Mit Kerzenwachs in den Orbit: Wie das deutsche Start-up HyImpulse Kleinsatelliten nachhaltig ins All bringen will
- HyImpulse ist einer der drei Finalisten des Mikrolauncher-Wettbewerbs des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und gehört zu den New-Space-Unternehmen, die Deutschland innerhalb Europas bei der Raumfahrt an die Spitzenposition bringen soll.
- 2023 soll die SL1-Kleinträgerrakete von HyImpulse die ersten Kleinsatelliten ins All befördern, angetrieben von einem nachhaltigen Hybridantrieb mit Kerzenwachs.
- Serienproduktion: Die Raketen entstehen erst virtuell am Rechner. Der digitale Zwilling reduziert Aufwand und Kosten.
Im Juli 2021 war das Thema Raumfahrt überdurchschnittlich in den Medien präsent, allerdings ging es dabei primär um das „Wettrennen der Milliardäre“. „Mitfiebern“ konnte man beim Start des SpaceShip Two vom britischen Unternehmer Richard Branson am 11. Juli und dem Flug des New Shepard von Amazon-Gründer Jeff Bezos am 20. Juli. Zusammengefasst könnte man sagen: Branson war dieses Jahr – wenn man den Zeitpunkt betrachtet – seinem Konkurrenten eine Nasenlänge voraus (blieb aber mit einer Flughöhe von 86 Kilometern unterhalb der Grenze zum Weltraum, die bei 100 Kilometern liegt), Bezos flog weiter (er erreichte mit 107 Kilometern offiziell den Weltraum).
SpaceX-CEO Elon Musk hat mit der Entwicklung der Falcon 9 und des Raumschiffs Crew Dragon in Sachen Weltraum bislang die größte Erfahrung und ist kommerziell am erfolgreichsten. Im April brachte sein Unternehmen vier Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS. Ein weiterer Flug ist noch in diesem Jahr geplant.
Angesichts der starken medialen Präsenz der ultra-reichen „Space-Cowboys“ geht ein Wettbewerb dreier deutscher New-Space-Unternehmen etwas unter. Zu Unrecht. Denn wenn das Vorhaben gelingt – nämlich per Kleinträgerraketen kleine Satelliten in die Erdumlaufbahn zu bringen – , wird dies für die breite Masse mehr Nutzen bringen als die zweifellos spektakulären Raumfahrten von Branson und Bezos.
Das „Wettrennen“ der New-Space-Start-ups in Deutschland
Das Start-up HyImpulse aus Neuenstadt am Kocher, Baden-Württemberg, war neben Isar Aerospace und Rocket Factory eines von drei Unternehmen, das sich für den „Mikrolauncher-Wettbewerb“ der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) qualifizierte. Zum Sieger des Wettbewerbs wurde am 30. April Konkurrent Isar Aerospace Technologies GmbH aus Ottobrunn bei München gekürt. Sie konnten sich über eine zusätzliche Finanzspritze von elf Millionen Euro aus den Töpfen der Europäischen Weltraumorganisation ESA freuen.
Die Enttäuschung hielt sich bei den jungen Forschern von HyImpulse indes in Grenzen. Co-CEO Christian Schmierer war vom Ausgang des Wettbewerbs nicht sonderlich überrascht: „Es war eigentlich klar, dass Isar Aerospace die erste Runde gewinnen wird, da sie bisher die größte Finanzierung vorweisen können.“ Die Bewertung der Technologie habe nur zu 30 % eine Rolle gespielt. „Es ist die einzigartige Antriebstechnik, die HyImpulse von seinen Mitbewerbern abhebt“, sagt Schmierer.
„Mehr Öko“ als die anderen: HyImpulse nutzt einen ungewöhnlichen Treibstoff
Mit Kerzenwachs ins All: Was auf den ersten Blick etwas verrückt klingt, ist durchaus realistisch und bereits erprobt. Dass HyImpulse auf Kerzenwachs als zweite Antriebskomponente neben flüssigem Sauerstoff setzt, macht den Antrieb zunächst einmal sicherer. Wenn statt normalem Kerzenwachs auch noch Öko-Paraffin verwendet wird – was spätestens 2030 der Fall sein soll – sind die Voraussetzungen dafür geschaffen, klimaneutral abzuheben.
Christian Schmierer erläutert, warum die Antriebstechnologie von HyImpulse nachhaltiger ist als alle anderen: „Bei einem Absturz verursachen wir keine Umweltkatastrophe; die Rakete kann nicht explodieren und das Paraffin lässt sich einsammeln und wieder einschmelzen. Auch für unsere Mitarbeiter ist es viel sicherer, damit umzugehen. Stürzt dagegen eine Rakete ab, die Kerosin als Treibstoff geladen hat, wird das Meer oder der Boden verunreinigt.“
Was aber braucht es, damit eine Rakete klimaneutral ins All startet? Normales Wachs beziehungsweise Paraffin ist erst einmal ein Abfallprodukt der Erdölindustrie. Es würde ähnlich wie Kerosin der Umwelt schaden. Um aus Paraffin Öko-Paraffin zu machen, muss es künstlich hergestellt werden. „Wir entziehen der Luft Kohlendioxid und stellen damit das Paraffin her und beim Start gelangt es wieder in die Luft, sodass der Flug insgesamt CO2-neutral sein wird“, bringt es Co-CEO Schmierer auf den Punkt.
Wie es gelingt, Raketenbau und Raumfahrt grüner zu machen
Dr. Peter Rickmers vom DLR nimmt uns ein Stück mit in die Welt der Chemie. Dr. Rickmers arbeitete bis 2016 am Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der Universität Bremen und hat dort u. a. einen Hybridantrieb mit Flüssigsauerstoff und Paraffin entwickelt. Heute leitet er beim DRL das Projekt „ReFEx“ (Reusability Flight Experiment).
Wenn man den Projektleiter fragt, dann ist Wachs nichts anderes als eine Aneinanderreihung von „Cs und Hs“, also Kohlenstoff und Wasserstoff. „Je mehr Cs und Hs in einer Reihe, desto fester wird der Stoff – zuerst wird er ölig, dann gelig, dann Wachs.“ Der Projektleiter weiter: „Der Clou ist, wo hole ich die Cs und Hs her? Hole ich diese aus einem Prozess, der grün ist oder pumpe ich sie aus prähistorischen Zeiten aus dem Boden?“ Komplett klimaneutral wäre ein Raketenstart laut Rickmers, wenn der Kohlenstoff zum Beispiel aus der Luft stammt und grüner Strom aus erneuerbaren Energiequellen verwendet wird, also zum Beispiel aus einem Solarkraftwerk, um aus Wasser Wasserstoff herzustellen. Bei der Verbrennung entsteht dann Wasser, das als Wasserdampf letztendlich wieder im Ozean landet, und das CO2, das man vorher aus der Luft geholt hat.
Wie Christian Schmierer betont, hat HyImpulse genau das vor: nämlich für die Herstellung des Kerzenwachs erneuerbare Energien zu nutzen und dafür das sogenannte „Carbon Capture“ einzusetzen. „Sobald die Finanzierung steht, beginnen wir kommendes Jahr mit der Entwicklung.“
Bis 2030 klimaneutral ins All
2030 soll die Antriebstechnologie von HyImpulse soweit ausgereift sein, dass sie CO2-neutral ist. Dass das Start-up, das mittlerweile über 60 Mitarbeitende am Standort in Baden-Württemberg beschäftigt, dieses ehrgeizige Ziel erreichen wird, davon ist Schmierer überzeugt. Selbstbewusst sagt er: „Wir haben das höchste technische Know-how von allen Mitbewerbern.“
Seit über zehn Jahren entwickelt und testet HyImpulse bereits Raketentriebwerke; die Grundlagenforschung begann 2006, als der jetzige CEO Mario Kobald noch an der Uni Stuttgart forschte. Das heutige Führungsteam um Kobald lernte sich dort über die Studentengruppe HyEnD kennen. Gemeinsam gelang den vier Tüftlern 2016 ein studentischer Weltrekordflug: ihre Amateurrakete, angetrieben von einem Hybridantrieb, erreichte damals die Höhe von 32,3 Kilometern. Parallel zum Studium arbeiteten alle vier als Testingenieure beim DLR in Lampoldshausen. Ihr 2018 gegründetes Start-up wurde von der EU mit 2,5 Millionen Euro gefördert. Zudem fand sich ein finanzkräftiger Investor in Person von Prof. Dr. Rudolf Schwarz von der TU München.
2023 soll die Trägerrakete SL1 die ersten Satelliten „huckepack“ nehmen
Im Moment arbeitet das 60-köpfige Team in Neuenstadt am Kocher parallel an zwei Raketen-Projekten: Eines davon ist eine suborbitale Rakete, deren Antriebssystem im Winter 2021/2022 im Flug getestet werden soll. Suborbital heißt, es geht hoch und wieder herunter und die Rakete erreicht keine Erdumlaufbahn. Die Sounding Rocket soll der Forschung und Erdbeobachtung dienen. „Bisher wurde das Triebwerk am Boden getestet. Jetzt müssen wir auch den Zweiflern zeigen, dass die Technik funktioniert“, skizziert Schmierer den nächsten großen Meilenstein.
Das große Ziel aber heißt: Jungfernflug der Small-Launcher-Trägerrakete. Die SL1 soll 2023 zum Testflug abheben und in der Lage sein, 500 Kilogramm Nutzlast zu transportieren – so der Plan, wenn Corona oder Lieferengpässe den Baden-Württembergern keinen Strich durch die Rechnung machen. CEO Dr. Mario Kobald formulierte es auf einer virtuellen Pressekonferenz salopp so: „Wir schaffen einen Linienflugverkehr im Weltraumtransport.“
Potenzielle Kunden von HyImpulse sind die Satellitenbetreiber. „Schon der erste Flug kann Satelliten mit an Bord haben. Da es ein Testflug ist, muss der Kunde bereit sein, ein etwas höheres Risiko zu tragen“, sagt Schmierer. Das Geschäftsmodell: Kunden zahlen pro Kilogramm Nutzlast. Der anvisierte Preis: 16.000 Euro pro Kilogramm. Durch eine Serienproduktion will das Unternehmen die Kosten bis 2030 auf 7.000 Euro pro Kilogramm reduzieren. Rechnet man die gesamte Entwicklungsarbeit mit ein, schätzt Schmierer die Kosten für einen Start zwischen 600.000 bis eine Million Euro. Nach dem Jungfernflug könnte es schnell gehen: Für das Jahr 2025 peilt HyImpulse sechs Weltraumstarts an; ab dem Jahr 2030 sollen es dann schon mehr als 30 Starts im Jahr sein.
Weniger Kosten beim Raketenbau durch Produktion in Serie
In den kommenden zehn Jahren sollen am Standort in Neuenstadt am Kocher bis zu 50 Raketen pro Jahr gebaut werden und insgesamt etwa 400 Triebwerke entstehen. Diese ambitionierten Pläne zu realisieren, ist unter anderem nur möglich, weil die Raketen zuerst digital am Computer entstehen und die Mitarbeitenden zum Beispiel Lasten und Spezifikationen der Triebwerke vorab simulieren – mit Hilfe der Software Fusion 360 von Autodesk.
Neue Funktionen lassen sich sofort virtuell testen, Konstruktionsfehler während des Raketenbaus werden vermieden. Geschäftsführer Schmierer: „Wir haben uns für Fusion 360 entschieden, zum einen weil es ein sehr flexibles System ist, das man gut anpassen kann und es sehr einfach ist, einzelne Bauteile digital zu planen und zu einer Rakete zusammenzusetzen. Zusätzlich überlegen wir gerade, auch Autodesk Inventor einzusetzen, was sinnvoll ist, wenn man größere Baugruppen plant.“
Und der Bedarf? Ist das Geschäftsmodell tragfähig und wird es genug Kunden geben? Bisher wurden offiziell zwei „MoU“, also „Memorandum of Understanding“ öffentlich gemacht, nämlich mit dem Start-up Yuri, das sich auf Mikrogravitationsforschung spezialisiert hat, und Exolaunch, das „Mitfahrgelegenheiten“ für Satelliten anbietet. Über weitere potenzielle Kunden, die ihr Interesse signalisiert haben und ebenfalls eine Absichtserklärung unterschrieben haben, äußert sich HyImpulse nicht. Doch dass ihre Dienstleistung gefragt sein wird, daran haben die Raketentüftler keinen Zweifel.
Je mehr Satelliten im Orbit, desto präziser die Vorhersagen
Firmen wie HyImpulse sehen viel Umsatzpotenzial in ihrem Vorhaben, Kleinträgerraketen zu entwickeln, um kleine Satelliten ins All zu bringen. „Kleine Satelliten dienen beispielsweise dazu, den Klimawandel besser zu verstehen und werden in Zukunft dazu beitragen, die Umwelt zu schützen“, betont Schmierer. Je mehr Satelliten im All, desto besser lassen sich bisher wenig erschlossene Gebiete erfassen und analysieren.
Es wird Kommunikationssysteme geben, die sich auf Schiffs- oder Flugzeugkommunikation spezialisieren, und neue Anwendungen, die den Zustand von Schienennetzen oder Pipelines kontrollieren. „All diese Firmen wären die Kunden unserer Kunden“, so Schmierer.
Der Geschäftsführer sagt voraus, dass „es eine Vielzahl an Firmen geben wird, die die Daten auswerten“. Doch Voraussetzung dafür ist, dass es Firmen wie HyImpulse gibt, die ihre hochfliegenden Pläne umsetzen und den Satellitenherstellern die Möglichkeit geben, ihre Satelliten in die Umlaufbahn zu bringen.
Kurz gesagt: Je mehr Satelliten im Umlauf, desto mehr Daten, desto besser die Voraussagen. Schon heute hängen viele Dinge in unserem Alltag von der Raumfahrt ab. Vielen sei das gar nicht bewusst, meint DLR-Projektleiter Dr. Peter Rickmers: „Ohne die Satellitenkommunikation wären viele Bereiche beeinträchtigt oder würden gar zusammenbrechen – von Navigation und Wettervorhersagen über den Börsenhandel bis hin zum Katastrophenschutz.“ Wer mehr darüber wissen will, dem empfiehlt Rickmers das Video des DLR „Ein Tag ohne Raumfahrt“.
Wenn die New-Space-Unternehmen ihre Pläne wahr machen und das Netz an Satelliten dichter wird, würden Autofahrer von präziseren Vorhersagen profitieren, wo ein Stau droht; Unglücksstellen können präziser geortet und Flutkatastrophen exakter vorhergesagt werden. Bauern wären in der Lage, punktgenau zu düngen und zu gießen, weil die Daten aus dem All genau zeigen, wo das Feld besonders trocken ist.
„Trägerraketen sind der Schlüssel“
Schmierer sieht in der Entwicklung der Antriebstechnologie den Schlüsselfaktor, um sich im internationalen Wettbewerb und in der Runde der drei deutschen New-Space-Start-ups auf lange Sicht an die Spitze zu setzen: „Unsere Trägerraketen sind der Schlüssel, um in den Orbit zu kommen. Und wenn man den Schlüssel in der Hand hat, findet man auch Nutzlast und Kunden.“ Bis dahin bleibe alles ein reines Versprechen auf Papier.
Mit Blick auf die Konkurrenz ist er überzeugt, dass HyImpulse beste Voraussetzungen hat, ihre ambitionierten Pläne Realität werden zu lassen. Weltweit gäbe es nur etwa 20 Start-ups in der gleichen Liga und in Europa sei es nur eine Handvoll, die eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellten. Vielen Start-ups fehle es an Know-how und ihr Geschäftsmodell gehe über Papierstudien nicht hinaus, so der Co-CEO. Seiner Meinung nach sind die drei Unternehmen, die in die Endrunde des Mikrolauncher-Wettbewerbs kamen, die seriösesten und vielversprechendsten. Ein Grund also, dass Deutschland in Sachen Raumfahrt selbstbewusst in die Zukunft schauen kann?
Space-Race-Schauplatz Europa: Deutschland bald Nr. 1?
Laut Dr. Rickmers vom DLR haben die Europäer einiges aufzuholen, wenn es um den Transport ins Weltall geht. Er schätzt, dass „wir etwa 15 Jahre der Entwicklung in den USA hinterherhinken.“ Doch jetzt setzten Start-ups wie Isar Aerospace, Rocket Factory und HyImpulse die richtigen Impulse, so der DLR-Projektleiter.
Auch Christian Schmierer lobt die Bedingungen, die die Jung-Raumfahrer mittlerweile in Deutschland vorfinden: „Die Ausbildung, die Ingenieure und die technische Infrastruktur – in all dem sind wir top. Woran es noch mangelt, ist die bürokratische Flexibilität.“ Das sei auch der Grund, warum man die Triebwerke bisher auf den schottischen Shetland-Inseln testen musste. Schmierer wünscht sich mehr Risikofreude bei allen Förderern der Raumfahrt, doch der Staat freut sich, dass es nunmehr private Firmen sind, die das Risiko tragen. Das ist eine der großen Neuerungen, die die Raumfahrt heute und der Zukunft prägen wird. Der Staat schlüpft mittlerweile gerne in die Rolle des Kunden statt des Auftraggebers. Auch das hat man inzwischen von den USA gelernt, wo Elons Musk mit seinem Unternehmen SpaceX das finanzielle Risiko trägt, aber weiterhin der US-amerikanische Staat der größte Auftraggeber für dessen Missionen ist.
In der offiziellen Pressemitteilung des BMWi vom 30. April äußert sich Thomas Jarzombek, Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, Schirmherr und Jury-Vorsitzender des Mikrolauncher-Wettbewerbs der Deutschen Raumfahrtagentur und Start-up-Beauftragter im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), begeistert über die drei Start-ups, die allesamt „das Potenzial hätten, die europäische Raumfahrt zu disruptieren“.
Weiter heißt es: „… diese Unternehmen [würden] im Gegensatz zur klassischen Raumfahrt ihre Raketen mit privaten Geldern und nicht auf Kosten der Steuerzahler entwickeln. Das ist ein radikaler Wechsel der Paradigmen. Damit rüstet sich Deutschland für eine neue Ära der Raumfahrt, die von Manufaktur zur Industrie wird. Wir wollen hier vorne mit dabei sein und unseren Status als Nr. 1 Standort in Europa weiter ausbauen.“
Rauf in den Orbit und wieder runter
Neben der ganzen Entwicklungsarbeit rund um saubere Antriebstechnologien, darf man nicht vergessen, dass alles, was nach oben kommt, im Idealfall auch wieder runter soll. Die Tatsache, dass die Anzahl der Satelliten in der Erdumlaufbahn in den kommenden Jahren überproportional steigen wird, muss auch dazu führen, dass das Problem „Weltraumschrott“ angegangen wird. Im Podcast WeltraumWagner prognostiziert Holger Krag, Leiter des Programms für Weltraumsicherheit bei der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA in Darmstadt, dass in ein paar Jahren mehr Satelliten starten werden als bisher in der Geschichte der Raumfahrt. „Hier findet momentan eine Revolution statt“, so Krag. Momentan sind laut ESA etwas mehr als 7.500 Satelliten im Orbit, davon seien 4.500 funktionsfähig, der Rest der Satelliten ist Schrott, erfährt man im Raumfahrt-Podcast der ARD-Audiothek.
Der Gesetzgeber in Deutschland zaudert noch, sich dieses Problems anzunehmen. Derweil sind die ESA-Kontrolleure in Darmstadt etwa alle zwei Wochen damit beschäftigt, einen ihrer Satelliten vor der Kollision mit einem anderen zu bewahren, erzählt Holger Krag gegenüber dem WeltraumWagner. Hier fehle es noch an Regeln und Standards, bemängelt der Leiter des Programms für Weltraumsicherheit bei der ESA. Das sei eine Herausforderung für die Zukunft. Um diese Herausforderung anzugehen, arbeitet die ESA mit dem Schweizer Start-up ClearSpace zusammen, das sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2025 die erste Mission zur Müllentsorgung im All durchzuführen. Und dann käme wieder eine Firma wie HyImpulse ins Spiel. „Auf dem Rücken“ ihrer Kleinträgerrakete könnte das Modul in den Weltraum gebracht werden, um dort den Schrott einzusammeln und wieder in die Erdatmosphäre herunterzubringen.
Was die Raketen selbst angeht, arbeiten die Weltraumforscher daran, dass diese wieder heil am Boden landen, um sie wiederzuverwenden. Um die Raumfahrt nachhaltiger zu machen, ist das neben der Entwicklung von grünen Antrieben ein weiterer wichtiger Baustein, den die Space-Labs auf dem Schirm haben müssen. Denn der Weg ins All hat nur eine Zukunft, wenn die Erde dabei nicht zu Schaden kommt.