Wie KI in der Architektur Entwurfsprozesse verändert
- Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Architektur steckt noch in den Kinderschuhen – dennoch kann die Technologie schon heute viel zur Lösung praktischer Probleme beitragen und sich bei der Visualisierung von Visionen durch die Erzeugung detaillierter Bilder auszeichnen
- Architekturschaffende können diese beiden Kompetenzen an die KI auslagern und eine eher kuratierende Rolle im Entwurfsprozess einnehmen, indem sie die von der KI generierten Optionen aufgreifen oder verwerfen
- Die Einschränkungen der KI in der Architektur liegen bisher darin, diese beiden Kernkompetenzen zu verbinden: Noch kann die KI aus den erzeugten Bildern keine ausführungsreifen Baupläne erstellen und umgekehrt
Der Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Architektur nimmt Fahrt auf und leistet schon jetzt Außerordentliches. Dabei befindet sich die Technologie allenfalls in einem Zwischenstadium ihrer Entwicklung. Schon jetzt kann KI einfache praktische Probleme der Entwurfspraxis mit unübertroffener Geschwindigkeit lösen und gleichzeitig zahllose Variationen kreieren – beispielsweise, wenn es um die Gestaltung von Grundrissen geht. Mit einem kurzen Textbefehl kann KI sogar umfassende und kreative Entwurfsvisionen erstellen, und dabei auf das gesamte Bildmaterial des Internets zurückgreifen. Der Knackpunkt, an dem es noch hapert, ist die Zusammenführung dieser beiden Seiten des Entwurfsprozesses – der eigentliche wissenschaftliche und künstlerische Kern der Architektur.
Wenn man eine architektonische Beschreibung wie „Ecotopia Flintstones California-Bungalow-Stil in den Asphaltgruben“ in einen Bildgenerator wie MidJourney einspeist, kommt dabei nichts Bauwürdiges heraus. Und die unzähligen algorithmisch generierten Grundrisse lassen sich nicht skalieren, um mehr als eine effiziente Raumnutzung auszudrücken – zumindest noch nicht. Die Verbindung dieser beiden Fähigkeiten wird jedoch der vielleicht tiefgreifendste entwurfstechnische Fortschritt im Zeitalter der KI sein.
Wie KI heute in der Architektur eingesetzt wird
Die Anwendung von KI in der Architektur basiert auf Computerprogrammen, die die menschliche Kognition nachahmen, um komplexe Probleme zu lösen und dynamisch auf Stimuli zu reagieren. Ein eng verwandtes Teilgebiet ist das maschinelle Lernen. Dieses bezieht sich auf die Fähigkeit eines KI-Systems, Muster zu erkennen, daraus zu lernen und seine kognitiven Fähigkeiten ohne menschliches Zutun selbständig zu verbessern.
Inzwischen hat die KI in der Architektur in allen Teilprozessen des Entwurfs Bedeutung erlangt. Durch die Analyse von Bildmaterial aus dem Internet können Bildgeneratoren wie Midjourney aus kurzen Textanweisungen inzwischen äußerst detaillierte Bilder in nahezu Fotoqualität generieren. In der frühen Phase eines Projekts, in der es um konzeptionelles Brainstorming geht, kann die KI so eine große Hilfe sein. Sie stellt eine Art digitales Äquivalent für die ersten Skizzen auf dem vielzitierten Bierdeckel dar. Die so generierten Bilder sind auch für die Kommunikation mit der breiten Öffentlichkeit hilfreich und können in Marketing- und Werbematerialien verwendet werden, um grundlegende Entwurfsideen und Zusammenhänge zu veranschaulichen.
Spezialisierte KI-Tools können Entwürfe im Hinblick auf die Gebäudeperformance optimieren, aus einfachen programmatischen und räumlichen Vorgaben Grundrisse generieren und diese dynamisch umgestalten, wenn Wände verschoben werden. Diese in einem Architekturbüro alltäglichen Aufgaben lassen sich also bereits automatisieren. Derzeit arbeiten KI-Entwickler an der Integration natürlicher Sprachverarbeitungsmodelle wie ChatGPT in derartige KI-basierte Tools für architektonische Anwendungen. Die KI-gestützte Generierung von Grundrissen ist eine Art des parametrischen Entwerfens, die in der Architektur seit langem etabliert ist, um endlose formale Variationen zu erzeugen.
Mit zunehmend leistungsfähigen KI-Technologien können Architekten und Planer inzwischen jedoch auch Formen des KI-basierten Generativen Designs in ihre Workflows integrieren, die mehr können, als unzählige Variationen auf der Grundlage von Randbedingungen zu erzeugen. Diese sind darüber hinaus auch in der Lage, die Qualität der einzelnen Varianten anhand von nutzerseitig definierten Metriken zu bewerten und zu vergleichen.
Viele Architekten haben sich mittlerweile daran gewöhnt, dass ihre Entwürfe durch digitale Prozesse wie Building Information Modeling (BIM) vermittelt werden. Durch den Einsatz der KI erhöht sich die Leistungsfähigkeit der verwendeten Modelle nochmals erheblich. In vielerlei Hinsicht stellen digitale Zwillinge, die alle formalen Daten über ein Gebäude und dessen Leistung enthalten, die logische Weiterentwicklung von BIM dar. Diese Modelle könnten mit KI nicht nur auf Herz und Nieren getestet werden. Es könnte auch untersucht werden, wie sich die Änderung einer Variable auf die Energieeffizienz des Gebäudes, den solaren Wärmegewinn oder den Schattenwurf auf der anderen Straßenseite auswirkt. So könnte KI kontinuierlich und unabhängig lernen und planerische und betriebliche Optimierungen entwickeln. Die Daten für diese neue Technologie liefern IoT-vernetzte Sensoren und Geräte, die ihre Informationen über das Internet der Dinge direkt an digitale Zwillinge weitergeben.
Die besonderen Stärken von KI in der Architekturpraxis
Die größten Vorteile bietet der Einsatz von KI in Architekturunternehmen bisher immer dann, wenn alltägliche, sich wiederholende Aufgaben und schrittweise Entwurfsoptimierungen von der Technologie erledigt werden können. Die dabei eingesetzte Art der KI wird als Artificial Narrow Intelligence beziehungsweise als „schwache KI“ bezeichnet und ist auf spezifische Aufgaben oder Probleme spezialisiert. Dabei ist der Einsatz von KI besonders effektiv, wenn sich Aufgaben dieser Art überschneiden, was häufig der Fall ist. Die KI kann ein Wohnhochhaus im Handumdrehen mit Wohneinheiten füllen, die nach den Vorgaben des Bauherren zugeschnitten sind, und diese auf unterschiedliche Stufen der Material- und Kosteneffizienz ausrichten. Darüber hinaus können die Bildgeneratoren auch als „Moodboard“ für Entwurfsinspirationen dienen und eine schnelle visuelle Synthese aus umfangreichen Bildbibliotheken bieten. Diese detailreichen Bilder können Architekten ein ästhetisches Leitbild geben, das sie für die konstruktive und technische Gestaltung verwenden.
In beiden Fällen übernehmen Architekten eine übergeordnete, kuratorische Rolle, anstatt jede einzelne Entwurfsentscheidung selbst zu treffen. Sie legen Parameter fest, wählen Optionen aus und verwerfen sie wieder. Dabei lenken und „beraten“ sie die Algorithmen förmlich. Dies stellt eine radikale Veränderung in der Praxis der Architektur dar, deren Grenzen nicht ganz klar sind: Handelt es sich bei diesem neuen Werkzeug lediglich um ein arbeitssparendes Hilfsmittel wie CAD oder BIM oder stellt es eine grundlegende Veränderung des kreativen Prozesses dar?
7 Beispiele für den Einsatz von KI in Architekturprojekten
Noch bevor die Planer mit der Erstellung von Iterationen beginnen, können automatisierte Tools zur Verwaltung von Standort- und Kontextdaten Unklarheiten und damit auch Risiken beseitigen. Diese Tools machen technische, programmierintensive Aufgaben für Nicht-Programmierer wie Architekten oder Ingenieure leichter zugänglich. Von Forschungsprojekten bis hin zu kommerziellen Produkten zeigen die folgenden Beispiele, wie KI in der Architektur eingesetzt werden kann, um Planungsprozesse zu verbessern, sodass die menschliche Kreativität im Mittelpunkt stehen kann.
1. KI generiert Vorentwürfe aus wenigen Vorgaben selbstständig
Finch ist ein parametrisches Entwurfswerkzeug mit einer Vielzahl von Funktionen. Es kann Grundrisse aus nur wenigen Vorgaben generieren, und diese Entwürfe bei Änderungen automatisch in Echtzeit anpassen. Dabei können Nutzer Wände verschieben und direkt zusehen, wie die angrenzenden Räumlichkeiten ihre Proportionen, Lage, Funktionsaufteilung und die darin enthaltenen Möbel automatisch verändern. Die Plattform berücksichtigt die lokalen Bauvorschriften und ermöglicht die Optimierung nach bautechnischen Gesichtspunkten, der Anzahl der Einheiten oder anderen Variablen. Mit dem Tool lassen sich sehr schnell Grundrisse innerhalb vorgegebener geometrischer Grenzen erstellen, unregelmäßige, organische Formen aufteilen, Treppen dynamisch mit unterschiedlichen Geschosshöhen verbinden und der optimale Trassenverlauf für eine Straße durch ein komplexes Gelände ermitteln.
2. KI mit Stärken bei der städtebaulichen Analyse
Neue KI-Tools können generative und iterative Methoden auf Aufgabenstellungen der Stadtentwicklung anwenden und so über die Anforderungen einzelner Gebäude hinausgehen. Ein Beispiel für dieses Konzept ist Autodesk Forma. Die Software bietet cloudbasierte, KI-gestützte Einblicke und Automatisierungen, die die Entwicklung von Planungskonzepten vereinfachen, sich wiederholende Aufgaben erleichtern und dabei helfen, die Umweltbedingungen standortgerecht zu bewerten.
Schon in sehr frühen Phasen des Entwurfs können die wichtigsten Umweltfaktoren wie Sonnenstunden, Tageslichtpotenzial, Wind, Betriebsenergie und Mikroklima mühelos mit Forma analysiert werden, ohne dass die Nutzer tiefgreifende technische Kenntnisse benötigen. Diese durch maschinelles Lernen und KI gestützten Umweltanalysen können vom ersten Tag des Entwurfsprozesses an eingesetzt werden, um Unternehmens- und Nachhaltigkeitsziele von Anfang an im Blick zu haben. So zeigt die Windmodellierung in Forma beispielsweise, wie Gebäude den Wind kanalisieren, und nutzt die numerische Strömungsmechanik, um Entwürfe im Hinblick auf die Aufenthaltsqualität zu optimieren.
3. KI kann Angebotsprozesse optimieren
Das Bauunternehmen ConXtech aus der Metropolregion San Francisco ist auf modulare Bauweisen spezialisiert. Dort setzt man auf KI, um einen der komplexesten und riskantesten Schritte im Bauprozess zu optimieren: die Erstellung von Angeboten.
Als Bauunternehmen wird ConXtech, wie in den USA nicht unüblich, noch während der Planungsphase von Bauherren und Planern in das Projekt einbezogen. Zu diesem Zeitpunkt ist die Machbarkeit des Projekts noch nicht gesichert, und es liegen noch mehrere Optionen auf dem Tisch. Dies zwingt Auftragnehmer wie ConXtech immer wieder dazu, sich mit Varianten auseinanderzusetzen, die am Ende nicht zur Ausführung kommen. Schließlich können horrende Aufwendungen für gescheiterte Projekte oder nicht zustande gekommene Aufträge auf die Bieter zukommen. Gleichzeitig erwarten die Bauherren und deren Planer schnelle Antworten, um praktikable und kostengünstige Lösungen zu finden.
Um den Ausschreibungszyklus zu verkürzen und die Kosten für die Erstellung der Angebote zu senken, hat ConXtech in Zusammenarbeit mit Autodesk Research den Prototyp einer Ausschreibungsplattform entwickelt, die mithilfe von KI den kosteneffizientesten Stahlbauentwurf auf der Grundlage der Kosten für Materialbeschaffung, Fertigung und Errichtung ermittelt. Diese Kosten werden von den für das Projekt ausgewählten Zulieferern und Subunternehmern beeinflusst und variieren je nach Standort des Vorhabens.
4. KI kann die strukturelle Gliederung und volumetrische Ordnung optimieren
Auch das japanische Bau-, Ingenieur- und Immobilienentwicklungsunternehmen Obayashi hat in Zusammenarbeit mit Autodesk Research eine KI-Lösung entwickelt. Damit können Architekten durch die Eingabe weniger grundlegender Parameter und durch minimale Eingriffe volumetrische Schätzungen und Raumprogramme für Gebäude erstellen. Die KI für diese Anwendung, die hauptsächlich für Bürogebäude verwendet wird, wurde mit einer Auswahl aus Obayashis Portfolio von mehr als 2.800 Autodesk Revit-Dateien trainiert.
Das KI-Tool kann abstrakte Beziehungen zwischen der Innenraumaufteilung und der gewünschten Konnektivität, Größe und Proportion erkennen, die sich im Volumen eines Gebäudes ausdrücken. Bei der Erstellung von Innenraumplänen arbeiten Architekt und Bauherr mit einer Reihe von lexikalischen Parametern – einfache Sätze, die die Gebäudeteile und ihre Lage spezifizieren und zeigen, wie sie zueinander in Beziehung stehen. Beispiele für die Formulierung von Vorgaben sind: „Besprechungsräume sollten in der Nähe von Fenstern liegen“ oder „Der Speisesaal sollte aus Sicherheitsgründen nicht in der Nähe des Labors liegen“.
5. KI hilft bei der Einhaltung von Bauvorschriften und visualisiert Entwurfsideen direkt in Fotos
Auch das Tool Maket wurde für die Unterstützung von Architekturschaffenden während der frühen Vorentwurfsphase konzipiert. Es erstellt aus Vorgaben für Raumgrößen, Raumtypen und anderen Nebenbedingungen Grundrisse und integriert diese Funktion in eine Benutzeroberfläche in natürlicher Sprache. Zusätzlich verfügt Maket über einen Assistenten, der hochgeladene Dokumente mit baurechtlichen Bestimmungen lesen und detaillierte Fragen dazu beantworten kann. Darüber hinaus können Planer Fotos von Gebäuden hochladen und mit einfachen Textanweisungen verschiedene visuelle Bearbeitungen vornehmen, beispielsweise indem sie dem Foto Einrichtungsgegenstände und Möbelelemente hinzufügen.
6. KI gibt Immobilienentwicklern früh wertvolle Einblicke
Parafin nutzt KI zur parametrischen Iteration, um die Raumprogramme, Kosten und wirtschaftliche Machbarkeit von Immobilienprojekten zu harmonisieren. Das Programm wurde von dem Architekten Brian Ahmes und dem Entwickler Adam Hengels entwickelt, einem Duo aus Chicago und Miami, das im Outsight Network des Autodesk Technology Centers ansässig ist. Es generiert nahezu unbegrenzte Variationen mit objektiven Angaben zur Rentabilität und Performance der Projekte.
Parafin ist eine cloudbasierte Plattform für generatives Entwerfen, die derzeit für Hotelimmobilien eingesetzt wird. Es richtet sich in erster Linie an Immobilienentwickler und hilft bei der schnellen Bewertung der finanziellen Tragfähigkeit potenzieller Baugrundstücke in einem frühen Planungsstadium. Hierzu benötigt das Programm nur einige wenige Parameter (Anzahl der Zimmer, Parkplätze, Standort, Höhe und Richtlinien von Hotelketten) mit denen es Millionen von Iterationen generieren kann, die diese Vorgaben erfüllen. Die Ergebnisse lassen sich allesamt nach wirtschaftlicher Performance, Kosten und anderen Kriterien filtern. Das Tool funktioniert über eine karten- und menübasierte Oberfläche in einem Webbrowser. Für jede Entwurfsvariante werden detaillierte Grundrisse, 3D-Ansichten und Revit-Dateien erstellt.
7. KI zur Leistungsoptimierung von Gebäuden
Das Unternehmen Cove.tool, das von der Bauwissenschaftlerin und Architektin Sandeep Ahuja mitgegründet wurde, bietet unter dem gleichen Namen eine automatisierte Plattform zur Unterstützung von Gebäudeentwürfen an. Unter Nutzung von maschinellem Lernen kann das Tool analysieren, wie sich Gebäudeentwürfe in Bezug auf den Energiebedarf, die Kohlenstoffbilanz, die Sonneneinstrahlung oder die Kostenstruktur verbessern lassen, wenn bestimmte Entwurfsparameter wie die Ausrichtung des Gebäudes oder die eingesetzten Materialen verändert werden. Die Software kann Kostenoptimierungen für eine Vielzahl von Kriterien durchführen und die Ergebnisse nach verschiedenen Qualitätsstandards – von den geforderten Mindeststandards bis hin zu Zusatzanforderungen freiwilliger Ratingsysteme – klassifizieren. Cove.tool ist in seiner Detailgenauigkeit im Wesentlichen ein digitaler Zwilling, der mit Algorithmen für maschinelles Lernen ausgestattet ist, die die Leistung eines Gebäudes weit vor dessen Errichtung schrittweise optimieren können.
Werden Architekturschaffende durch KI überflüssig?
Angesichts der Tatsache, dass KI in der Architektur erst seit Kurzem eingesetzt wird, ist es schwer einzuschätzen, wie sie sich auf den Arbeitsmarkt für Architekturschaffende auswirken wird. Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass die Aufgaben, die die KI bereits heute hervorragend bewältigt, weiterhin von Menschen durchgeführt werden. War das Zusammenstellen von technischen Details und Zeichnungen bisher eine typische Tätigkeit von Berufseinsteigenden, dürfte dies bald immer die KI erledigen. Auf der einen Seite bietet KI das reale Potenzial, Architekturschaffende von der lästigen Fleißarbeit zu befreien. Andererseits könnten Arbeitgebende der Versuchung erliegen, dieses arbeitssparende Werkzeug zu nutzen, um die Produktivität zu erhöhen.
Aktuell gibt es noch viele Bereiche in der architektonischen Praxis, in die KI noch nicht vorgedrungen ist. KI kann die mit dem Bauprojekt verbundenen Anforderungen an das Raumprogramm, die Größe, die Zielgruppe, die Materialien oder den geografischen Kontext noch nicht selbst festlegen. Diese Faktoren beruhen auf der Interaktion mit den Auftraggebenden, die ebenfalls nicht an die KI ausgelagert werden kann. Außerdem fehlt es der Technologie an einem umfassenden Verständnis dessen, wie sich Menschen im Raum bewegen und wie sie mit Objekten interagieren. Auch die Erzeugung dreidimensionaler Bilder auf der Grundlage von Textkommandos gelingt der KI noch nicht im gleichen Umfang und mit derselben Detailgenauigkeit, mit der sie 2D-Bilder erzeugen kann.
Außerdem liegen den fantastischen Visionen von MidJourney und DALL-E noch keine Bauantragsunterlagen bei. Am wenigsten wurde die KI im Bauwesen bisher für Robotikanwendungen eingesetzt, die direkt mit Baustellen oder Gebäuden interagieren. Mit neuartigen Robotern, die über eine eigene Umgebungserfassung (Reality Capture) und ein gewisses Maß an Unabhängigkeit verfügen, ändert sich dies zwar, zur Steuerung sind jedoch noch immer Menschen erforderlich.
Der Einsatz von KI in der Architektur wird auch durch grundlegende wirtschaftliche und selektive Faktoren eingeschränkt, die sich auf die Qualität der Daten auswirken, die diese Anwendungen nutzen. Die Menge und Qualität der ihr zur Verfügung stehenden Daten kann KI limitieren. Bei Anwendungen in der Architektur können diese Daten proprietär sein, sodass eine Weitergabe an potenzielle Wettbewerber, die an eigenen KI-Anwendungen arbeiten, gegebenenfalls unerwünscht ist. Außerdem kann KI für die Bilderstellung nur das neu synthetisieren, was sie bereits gesehen hat. So kann die Bilddatenbank des Internets kulturell oder regional so verzerrt sein, dass Bilder aus reichen, westlichen Ländern überrepräsentiert werden, wodurch die generierten Ergebnisse ebenfalls verzerrt werden können.
KI ist eine Weiterentwicklung der Automatisierung und vergleichbare automatisierte Prozesse sind bereits integraler Bestandteil der Planungspraxis. Sie wurden bisher lediglich anders bezeichnet. „Wenn ich ein Gebäude mit Revit entwerfe, werden automatisch passende Ausführungsunterlagen generiert. Das ist inzwischen so normal, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenke“, so Jim Stoddart vom Architekturbüro The Living. „Das ist Automatisierung. Diese Dinge werden automatisch erzeugt. Früher musste ich das alles selbst machen.“
Höhere Rechenleistungen bieten mehr Möglichkeiten, menschliche und maschinelle Intelligenz in Einklang zu bringen, sodass die jeweiligen Stärken zum Tragen kommen. „Computer sind nicht besonders gut darin, kreative Lösungen mit offenem Ausgang zu entwickeln. Das bleibt weiterhin den Menschen vorbehalten“, weiß Mike Mendelson, zertifizierter Ausbilder und Lehrplanentwickler am Nvidia Deep Learning Institute. „Aber durch die Automatisierung können wir Zeit für sich ständig wiederholende Aufgaben einsparen und uns stattdessen gestalterischen Aufgaben widmen.“
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Er wurde ursprünglich im April 2021 veröffentlicht.