KI-gestützte HLK-Anlagen versprechen klimaschonende Kühlung
- Mit den weltweiten Temperaturen steigt auch die Nachfrage nach effizienten, nachhaltigen Lösungen für die Gebäudekühlung
- Ineffiziente HLK-Anlagen verbrauchen übermäßig viel Energie, die häufig aus fossilen Brennstoffen stammt, und verursachen unnötige Treibhausgasemissionen
- Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellen Lernalgorithmen kann die Nachhaltigkeit von HLK-Anlagen durch optimierte Steuerungsstrategien, vorausschauende Instandhaltung, Fehlerdiagnose und Auslastung verbessert werden
Mit einem globalen Durchschnitt von 16,95° C war der Juli 2023 der heißeste jemals gemessene Monat: An vier Tagen hintereinander erreichten oder übertrafen die Temperaturen den bisherigen Hitzerekord. Wenn klimatische Ausnahmezustände weltweit zur Normalität werden, nehmen die Risiken für die menschliche Gesundheit und die agrarwirtschaftliche Produktion ebenso zu wie die Gefahr verheerender Flächenbrände und Dürren. Der Versuch, diese Risiken durch den massiven Einsatz effektiver Kühltechnik zu mindern, erhöht wiederum den Energieverbrauch und führt zu mehr Treibhausgasemissionen, die die Klimakrise weiter verschärfen.
Inzwischen sind sich zahlreche Staaten der dringenden Notwendigkeit bewusst, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen und ihre Treibhausgasemissionen zu senken. An der UN-Klimaschutzkonferenz COP28 in Dubai nahmen Ende 2023 über 85.000 Menschen teil. 66 Staaten unterzeichneten eine Selbstverpflichtung zur Reduzierung der kühlungsbedingten Emissionen. Von der vollumfänglichen Umsetzung seiner Empfehlungen erhofft sich das UN-Umweltprogramm UNEP bis 2050 eine erhebliche Senkung der kühlungsbedingten Emissionen um 3,8 Tonnen CO2-Äquivalent.
Um dies zu erreichen, werden innovative Lösungen gefordert sowie Verbesserungspotenziale aufgezeigt, die sich insbesondere aus der Ineffizienz der heute gängigen Kühltechnik ergeben. Für Hersteller und Betreiber von HLK-Anlagen (Heizung, Lüftung, Kühlung und Klimatisierung), die unter dem Druck stehen, die Ökobilanz, Effizienz und Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu verbessern, hält Künstliche Intelligenz (KI) möglicherweise vielversprechende Lösungsansätze parat.
Ineffiziente Kühltechnik verschärft die Erderhitzung
„Ineffiziente HLK-Anlagen verbrauchen zum Heizen, Kühlen und Belüften von Gebäuden übermäßig viel Energie, die häufig aus fossilen Brennstoffen stammt, und verursachen weltweit 4 % der Treibhausgasemissionen“, erläutert Mateusz Lukasiewicz, der bei KEO International Consultants für den Bereich digitale Projektabwicklung zuständig ist. „Der erhöhte Ressourcenverbrauch führt zu höheren Emissionen von Kohlendioxid, Methan, Fluorchlorkohlenwasserstoffen und anderen Treibhausgasen und trägt dadurch noch zur Verschärfung der Klimakrise und Umweltzerstörung bei.“
Kent Peterson, COO und Vice President bei P2S, verweist ebenfalls auf die Ineffizienz vieler handelsüblicher HLK-Anlagen. „Anlagen, die die Temperatur und den Luftstrom nicht optimal steuern können, verbrauchen übermäßig viel Energie, wodurch sich die Betriebskosten erheblich erhöhen können.“
KI wird bereits zur Verbesserung der Gebäudeeffizienz eingesetzt, und Fachkräfte für Gebäudemanagement spielen eine wesentliche Rolle bei der Erprobung und Erforschung der Anwendungsfälle für diese neuen Technologien. „Uns ist bewusst, dass ein beträchtlicher Anteil der Gebäudeemissionen und Energiekosten durch HLK-Anlagen verursacht wird. Hinzu kommen die steigenden Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit beim Betrieb von Gewerbeimmobilien“, meint James Wilton vom britischen HLK-Dienstleistungsunternehmen Absolute Climate Solutions. „Gebäudemanager stehen sozusagen an vorderster Front, wenn es um die Implementierung neuer Technologien zur Verbesserung der Systemleistung geht.“
Die Integration von KI und maschinellem Lernen erschließt ihnen dabei neue Möglichkeiten zur Optimierung des Gebäudebetriebs unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien.
„KI und maschinelle Lernalgorithmen können als automatischer Copilot genutzt werden, der große Datensätze auswertet, Optimierungsmöglichkeiten erkennt und Betriebsparameter – also Sollwerte und Systemeinstellungen – anpasst, um die Gesamtleistung des Gebäudes zu verbessern, ohne den Komfort der Menschen zu beeinträchtigen, die in dem Gebäude wohnen oder arbeiten“, glaubt Eugene Mazo, dessen Unternehmen Intelligent Spaces Group als Geschäftssparte von Acuity Brands auf die Bereitstellung von Lösungen für intelligente, sichere und umweltfreundliche Gebäude spezialisiert ist. „KI und maschinelles Lernen unterstützen bereits eine neue Generation von Tools zur Fehlererkennung und -diagnose, die Gebäudemanagement-Teams ermöglichen, Probleme schneller zu erkennen und teure, ineffiziente Betriebsabläufe im gesamten Portfolio zu vermeiden.“
5 Anwendungsbereiche für KI und maschinelles Lernen
KI-gestützte Technologien gewährleisten die Flexibilität, Präzision und Intelligenz, die zur Maximierung der Effizienz und Leistung von HLK-Anlagen bzw. Gebäuden unter unberechenbaren Bedingungen erforderlich sind. Als Beispiel für einen entsprechenden Anwendungsfall nennt Lukasiewicz digitale Zwillinge. „Diese Technologie stellt virtuelle Nachbildungen physischer HLK-Anlagen bereit, die durch KI unterstützt werden. Bauingenieure und Anlagenbesitzer können sie nutzen, um verschiedene Betriebsszenarien zu simulieren und die Auswirkungen potenzieller Änderungen oder geplanter Upgrades zu bewerten.“
Weitere vielversprechende Anwendungsszenarien für KI und maschinelles Lernen ergeben sich insbesondere in fünf Bereichen:
1. Vorausschauende Instandhaltung: Durch KI-gestützte Analyse von Daten aus HLK-Sensoren und -Anlagen lassen sich potenzielle Ausfälle oder Ineffizienzen vorhersagen, bevor sie auftreten. „KI und digitale Zwillinge revolutionieren die effiziente Verwaltung von HLK-Anlagen, indem sie Systeme über IoT-Sensoren proaktiv auf Anomalien überwachen, den Wartungsbedarf vorhersagen und die Leistung optimieren“, erläutert Lukasiewicz. Diese proaktive Wartung trägt dazu bei, dass Ausfallzeiten reduziert und teure Reparaturen vermieden werden.
2. Optimierte Steuerung: Maschinelle Lernalgorithmen können kontinuierlich die Gebäudebelegung, Wettervorhersagen und andere Faktoren analysieren, um die HLK-Einstellungen in Echtzeit anzupassen. „Mithilfe von KI lässt sich der Betrieb von HLK-Anlagen auf der Grundlage von Echtzeitdaten, Umgebungsbedingungen und Nutzungsmustern vorhersagen und steuern, was zu einer effizienteren Energienutzung führt“, so Peterson. „Digitale Zwillinge ermöglichen als virtuelle Modelle der physischen HLK-Anlagen Simulationen und Analysen zur Verbesserung der Energieeffizienz und Systemleistung ohne direkte Veränderungen an der Anlage selbst.“ Diese dynamische Anpassung gewährleistet optimalen Komfort bei gleichzeitiger Minimierung des Energieverbrauchs.
3. Erkennung und Diagnose von Fehlern: KI-Algorithmen können Anomalien in der HLK-Systemleistung erkennen, indem sie Echtzeitdaten mit erwarteten Mustern vergleichen. Die frühzeitige Erkennung von Fehlern, Lecks oder Störungen ermöglicht schnelle Reparaturen und eine verbesserte Systemeffizienz.
4. Optimierung der Energienutzung: Mithilfe maschineller Lernalgorithmen kann der Betrieb der HLK-Anlage optimiert werden, um den Energieverbrauch zu minimieren, ohne Abstriche am Komfort zu machen. Erreichen lässt sich dies etwa durch Planung des Geräteeinsatzes, Anpassung von Sollwerten auf der Grundlage von Belegungsmustern oder Integrationen mit erneuerbaren Energiequellen.
5. Dynamischer Lastausgleich: KI kann den Betrieb von HLK-Anlagen optimieren, indem die Heiz- oder Kühllasten dynamisch auf verschiedene Zonen innerhalb eines Gebäudes verteilt werden. Dieser Lastausgleich gewährleistet eine effiziente Ressourcennutzung und verhindert eine Überlastung besonders stark beanspruchter Komponenten der Kühlanlage.
KI-gestützte HLK-Technik als Schlüssel zum energieeffizienten Gebäudebetrieb
Die Optimierung der HLK-Anlage ist ein Aspekt eines energieeffizienten und nachhaltigen Gebäudebetriebs. Bei seiner Umsetzung spielen Erkenntnisse aus der Gebäudedatenanalyse eine wichtige Rolle. Ein Tool wie Autodesk Forma, das Funktionen zur schnellen Analyse des gebäudespezifischen Energiebedarfs und Mikroklimas bereitstellt, ermöglicht bereits in frühen Planungsphasen datengestützte Entscheidungen, die eine energieeffiziente Bauweise und optimalen Komfort fördern.
„Mit Blick auf die Zukunft gehen wir bei P2S davon aus, dass KI bei der Planung energieeffizienter Gebäude eine wichtige Rolle spielen wird, indem sie die Simulation verschiedener Szenarien sowie eine dynamische Leistungsoptimierung in Echtzeit ermöglicht“, so Peterson. „Digitale Zwillinge können vom Bau bis zum Betrieb des Gebäudes in großem Umfang im Lebenszyklusmanagement eingesetzt werden, was die kontinuierliche Verbesserung der Energieeffizienz und die Reduzierung der Umweltauswirkungen erleichtert.“
Lukasiewicz sieht es ähnlich. „KI und digitale Zwillinge werden für die Zukunft des nachhaltigen Bauens eine Schlüsselrolle spielen, indem sie die Optimierung der Planung, das Ressourcenmanagement, die Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Bauphase sowie automatische Reaktionen auf veränderte Bedingungen während des Betriebs unterstützen. Dies wird zur Verringerung des Energieverbrauchs, der Materialverschwendung und der Treibhausgasemissionen beitragen und gleichzeitig die Lebensdauer von Gebäuden verlängern und ihre Gesamtbetriebskosten senken.“
Eine grünere Zukunft, in der dank der nahtlosen Integration KI/ML-gestützter Technologien der Komfort und die Produktivität der Menschen, die in Gebäuden mit HLK-Anlagen wohnen, nicht auf Kosten des Planeten gehen, ist technisch machbar. Ihre tatsächliche Verwirklichung setzt die Zusammenarbeit zwischen Gebäudebetreibern, politischen Entscheidungsträgern und technologischen Innovatoren voraus.