Bis selbstfahrende Autos in Städten und auf Autobahnen zu einer Selbstverständlichkeit werden, könnten noch Jahre oder Jahrzehnte vergehen, meint David Zuby, Forschungsleiter beim Insurance Institute for Highway Safety. Eine der größten Herausforderungen auf dem Weg dorthin ist die Gewährleistung einer sicheren Koexistenz mit anderen Fahrzeugen. Vollständig autonome Autos müssen sich – zumindest vorerst – die Straße mit von Menschen geführten bzw. nur bedingt autonomen Fahrzeugen teilen. Beides birgt Sicherheitsrisiken.
Der Automatisierungsgrad von Fahrerassistenzsystemen wird gemeinhin auf einer Skala von 0 bis 5 eingestuft. Ein Fahrzeug des Levels 0 wird vollständig von einem menschlichen Fahrenden gesteuert und erfordert jederzeit dessen volle Aufmerksamkeit, während Level 5 vollständig autonomen Modellen vorbehalten ist, bei denen die Insassen nur noch Mitfahrende sind und zu keinem Zeitpunkt eingreifen müssen. Die meisten Privat- und Nutzfahrzeuge sind irgendwo in der Mitte zwischen Level 1 und Level 3 angesiedelt.
Wie Chase erklärt, würden teilautonome Fahrzeuge – insbesondere solche mit automatisierten Funktionen wie Spurführung, Beschleunigung und Bremsen für das Fahren auf der Autobahn (Level 2) oder solche mit Sicherheitsfahrer für Notfälle (Level 3) – mitunter eine größere Gefahr darstellen als manuell gesteuerte Autos, da sie der Person hinter dem Steuer ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln und ein unaufmerksames Fahrverhalten begünstigen könnten.
Für Schlagzeilen sorgte beispielsweise ein tragischer Unfall im Jahr 2016, bei dem der 40-jährige Joshua Brown am Steuer eines teilautonomen Tesla Model S ums Leben kam. Ein Lkw bog vor Browns Tesla nach links ab, doch anstatt zu stoppen, raste das Auto ungebremst unter den Anhänger des Lkw. Laut Mike Demler, einem der führenden Technologieanalysten bei The Linley Group, sei das mit Sensoren, Radarsystem, GPS und Bildverarbeitungssoftware ausgestattete Auto nicht für die Navigation mit Autopilot vorgesehen gewesen. „Die Sensoren wurden für das Fahren auf der Autobahn entwickelt. Für Querverkehr waren sie nicht freigegeben“, erklärt Demler. „Sie konnten zwar die Rückseite eines Autos, nicht aber die Seite eines Traktoranhängers erkennen.“
Von den fast 400 Unfällen mit teilautonomen Fahrzeugen, die zwischen 1. Juli 2021 und 15. Mai 2022 gemeldet wurden, betrafen etwa 70 % (273 Unfälle) Teslas, für die zum Zeitpunkt des Unfalls verschiedene Fahrerassistenzsysteme aktiviert waren. Für Chase sagen diese Zahlen weniger über Tesla als Unternehmen – das mit 830.000 sich im Umlauf befindlichen teilautonomen Modellen zu den wichtigsten Herstellern der Branche gehört – als über die Sicherheitsrisiken der Fahrzeuge im Allgemeinen aus.
„Wenn man unzählige Male sicher an sein Ziel kommt, ohne auf die Straße achten zu müssen, und man dann auf einmal aufpassen und eingreifen soll, wird einem das nicht gelingen. Das ist eine aussichtslose Situation“, bedauert sie.