Wie ein Start-up mit einer neuen Magnetschwebebahn Europa vernetzen will
Weltweit ist der Flugverkehr in den letzten fünf Jahren kontinuierlich angestiegen. Lässt sich daraus schließen, dass Menschen gerne fliegen? Ganz im Gegenteil. Seit Jahren bemängeln Passagiere die Qualität und den Komfort von Flugreisen. Eine Alternative könnte nun eine neue Magnetschwebebahn sein, die bis zu 1.000 km/h fahren kann. Ein Start-up aus Spanien arbeitet derzeit an der sogenannten Hyperloop-Technologie und möchte Europa damit vernetzen.
Aufgrund dieser Unzufriedenheit suchen Passagiere nach praktikablen Alternativen zum Fliegen. Eine Option wäre die Hyperloop-Technologie: Sie ist im Wesentlichen eine Magnetschwebebahn, die sich mit einer Geschwindigkeit durch eine Röhre bewegt, die Flugzeuge in den Schatten stellt.
Zu den Fürsprechern der Hyperloop-Technologie gehören namhafte Hightech-Visionäre wie Elon Musk und Richard Branson – treibende Kräfte hinter einigen der ausgereiftesten und bestfinanzierten Projekte auf diesem Gebiet. Jetzt hat die spanische Firma Zeleros eine neuartige Hyperloop-Vision entwickelt, die das ursprüngliche Konzept auf den Kopf stellt.
„Wir haben uns alternative Hyperloop-Konzepte und die in China und Japan gebauten Magnetschwebebahnen angeschaut“, erklärt Juan Vicén, Mitbegründer und Leiter Marketing von Zeleros. „Die Schwierigkeit besteht darin, dass über die gesamte Strecke hinweg Spulen installiert werden müssen, um das Fahrzeug anzutreiben und anzuheben. Das erhöht die Kosten und die Komplexität des Systems. Wir haben jetzt Spulen gebaut, die nicht das gesamte Schienensystem, sondern nur das Fahrzeug selbst antreiben. Das Fahrzeug ist autonom – es fährt und schwebt selbstständig. Die Infrastruktur kostet also viel weniger.“
Mit dem Ziel, Gewicht zu reduzieren und die Festigkeit zu erhöhen, unterstützte Zeleros seinen Planungsprozess mithilfe von Autodesk Eagle, Inventor und Fusion 360 für Generatives Design. Das Ergebnis war ein optimiertes Schwebesystem, das im 3D-Druck produziert werden kann. „Mithilfe von Generativem Design haben wir es geschafft, das Gewicht der Konstruktion um etwa 30 % zu reduzieren und gleichzeitig die Festigkeit um 50 % zu erhöhen“, berichtet Vicén.
Dem Fliegen überlegen
Das für 50 bis 100 Fahrgäste konzipierte Fahrzeug schwebt mithilfe von Magneten auf einem millimeterdünnen Luftpolster und gleitet mit Geschwindigkeiten von bis zu 1.000 Kilometern pro Stunde durch ein druckloses Rohr. „Ohne den Erdboden zu verlassen, können wir die Geschwindigkeit eines Flugzeugs erreichen,“ sagt Vicén.
Da der Hyperloop ein elektrisch betriebenes Transportsystem ist, trägt es nicht unmittelbar zum Kohlendioxid-Ausstoß bei – ein wichtiger Vorteil gegenüber dem Flugverkehr.
Um den Luftwiderstand zu verringern, fliegen Passagierflugzeuge in mehr als zehn Kilometern Höhe, verbrauchen dabei jedoch große Mengen an Energie und verursachen einen Großteil des kohlenstoffreichen Abgases. Hyperloop-Fahrzeuge brauchen zur Minderung des Luftwiderstands nur wenige Millimeter über der Strecke zu schweben. „Wir können den Energieverbrauch des Fahrzeugs gegenüber einem Flugzeug auf ein Viertel reduzieren,“ sagt Vicén.
Zeleros bezeichnet das eigene Antriebssystem im Vergleich zu anderen Hyperloop-Entwürfen als einzigartig. „Wir haben einiges mit anderen Hyperloop-Entwicklern gemein,“ sagt Vicén. „Aber letztendlich glauben wir, dass unser Ansatz sowohl kosteneffizienter ist als auch ein angenehmeres Reiseerlebnis für Passagiere bieten wird.“ Als vielleicht ebenso wichtigen Punkt führt Vicén an, dass das System von Zeleros Technologien und Komponenten verwendet, die sich bereits in herkömmlichen Transportsystemen wie Hochgeschwindigkeitsbahn und Luftfahrt bewährt haben.
Darüber hinaus baute Zeleros zum Schutz der Fahrgäste eine Reihe redundanter Systeme für Druckaufbau, Antrieb und Bremsung ein – insbesondere für den Fall eines Stromausfalls, der das Fahrzeug zum Stehen bringen würde. Entlang der Strecke werde es in regelmäßigen Abständen Seitengleise mit Notausgängen geben, erklärt Vicén. Wenn man irgendwo auf der Strecke eine Stromunterbrechung feststellen würde, werde das Fahrzeug für deren Dauer umgeleitet oder man werde die Fahrgäste an einem Ausgang mit Normaldruck aussteigen lassen.
Besser und angenehmer reisen
Der Schlüssel zur Akzeptanz und zum Erfolg von Hyperloop wird das Fahrerlebnis sein. Das Gefühl bei der Fahrt werde sich kaum vom Fliegen unterscheiden, sagt Vicén. Sobald das Fahrzeug seine Reisegeschwindigkeit erreiche, würden die Fahrgäste die schnelle Bewegung nicht mehr wahrnehmen. Bei der Streckenplanung werde auf einen möglichst sanften Kurvenverlauf geachtet und das Abbremsen werde sich ähnlich anfühlen wie Abstieg und Landung in einem Flugzeug – eher noch etwas weicher als das abrupte Aufsetzen auf einer Landebahn.
Optisch werde es dafür einen großen Unterschied geben. Das fensterlose Hyperloop-Fahrzeug könne einigen Fahrgästen möglicherweise das Gefühl vermitteln, eingeschlossen zu sein. Dies könnte sich als limitierender Faktor für die Akzeptanz von Hyperloop auf langen Strecken erweisen, wie Vicén eingesteht. Bei Fahrten von 30 bis 60 Minuten würden die meisten Menschen Hyperloop jedoch nicht als übermäßig eng empfinden. Dennoch arbeitet Zeleros an der Entwicklung von Unterhaltungsangeboten zur Ablenkung der Fahrgäste. „Wir könnten zum Beispiel Bildschirme einbauen, damit die Passagiere sehen könnten, was außerhalb der Röhre vor sich geht“, führt Vicén aus. „Möglicherweise lässt sich auch eine Internetverbindung einrichten, um an Bord arbeiten zu können.“
Auf langen Strecken mag der Flugverkehr in puncto Wirtschaftlichkeit noch die Nase vorn haben. „Aber für mittlere Strecken – so zwischen 500 bis 1.500 Kilometer – könnte Hyperloop eine ideale Reiselösung sein“, sagt Vicén.
„Das größte Potenzial sehen wir in der Anbindung von Großstädten – den wichtigsten Ballungszentren, in denen bereits viel Flugverkehr herrscht: Barcelona nach Paris zum Beispiel“, fährt er fort. „In der EU gibt es bereits öffentliche Kampagnen, die eine Nutzung der Schiene anstelle des Luftverkehrs fördern, aber Hochgeschwindigkeitszüge können teurer sein als Flugreisen. Auf diesen Routen könnte Hyperloop sinnvoll sein.“
Die Gesamtreisezeit von Tür zu Tür könnte sich für Hyperloop-Reisende stark verringern, da zusätzliche Reisezeiten zu und von Flughäfen eingespart würden. Flughäfen liegen notwendigerweise weit entfernt von dicht besiedelten Gebieten, und die Anfahrt dorthin ist oft teuer und zeitaufwendig. Eine Hyperloop-Haltestelle dagegen könnte sich, wie klassische Bahnhöfe, mitten im Stadtzentrum befinden.
Andere Einsatzmöglichkeiten
Weiteres Potenzial sieht Zeleros in der Entwicklung von Hyperloop-Frachtrouten zwischen Hafenstädten wie Algeciras in Südspanien und Hamburg oder Rotterdam in Nordeuropa oder den großen Logistikzentren in Frankfurt und Toulouse.
Mit dem richtigen Ansatz würden die Kosten für den Bau einer Hyperloop-Infrastruktur laut Vicén im gleichen Bereich liegen wie bei einer Hochgeschwindigkeitsbahn. Die Kapitalbeschaffung für den Bau der Rohre sei in gewisser Weise noch der einfachere Part. Die Schwierigkeit bestehe in vielen Märkten darin, das Wegerecht für das Gelände, über dem die Rohre verlaufen, zu erwerben. Das gleiche Problem habe auch schon in den USA den Bau der Hochgeschwindigkeitsbahn blockiert – eine gleichermaßen politische wie auch praktische Hürde.
„Was uns die Sache erleichtert, ist, dass Hyperloop auf Pfeilern betrieben werden kann“, sagt Vicén. „Vielleicht muss das Gelände, über das unsere Rohre verlaufen, nicht einmal gekauft werden. Wir könnten das Land unter den Pfeilern mieten – ähnlich wie bei einem Kommunikationsnetz.“
Um das Konzept weiterzuentwickeln und zu vermarkten, arbeitet Zeleros mit einem Verbund europäischer Partner zusammen und baut derzeit eine knapp zwei Kilometer lange Teststrecke in der spanischen Stadt Sagunto. Im nächsten Jahr soll ein Modell des Fahrzeugs im Maßstab 1:3 getestet werden, um die Realisierbarkeit der Technologie zu prüfen.
„Ziel ist es, bis Mitte 2020 unsere Technologie im Maßstab von 1:3 zu validieren und nachzuweisen, dass wir alle Systeme integrieren und das Transportsystem effizient betreiben können“, erklärt Vicén. „Damit könnten wir von den europäischen Staaten Unterstützung für den im Jahr 2021 geplanten Bau einer vollständigen Teststrecke bekommen. Wir sind zuversichtlich, dass wir das System bis 2023 im realen Maßstab vorführen können.“
Zeleros hofft, bis 2025 die ersten Frachtstrecken und bis 2027 die ersten Passagierstrecken für den kommerziellen Betrieb zu eröffnen. Abschließend sagt Vicén: „Wenn wir erst einmal erfolgreich Waren transportieren können, sind wir auf dem besten Weg dahin, auch Passagiere zu befördern.“