-Bilanz

  • Prognosen zufolge könnte bis 2030 weltweit ein Zehntel aller Fahrzeuge ohne menschlichen Fahrer auskommen, was durch autonomes Fahren einen sichereren und effizienteren Transport und Verkehr in Aussicht stellt

  • Im Rahmen von Pilotprogrammen in verschiedenen Ländern werden autonome Fahrzeuge als Teil eines koordinierten Verkehrskonzepts erprobt, das sowohl kleinere Probleme wie Verkehrsstaus lösen als auch entscheidende Beiträge zu wichtigeren Anliegen wie Sicherheit und Barrierefreiheit leisten könnte

Pilotprojekt für den Bereich des autonomen Fahrens „Trusted Tester“ von Waymo
Im Rahmen des Pilotprojekts „Trusted Tester“ bietet Waymo autonome Fahrdienste in San Francisco und Phoenix an. Credit: Waymo.

Elon Musk, CEO von Tesla, hielt die Herausforderung selbstfahrender Autos längst für „gemeistert“. Bereits im März 2015 verglich er autonome Fahrzeuge mit Aufzügen, die früher „Aufzugführer benötigten, aber heute selbst bedienbar sind“. Im Jahr darauf starb der 40-jährige Joshua Brown beim Fahren eines halb automatischen Tesla Model S.

Ein Sattelzug bog ordnungsgemäß vor Browns Fahrzeug ab, das daraufhin nicht bremste, sondern unter den Anhänger raste. Mike Demler ist Senior Technology Analyst bei The Linley Group. Er sagt, ein Fahrer müsse trotz computergesteuerter Objekterkennung mit Sensoren, Radar, GPS und Bildverarbeitungssoftware zu jeder Zeit beide Hände am Steuerrad haben. „Die Sensoren sind für das Fahren auf der Autobahn ausgelegt, nicht für kreuzenden Verkehr“, erklärt Demler. „Sie hätten das Heck eines Fahrzeuges erkannt, aber nicht die Seite eines Lkw-Anhängers.“

Branchenexperten sind sich darüber einig, dass in der Entwicklung autonomer Fahrzeuge in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht wurden. Google, Volvo und Uber testen Fahrzeuge auf öffentlichen Strecken, und nuTonomy betreibt auf einem begrenzten Areal in Singapur – einem Stadtstaat mit vorhersagbarem Wetter und einer technophilen Regierung – eine Flotte aus sechs automatisierten Taxis, die öffentlich genutzt werden können. Nach Demlers Einschätzung werden die ersten vollständig autonomen Fahrzeuge auf festgelegten Strecken wie Universitäts- und Industriegeländen zum Einsatz kommen. Er fügt hinzu, dass sowohl Ford als auch BMW und GM in fünf Jahren selbstfahrende Autos auf den Markt bringen wollen – voraussichtlich zur begrenzten Nutzung im gewerblichen Verkehr auf speziellen Strecken.

Beharrlichkeit führt zum Ziel

Autonomes Fahren mit Zoox
Im Gegensatz zu herkömmlichen, für den autonomen Betrieb nachgerüsteten Autos werden die autonomen Fahrzeuge von Zoox von Grund auf für den fahrerlosen Personentransport konzipiert. Credit: Zoox.

Dennoch ist der Vorfall mit dem Tesla ein schwerer Rückschlag für die Branche. Er bestätigt einen schwerwiegenden Einwand, den John Leonard, Professor für Roboternavigation am Massachusetts Institute of Technology, bei einem Vortrag im Jahr 2015 erhob: Trotz vielversprechender Sicherheits- und Umweltvorteile müssen autonome Fahrzeuge grundsätzliche Fragen in Bezug auf Wahrnehmung und Semantik lösen – wie gegen den Verkehr links abgebogen wird, wie die Handzeichen eines Schülerlotsen oder Polizisten zu deuten sind, wie mit schneebedeckten Straßen umgegangen wird –, bevor sie auf öffentlichen Straßen breiter zum Einsatz kommen können.

Zum „Sehen“ nutzen viele autonome Fahrzeuge LiDAR, eine Art Laser-Radar-System mit einem rotierenden Zylinder, der in der Regel auf das Fahrzeugdach montiert wird. Das von der Oberfläche eines Objekts zurückfallende Licht des Lasers lässt Rückschlüsse auf den Abstand des Objekts zu und ermöglicht dem LiDAR einen „360-Grad-Rundumblick“. So wie sich die „Augen“ fahrerloser Autos aus hochauflösenden Laserscannern, Kameras, Radar und anderen Sensoren zusammensetzen, können intelligente Algorithmen und künstliche Intelligenz deren kognitive Fähigkeiten übernehmen. Diese gleichen die erzeugten Rohdaten gegen Informationen aus Referenzkarten ab, erklärt Sravan Puttagunta, CEO von Civil Maps in Kalifornien.

Puttagunta erläutert, wie die Plattform von Civil Maps (wie auch die der Mitbewerber Mobileye, Delphi und Bright Box) dem autonomen Fahrzeug nicht nur eine zweidimensionale Navigationskarte, sondern außerdem ein Bewusstsein für die Umgebung vermittelt. Mithilfe von künstlicher Intelligenz verarbeitet sie die mittels hochauflösender Laserbildgebung erzeugten Rohdaten, was dem Fahrzeug ermöglicht, eine exakte Fahrzeugortung vorzunehmen und strategisch bessere Entscheidungen zu treffen – wie zum Beispiel, was an einer Kreuzung oder einem Verkehrskreisel zu tun ist.

Sobald das Fahrzeug geortet ist, kann die Civil-Maps-Software semantische Kartendaten in das Sichtfeld der Sensoren des Autos projizieren. Dies hilft dem Entscheidungssystem des Fahrzeugs, das Umfeld in einen Kontext zu setzen und sich gezielt auf relevante Straßenmerkmale wie Verkehrsschilder, Spurmarkierungen, Ampeln und Ähnliches zu konzentrieren. Es erstellt eine maschinenlesbare Augmented-Reality-Karte (AR) und informiert den Bordcomputer darüber, was das Fahrzeug tun soll und wie es mit der Straßeninfrastruktur interagieren soll.

Autonomes Fahren spielt eine zunehmend größere Rolle
Um autonome Fahrzeuge verkehrstüchtig zu machen, braucht es komplexe Software wie die Autonomielösung von Oxbotica, die auf Künstlicher Intelligenz und maschinellen Lernalgorithmen basiert. Credit: Oxbotica.

„Einer der Vorteile der Augmented-Reality-Perspektive ist die Möglichkeit, ein Auto zu orten und Zusatzinformationen mit einem Signal zu verknüpfen, sodass das Auto das Signal vorhersehen kann, selbst wenn es dieses nicht von selbst erkennt“, sagt Puttagunta. „Dies ist beispielsweise auch dann besonders wichtig, wenn bei schlechten Witterungsverhältnissen die Spurmarkierungen schwer zu sehen sind.“

Die AR-Karten des Unternehmens bieten außerdem eine visuelle Anzeige, sodass der Passagier die Absichten und Wahrnehmungen des Fahrzeugs nachvollziehen kann. Puttagunta glaubt, dass dies Passagieren mit der Zeit ein Gefühl des Vertrauens und der Sicherheit vermitteln wird.

Mit hocheffizienter Kompressionstechnologie für Kartendaten kann Civil Maps diese Daten über 4G-Mobilfunknetze in Echtzeit aktualisieren und gemeinsam mit anderen Autos nutzen. Das Unternehmen setze eine Ortung auf Basis von Signalen auf Straßenebene ein, die sie aggregiert und verfeinert, um die Sicherheit zu verbessern, berichtet Puttagunta – ganz ähnlich, wie die Musikerkennungs-App Shazam eine akustische Signatur dazu verwende, ein Musikstück anhand von ein paar Noten abzugleichen.

Anstatt eine ganze Flotte von Autos auszusenden, um eine bestimmte Stadt zu kartieren, wie Uber es in Pittsburgh macht, plane Civil Maps die Daten mittels Crowdsourcing zu generieren und mit Autoherstellern zusammenzuarbeiten, erzählt Puttagunta. Mit einer Frühfinanzierung von über 6,2 Millionen Euro, einschließlich einer Investition von Ford Motor Company, arbeitet das Start-up-Unternehmen auf drei Kontinenten mit Partnern und großen Erstausrüstern (OEMs) in der Automobilbranche zusammen.

Das Rennen läuft

Die Schweizer Firma Bright Box gehört zu den Mitbewerbern um das hart umkämpfte Marktsegment, in dem sich Civil Maps bewegt. Für den Automobilersatzteilmarkt entwickelte das Unternehmen die auf künstlicher Intelligenz basierende Plattform Remoto, die bereits in Prototypen von mehreren Autoherstellern wie Infiniti, KIA, Hyundai und Nissan getestet wurde. „Das Rennen wird dasjenige Unternehmen machen, das ein funktionierendes System mit einer minimalen Anzahl von Sensoren entwickelt sowie technischen Support für OEMs mit großen Produktionsvolumen anbietet“, meint Alexander Demtschenko, CTO von Bright Box. „Entscheidend ist, wer das größte Datenvolumen sammeln kann.“

Demtschenko zufolge hat die Konkurrenz zwischen Lieferanten, Softwarefirmen und Automobilherstellern die Kosten für autonome Fahrzeuge deutlich gesenkt. Noch 2012 gab Google auf dem ersten Driverless Car Summit in Detroit bekannt, dass seine fahrerlosen Testfahrzeuge ein Ausrüstungspaket im Wert von circa 140.000 Euro enthalten – darunter ein LiDAR-System im Wert von rund 65.000 Euro. Im Vergleich dazu schätzt Dimchenko die Kosten für einen völlig autonomen Honda CR-V Geländewagen bis zum Jahr 2018 auf 27.000 bis 28.000 Euro.

Aber auch wenn die Kosten für Taxidienste oder individuelle Fahrer überschaubarer werden, müssen noch erhebliche Herausforderungen gemeistert werden, bevor fahrerlose Autos auf öffentlichen Straßen zum Einsatz kommen, warnt Demler. Dazu zählten staatliche und bundesstaatliche Vorschriften, die Einführung standardisierter Fahrversuche und die Gewährleistung der Übernahme durch Versicherungen; der Ausbau einer intelligenten Infrastruktur sowie – was vielleicht am wichtigsten ist – die Notwendigkeit, das Vertrauen einer skeptischen Öffentlichkeit zu gewinnen.

Eingefleischte Befürworter autonomer Fahrzeuge wie Grayson Brulte, Co-Vorsitzender der „City of Beverly Hills Autonomous Vehicle Task Force“, glauben, dass vermehrter Kontakt mit der Technik das Vertrauen in der Öffentlichkeit entscheidend verbessern wird. Er ist überzeugt, dass fahrerlose Autos das Potenzial haben, tödliche Unfälle durch Ablenkung am Steuer zu verhindern sowie Verkehrsstaus und Parkprobleme in städtischen Gebieten zu lösen. Das funktioniere aber nur, wenn die Menschen bereit seien, sie anzunehmen. In diesem Frühjahr soll ein nicht namentlich genannter Hersteller nach Beverly Hills kommen, um autonome Fahrzeuge unter realen Bedingungen auf öffentlichen Straßen zu testen – ein Ereignis, das Brulte mit Spannung erwartet. „Ein Kind, das heute geboren wird, wird niemals selbst fahren“, glaubt er. „Wenn man diese Tatsache einmal begreift, wird die Sache erst richtig spannend.“

Neue Wege für die Mobilität in der Zukunft

Autonomes Fahren: Die emissionsfreien autonomen Kühlfahrzeuge von Nuro
Die emissionsfreien autonomen Kühlfahrzeuge von Nuro werden zurzeit von großen Markenunternehmen testweise für die Zustellung von Lebensmitteln und anderen Waren eingesetzt. Credit: Nuro.

Bis selbstfahrende Autos in Städten und auf Autobahnen zu einer Selbstverständlichkeit werden, könnten noch Jahre oder Jahrzehnte vergehen, meint David Zuby, Forschungsleiter beim Insurance Institute for Highway Safety. Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg dorthin ist die Gewährleistung einer sicheren Koexistenz mit anderen Fahrzeugen. Vollständig autonome Autos müssen sich – zumindest vorerst – die Straße mit von Menschen geführten bzw. nur bedingt autonomen Fahrzeugen teilen. Beides birgt Sicherheitsrisiken.

Der Automatisierungsgrad von Fahrerassistenzsystemen wird gemeinhin auf einer Skala von 0 bis 5 eingestuft. Ein Fahrzeug des Levels 0 wird vollständig von einem menschlichen Fahrenden gesteuert und erfordert jederzeit dessen volle Aufmerksamkeit, während Level 5 vollständig autonomen Modellen vorbehalten ist, bei denen die Insassen nur noch Mitfahrende sind und zu keinem Zeitpunkt eingreifen müssen. Die meisten Privat- und Nutzfahrzeuge sind irgendwo in der Mitte zwischen Level 1 und Level 3 angesiedelt.

Wie Chase erklärt, würden teilautonome Fahrzeuge – insbesondere solche mit automatisierten Funktionen wie Spurführung, Beschleunigung und Bremsen für das Fahren auf der Autobahn (Level 2) oder solche mit Sicherheitsfahrer für Notfälle (Level 3) – mitunter eine größere Gefahr darstellen als manuell gesteuerte Autos, da sie der Person hinter dem Steuer ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln und ein unaufmerksames Fahrverhalten begünstigen könnten.

Für Schlagzeilen sorgte beispielsweise ein tragischer Unfall im Jahr 2016, bei dem der 40-jährige Joshua Brown am Steuer eines teilautonomen Tesla Model S ums Leben kam. Ein Lkw bog vor Browns Tesla nach links ab, doch anstatt zu stoppen, raste das Auto ungebremst unter den Anhänger des Lkw. Laut Mike Demler, einem der führenden Technologieanalysten bei The Linley Group, sei das mit Sensoren, Radarsystem, GPS und Bildverarbeitungssoftware ausgestattete Auto nicht für die Navigation mit Autopilot vorgesehen gewesen. „Die Sensoren wurden für das Fahren auf der Autobahn entwickelt. Für Querverkehr waren sie nicht freigegeben“, erklärt Demler. „Sie konnten zwar die Rückseite eines Autos, nicht aber die Seite eines Traktoranhängers erkennen.“

Von den fast 400 Unfällen mit teilautonomen Fahrzeugen, die zwischen 1. Juli 2021 und 15. Mai 2022 gemeldet wurden, betrafen etwa 70 % (273 Unfälle) Teslas, für die zum Zeitpunkt des Unfalls verschiedene Fahrerassistenzsysteme aktiviert waren. Für Chase sagen diese Zahlen weniger über Tesla als Unternehmen – das mit 830.000 sich im Umlauf befindlichen teilautonomen Modellen zu den wichtigsten Herstellern der Branche gehört – als über die Sicherheitsrisiken der Fahrzeuge im Allgemeinen aus.

„Wenn man unzählige Male sicher an sein Ziel kommt, ohne auf die Straße achten zu müssen, und man dann auf einmal aufpassen und eingreifen soll, wird einem das nicht gelingen. Das ist eine aussichtslose Situation“, bedauert sie.

Wie stehen Regulierungsbehörden zu selbstfahrenden Autos?

Autonomes Fahren mit der Via-App
Fahrtgelegenheiten auf Abruf: Die Via-App zeigt, dass autonomes Fahren und andere Transportsysteme problemlos Hand in Hand gehen können. Credit: Waymo und Via.

Das US-Verkehrsministerium überarbeitet derzeit die bestehenden Verkehrssicherheitsvorschriften, um mehr Klarheit über Situationen ohne menschliche Fahrende zu schaffen. In Zubys Augen gilt es, die aus rechtlicher Sicht schwierige Frage, wer für Unfälle mit Autopilot-Beteiligung haftet, im Zuge der in den nächsten Jahren zu erwartenden erschwinglicheren Preise für Fahrzeuge mit Autonomie-Level 2 und 3 zu klären.

„Unternehmen, die automatisierte Fahrsysteme entwickeln, werden nicht umhinkommen, diese an die vorhandene Infrastruktur anzupassen“, so Zuby. „Es wäre sicherlich von Vorteil, in diesem Bereich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um die Entwicklung solcher Systeme zu erleichtern. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass sich alle 50 Bundesstaaten auf eine Vereinheitlichung unserer Straßen zu diesem Zweck einigen.“

Eine bessere Ausgangsposition für die Umstellung auf autonomes Fahren haben Städte in Europa und Asien. Hier wird besonders in dicht besiedelten Gebieten mit intensivem Nahverkehr Wert auf effektive öffentliche Transportsysteme gelegt. Dieser Kluft ist sich Chase bewusst: „Europäische Regierungen sind zunehmend bestrebt, die Zahl der Privatwagen in Innenstädten zu reduzieren. In den USA gab es bisher noch keine vergleichbaren Vorhaben, geschweige denn konkrete Bemühungen in diese Richtung.“ Dennoch sieht sie die Zukunft des Nahverkehrs nicht allein in selbstfahrenden Autos: „Radfahrstreifen, Gehwege und öffentliche Verkehrsmittel sind zeitlos und werden auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.“

Sofern die US-Behörden nicht beschließen, ihren Kurs zu ändern und sich der Modernisierung bestehender Infrastruktur und Nahverkehrssysteme anzunehmen, wird allen voran auf Logistiksoftware spezialisierten Unternehmen wie Via (und Konkurrenten wie Uber und Lyft) eine Pionierrolle bei der Entwicklung zukünftiger autonomer Mobilitätskonzepte zukommen. Mit Angeboten wie On-Demand-Buchungen, Wegbeschreibungen und Speditionsdiensten sind diese bestens aufgestellt, um Fahrgästen die reibungslose Nutzung vernetzter, multimodaler Verkehrssysteme zu ermöglichen.

Neben der Bereitstellung von Logistikdiensten für Arlington RAPID ist Via unter anderem auch am Shuttle-Service A2GO Lexus RX 450h in Ann Arbor in Michigan beteiligt. Beide Angebote stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung und wurden als Ergänzung zur bestehenden Nahverkehrsinfrastruktur konzipiert. Im Februar 2022 rief Via in Zusammenarbeit mit Motional einen Service ins Leben, der den Einwohnenden von Las Vegas Fahrtmöglichkeiten für wichtige Zwecke bietet. Weitere Services im US-Bundesstaat Minnesota sowie im deutschen Kelheim sollen Aufschluss über die Auswirkungen fahrerloser Transportsysteme in ländlichen Gebieten bringen.

„Vielerorts werden sich schon in naher Zukunft aus kurzfristigen Pilotprojekten mit kleiner Flottengröße dauerhafte Netzwerke aus autonomen Transportmitteln entwickeln, die vollständig in das bestehende Ökosystem eingebunden sind“, ist sich Duanis sicher.

Gemeinsame Nutzung als Schlüssel zum Erfolg

Jede Diskussion über autonomes Fahren wird zwangsläufig zu einer Diskussion über Politik und Infrastruktur führen. In einer im Jahr 2018 von der UC Berkeley durchgeführten Studie wurde die Hypothese aufgestellt, dass der Einsatz einer Flotte gemeinsam genutzter automatisierter Elektrofahrzeuge mit einer Reichweite von 50–90 Meilen (umgerechnet 80–145 km) pro Akkuladung in Manhattan im Vergleich zu aktuellen Taxidiensten Einsparungen in Höhe von 0,29 bis 0,61 US-Dollar pro Fahrgastmeile ermöglichen würde. Und nicht nur das: Die Autoren der Studie schätzen, dass sich auf diese Weise eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 73 % und des Energieverbrauchs um 58 % erzielen ließe. In der Praxis würde ein entsprechendes Programm eine Investition von 10 Millionen Dollar in 1.500 Ladestationen erfordern (etwa 0,01 US-Dollar pro Fahrgastmeile).

„Die Ergebnisse waren insofern überraschend, als sie den aktuellen Trends auf dem Markt widersprechen: Zurzeit stehen vor allem hohe Akkukapazitäten und superschnelle Lademöglichkeiten im Vordergrund“, so Gordon Bauer, leitender Datenwissenschaftler bei Via und einer der Autoren der Studie. „Während man sich beim Kauf eines Privatwagens vielleicht eher für Modelle interessiert, die sich gut für mehrtägige Reisen eignen, ist eine Taxifahrt in Manhattan in der Regel sehr kurz. Außerdem können Fahrzeuge außerhalb der Stoßzeiten aufgeladen werden.“

Auch sechs Jahre nach Veröffentlichung der Studie ist nach wie vor unklar, wann – wenn überhaupt – Robotaxis in Manhattan zur Realität werden könnten. Doch viele der Schlussfolgerungen der Autoren gelten auch für von Menschen gesteuerte Elektrofahrzeugflotten. In Folgestudien analysierte Bauer die Verkehrsnetze in New York, San Francisco und Neu-Delhi und kam zu ähnlichen Ergebnissen: Viele Flottendienste könnten in der Theorie ohne Weiteres durch elektrische Alternativen ersetzt werden – mit positiven Auswirkungen auf Kosten und Kohlenstoffemissionen.

Die von Oxbotica entwickelte Software dürfte unterdessen demnächst ein breiteres Publikum erreichen: In Zusammenarbeit mit dem deutschen Automobilhersteller ZF plant das Unternehmen, in naher Zukunft autonome elektrische Shuttlebusse für 14–16 Personen auf den Markt zu bringen. Wenn alles gut geht, könnte sich das Projekt als richtungsweisend für die zukünftige Durchsetzung ähnlicher Konzepte für autonomes Fahren erweisen. Newman zufolge werden die Fahrzeuge in bestimmten städtischen Gebieten völlig autonom unterwegs sein und nur in Ausnahmefällen menschliche Hilfe benötigen, zum Beispiel wenn ein Rettungswagen vorbeifährt oder eine Straße überflutet ist.

Newman geht davon aus, dass elektrische Verkehrsmittel dieser Art einen Schneeballeffekt positiver Auswirkungen nach sich ziehen werden. Er vergleicht dies mit der Wiederansiedlung von Wölfen im Yellowstone-Nationalpark: „Die Natur lebte regelrecht auf. Die Elchpopulation ging zurück und mit ihr auch die Überweidung. Das führte wiederum zur Rückkehr einheimischer Pflanzen und Bestäuber. Auch Fische und Biber fanden ihren Weg zurück in den Park. Die Biber bauten Dämme, was die Strömung der Flüsse verlangsamte und ihre Form veränderte.“

Sofern sich Newmans Vorahnung bewahrheitet, könnte dies der Beginn einer sichereren, erschwinglicheren und kraftstoffsparenderen Art der Fortbewegung sein – doch nur die Zeit wird zeigen, was die Zukunft bringt.

Dieser Artikel wurde überarbeitet. Die ursprüngliche Fassung erschien im März 2017.

Jeff Link

Zur Person: Jeff Link

Jeff Link ist preisgekrönter Journalist und setzt sich mit den Themen Technologie, Planung und Umwelt auseinander. Seine Arbeiten wurden unter anderem in Wired, Fast Company, Architect und Dwell veröffentlicht.

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