Zu jeder Design-technischen Herausforderung gibt es hunderte, mitunter auch tausende mögliche Lösungsansätze, und lange Zeit war es reine Geistesarbeit des Menschen, daraus geeignete Lösungen herauszufiltern. Generatives Design ging schließlich aus einer elementaren Fragestellung hervor: „Angenommen, der Mensch wäre nicht in der Lage, alle potenziellen Lösungen für den Brückenbau zu erdenken? Angenommen, Software könnte das ändern?“
Dieser Gedanke kam um 2009 herum auf, als die Cloud zunehmend für umfangreiche Berechnungen eingesetzt wurde. Mit der Umkehr der Beziehung zwischen Produktentwicklung und Simulation brach schließlich die Zeit von generativem Design an. Eine Software kann jedes noch so verrückte Brückenkonzept erstellen und alle Konzepte in einer Simulation testen. Einige dieser Brückenkonstrukte fallen vermutlich in sich zusammen, andere wiederum bleiben jedoch stehen und einige sind sogar vielversprechend genug, genauer in Augenschein genommen zu werden.
Generatives Design liefert physikbasierte Endergebnisse, die erstaunlich genau den jeweiligen Design-Parametern entsprechen. Doch wie immer gibt es auch ein „Aber“: Der Mensch muss exakte Vorgaben zum jeweiligen Design-Problem machen. Dies ist äußerst zeitaufwändig, jedoch eine Grundvoraussetzung, um die gewünschten Resultate zu erhalten. Außerdem bedarf generatives Design immenser Rechenkraft, denn komplexe Projekte können schon einmal einen ganzen Tag oder auch länger in Anspruch nehmen – was jedoch nichts daran ändert, dass dies immer noch weit effizienter ist als der Mensch. Beispielsweise konnte das Formel-1-Team von Mercedes mit Hilfe von generativem Design eine Komponente für die Hinterradaufhängung seiner Boliden verbessern. Die Vorbereitung war zwar kostspielig und zeitintensiv, heraus kam jedoch ein Fertigungsverfahren, das statt 6 Wochen nur noch 48 Stunden dauert.
Häufig wird generativem Design der Stempel eines reinen Produktionstools aufgedrückt, obwohl sich die Technologie für alle erdenklichen Entwicklungs- und Fertigungsprozesse eignet. In der Medien- und Unterhaltungsbranche etwa dauert es in der Regel Monate, den Produktionsplan zu erstellen, umfasst er doch mehrere zehntausend Aufgaben, die zudem häufig aufeinander aufbauen. Hier wurde auf Grundlage von generativem Design die generative Planerstellung entwickelt. Wenn irgendetwas den Zeitplan durcheinanderbringt, kann die Software in kurzer Zeit alle daraus resultierenden Veränderungen ermitteln und Anpassungen vornehmen – eine unverzichtbare Fähigkeit für immer komplexer werdende Produktionen.
Auch bei der Produktverbesserung erzielt generatives Design mittlerweile Fortschritte, die früher undenkbar waren, zum Beispiel in Form von Komponenten, die 40 % weniger Material benötigen, 40 % leichter und günstiger sowie 30 % stärker sind als alles Vorhergewesene. Derartige Erfolge waren auch das ursprüngliche Ziel der Technologie und von Software wie Autodesk Fusion, und heute erschaffen sie Dinge, die das menschliche Vorstellungsvermögen übersteigen.
Ein Manko hat generatives Design jedoch: Die Technologie betrachtet nicht alle in der Vergangenheit konstruierten Brücken, um davon zu lernen und neue Entwürfe darauf aufzubauen. Oder vereinfacht ausgedrückt: Generatives Design nutzt keine Daten. Hier kommt die generative KI ins Spiel.