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Warum Unternehmen der AEC-Branche kooperieren sollten

Der verstärkte Einsatz digitaler Tools und Prozesse verbessert Automatisierung und Erkenntnisgewinnung. Im Zuge dieses Wandels nähert sich die Architektur-, Ingenieur- und Baubranche​ stärker an den Technologiesektor an. Könnte dies dazu führen, dass in einigen Bereichen Kooperation gewinnbringender wird als Wettbewerb?

In einer freien Marktwirtschaft zweifelt niemand an, dass Wettbewerb etwas Gutes ist. Jeder weiß, dass Wettbewerb Innovationen vorantreibt, Preise für Verbrauchende senkt und die Effizienz steigert. Dank der zunehmenden Digitalisierung in der Architektur-, Ingenieur- und Baubranche geraten diese ehernen Grundsätze nun jedoch ins Wanken. Warum sich ein Blick über den Tellerrand lohnt ...

 

Kooperation als Riesenchance

Das Joint Venture S-LCD Corp. von Sony und Samsung ist eines der bekanntesten Beispiele für die Zusammenarbeit zweier Rivalen. Gemeinsam investierten beide Unternehmen 20 Milliarden US Dollar in die Entwicklung einer Fabrik für LCD-Flachbildschirme. Zu diesem Zeitpunkt schoss die Nachfrage nach LCD Displays gerade durch die Decke, aber kein Unternehmen allein verfügte über die finanziellen Mittel für Forschung und Produktion.

Die AEC-Branche befindet sich gegenwärtig in einer ähnlichen Situation.

Trotz Unterbrechungen durch die Pandemie meldet die Branche übervolle Auftragsbücher. Zum einen zieht es nach wie vor immer mehr Menschen in Großstädte und der Bedarf an Wohnraum ist dementsprechend hoch. Zum anderen muss unsere alternde öffentliche Infrastruktur wiederbelebt werden, weshalb zahlreiche Staaten entsprechende Förderprogramme auflegen.

Gleichzeitig bekommen wir die Auswirkungen des Klimawandels immer mehr zu spüren, z. B. durch Waldbrände, Hitzewellen und Flutkatastrophen. Das führt zu immer komplexeren Energie- und Leistungsstandards zur Stärkung der Resilienz der gebauten Umwelt.

In der AEC-Branche verfügt ein Unternehmen allein nicht über die notwendigen Mittel, um all diese Herausforderungen zu meistern. Auch die Margen der Auftraggeber lassen es nicht zu, diese Probleme anzugehen.

Die gute Nachricht lautet: Datengesteuerte Prozesse können helfen.

 

Daten als wichtige Ressource

Komplexität ist für die AEC-Branche schon lange kein Fremdwort mehr. Gleichzeitig legte der verstärkte Einsatz von BIM (Building Information Modeling) in den letzten zehn Jahren den Grundstein dafür, dass die gesammelten Daten nun als Ressource genutzt werden können, um die aktuellen Herausforderungen zu überwinden.

Dank BIM können Teams auch aus der Ferne zusammenarbeiten und erhalten mehr wichtige Erkenntnisse, die zur sicheren Entscheidungsfindung und zu schnelleren, hochwertigeren Projektergebnissen beitragen.

Leider werden die Vorteile von BIM in der AEC-Branche bisher nur bis zur Übergabe des Bauwerks genutzt. Um den vollen Nutzen aus den Daten und Erkenntnissen zu ziehen, sollte BIM jedoch auch während des Betriebs und der Bewirtschaftung eines Gebäudes eingesetzt werden.

Viele Eigentümer setzen zur Verwaltung, Optimierung und Steigerung der Wohnqualität bereits auf moderne IoT-Systeme. Werden die so gewonnenen Erkenntnisse in BIM übertragen, profitieren Bauherren und Facility Manager bei zukünftigen Projekten davon: Neue Gebäude, Krankenhäuser und Flughäfen können so noch effektiver funktionieren.

Idealerweise führt dies letztendlich zu mehr Kooperation zwischen den an Bauplanung und -ausführung beteiligten Parteien. Facility Manager, Energie-Manager und Eigentümer könnten dann von einer riesigen Menge an Live-Daten profitieren, die von Bewohnenden und Gebäudesystemen generiert wurden.

 

Lohnender Blick über den Tellerrand

Daten sind wertvoll, sie machen die gebaute Umwelt resilienter und nachhaltiger. Das passiert jedoch nicht in einem Vakuum – die Daten müssen breit zugänglich sein und mit vielen Beteiligten geteilt werden können.

Werden die Daten auf einer Plattform offengelegt und interoperabel zugänglich gemacht, verwandeln sie sich in eine wichtige Ressource, dank der neue Fähigkeiten und Dienstleistungen entwickelt werden können. So könnte ein Architekturbüro die Umsetzung seines Entwurfs vorantreiben, indem es Zugang zu anonymisierten Datensätzen aus der Konstruktion erhält. Ein Ingenieurbüro wiederum könnte mit Eigentümern kooperieren und deren Daten nutzen, um ein maschinell lernendes Design-Tool zu schulen.

Zum Entdecken und Entwickeln neuer Möglichkeiten sind Unternehmen wie Architekturbüros, die geistiges Eigentum generieren, auf andere Unternehmen, die ihre Produkte in die Tat umsetzen, beispielsweise Bauunternehmen, angewiesen. Jeder für sich allein leistet einen kleinen Beitrag zur erfolgreichen Projektdurchführung. Gemeinsam erreichen sie Großes.

Für die Branche ist es nun an der Zeit, umzudenken und den Weg hin zu verstärkter Kooperation einzuschlagen. Es obliegt den Vorreitern der Branche, die Weichen für diesen Wandel und somit für eine gewinnbringende Zukunft zu stellen.

Über den Autor

Nicolas Mangon ist Vice President für Architektur, Ingenieur- und Bauwesen, Unternehmensstrategie und Marketing bei Autodesk. Außerdem ist er ein glühender Verfechter von Building Information Modeling (BIM). Nicolas Mangon sieht seine Aufgabe darin, die Transformation der Branche durch BIM und die Cloud anzuführen. Er erhielt seine Ausbildung am Institut für Infrastruktur und Tiefbau der renommierten Pariser Ecole Spéciale des Travaux Public und setzt auf die kontinuierliche Weiterentwicklung innovativer Lösungen für Architektur, Ingenieur- und Bauwesen.

Profile Photo of Nicolas Mangon, Autodesk VP - DE