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Panasonic setzt auf innovatives Kühlsystem und Generatives Design

Lüfterflügel Panasonic Generatives Design

Die Spritzgießtechnik ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Massenproduktion von Kunststoffteilen mit komplexer Geometrie, wie bei der Entwicklung modernster Kühlsysteme. Aber das ist selbst für hochqualifizierte Ingenieure schwierig und zeitaufwendig. Abhilfe schafft das automatisierte Entwurfsverfahren.

Die Life Solutions Company, ein Unternehmen der japanischen Panasonic Corporation, setzt auf den weltweit ersten Hybrid-3D-Drucker für Metall: Mit dem LUMEX Avance-25 entwickelte sie ein neues Verfahren zur Konstruktion und Fertigung von Kühlwasserkanälen in Spritzgussformen. Die Technologie verbindet additive Fertigung und Fräsbearbeitung. So entstand ein System mit konturnahen (an die Produktform angepassten) Kühlkanälen, das mit einer 20 Prozent kürzeren Kühlzeit überzeugt. Bei den herkömmlichen Verfahren werden die Kanäle in gerader Linie durch die Gussform gebohrt.

Seiichi Uemoto arbeitet als Analyst für das dortige Manufacturing Engineering Center, das für Entwurf und Bau der Formen verantwortlich ist. Der Analyst hält Vorlesungen zur Gussformkonstruktion und fördert die Kompetenzentwicklung für rechnergestützte Entwicklung (CAE – Computer-Aided Engineering), um die fortschrittlichen Verfahren für die Formkonstruktion an die nächste Entwicklergeneration weiterzugeben.

Seiichi Uemoto Panasonic
Seiichi Uemoto ist Panasonic-Analyst im Manufacturing Engineering Center der Life Solutions Company. Seine Tätigkeit inspirierte ihn zu einem innovativen Versuch, der Automatisierung von Metallformkonstruktionen.

Um die Kühlkreisläufe in kastenförmigen Metallgussformen (vorgestellt auf der InterMold 2014) gestalterisch zu optimieren, analysierte Seiichi Uemoto Abstände zwischen Kühlkanälen mit Verzugsdaten von Formteilen. Das inspirierte ihn dazu, die Konstruktion von Metallgussteilen versuchsweise zu automatisieren.

Er verrät: „Ich dachte, mit den geeigneten Rahmenbedingungen könnte ich Generatives Design für die automatisierte Konstruktion von Formkühlkanälen einsetzen.“ Ihm war bewusst geworden, wie sich anhand der Strukturanalyse im Generativen Design effizient leichtere Formen entwickeln lassen.

Seiichi Uemoto führt weiter aus: „Die Topologieoptimierung kann uns nur Lösungen bieten, die auf vorgegebenen Bedingungen basieren. Und es ist schwierig, daraus dann etwas mit weichen Konturen herzustellen. Aber mir wurde bewusst, dass sich durch Generatives Design quasi naturgemäß weniger kantige Formen ergeben. Generatives Design würde es uns ermöglichen, effektiv vielfältige Konzepte unter Berücksichtigung von Fertigungsprinzipien zu erzeugen.“

Kühlkanäle für Spritzgusswerkzeug automatisch generieren

Seiichi Uemoto hoffte, mit der Anwendung von Generativem Design auf Gussformen neue Formen erzeugen und die Automatisierung des Konstruktionsverfahrens an sich ermöglichen zu können. Die hochqualifizierten Konstrukteure des Unternehmens entwickeln die verschiedenartigsten Produkte – basierend auf Autodesk Moldflow für die Spritzgusssimulation, wodurch sie ihre Konstruktionen weiter optimieren können. Von der Automatisierung des Entwurfsverfahrens versprach Uemoto sich mehr Freiraum für die Arbeit der Konstrukteure, solange dabei Einblicke entstünden, die ihnen sonst verwehrt geblieben wären.

Dafür arbeitete Panasonic gemeinsam mit dem Autodesk Advanced Consulting Team im englischen Birmingham an einem Projekt, das Generatives Design auf die Kühlwasserkanäle in Gussformen anwendete. Als Testobjekt wurden Lüfterflügel für Kanallüftungssysteme gewählt, die bereits in Großserie hergestellt werden.

Gussform für Lüfterflügel eines Rohrlüfters
Zielobjekt für das Generative Design: Gussform für die Lüfterflügel eines Rohrlüfters (ganz links). Credit: Life Solutions Company, Panasonic Corporation.

Diese kleinen Lüfterflügel stechen durch ihre komplizierte Form ins Auge. Ein erfahrener Konstrukteur legte folgende Kriterien fest: Beschränkungen für die ursprüngliche Form der Lüfterflügel, unterschiedliche Bedingungen für die zu konstruierenden Kühlwasserkanäle sowie gewisse Einschränkungen, die verhindern sollten, dass sich die Anlage der Kanäle auf die Feinheiten des Formteils auswirkt.

Durch den Prozess des Generativen Design veränderte sich die Form des Produkts in zahlreichen Iterationen, bis nur noch die Komponenten übrig blieben, die für die nötigen Kühlkanäle wesentlich waren. Da die Ingenieure von Panasonic bereits präzise Gussformen entworfen hatten, traute Seiichi Uemoto der Software kaum zu, die Effizienz der ursprünglichen Konstruktion erheblich zu steigern. Doch dann beeindruckten ihn die automatisch generierten und voll ausgeformten Modelle ziemlich.

Für eine noch größere Überraschung sorgte die räumliche Anordnung der Kühlkanäle. Bei einigen Entwürfen verliefen die Kühlkanäle entlang der äußeren Hülle des Formenmantels. Diese Kanäle verzweigten sich plötzlich auf außergewöhnliche Weise. Das Ergebnis sei für ihn selbst vorab unvorstellbar gewesen, so Seiichi Uemoto: „Die Formen, die durch das Generative Design entstanden sind, hätte sich kein Mensch so ausdenken können.“

Generatives Design Gehäuse
Gehäuse C (links) wurde generativ konstruiert und seine Form durch die ursprünglich von einem Ingenieur konstruierte Form vorgegeben; Gehäuse D (rechts) wurde generativ konstruiert und seine Form nur durch die ursprüngliche Mantelform vorgegeben. Credit: Life Solutions Company, Panasonic Corporation.

Das Potential von Generativem Design beweist sich in der Produktion

Im Anschluss an den Konstruktionsprozess wurden vier verschiedene Musterformen hergestellt: Gehäuse B ist das von einem erfahrenen Ingenieur entwickelte Originalteil und bereits in Produktion; Gehäuse C, eine automatisierte, generative Konstruktion auf der Grundlage des Originalteils; Gehäuse D, entstanden durch Generatives Design mit weniger Beschränkungen hinsichtlich der Form; und Gehäuse E, das Gehäuse C entspricht, aber mit zusätzlichen Kühlkanälen ausgestattet wurde. Alle mit diesen Formen gefertigten Produkte wurden exakt vermessen, um die Performance jeder Gussform beurteilen zu können.

Durch die Messungen der Formteile stellte sich heraus, dass sich die Performance einer Gussform mit automatisiert konstruierten Kühlkanälen nur geringfügig von der Performance einer Gussform unterschied, die ein erfahrener Ingenieur konstruiert hatte. Seiichi Uemoto beschreibt den zukunftsweisenden Prozess so: „Ich konnte sehen, wie der Entwurf so berechnet wurde, dass die Formung des Produkts durch Temperaturänderungen in der Gussform bewirkt wird. Das war wirklich bemerkenswert. Wir erhielten CAM-Daten für ein Produkt mit weichen Konturen, damit hatten wir die Ziellinie erreicht – die automatisierte Konstruktion.“

Generativ konstruierte Gussform
Die generativ konstruierte Gussform wurde gefertigt, eingegossen und erfolgreich geprüft. Credit: Life Solutions Company, Panasonic Corporation.

Ein erfahrener Ingenieur benötigt für die Konstruktion einer Gussform etwa acht Stunden. Aktuell lässt sich der Konstruktionsprozess – ungeachtet des Kompetenzniveaus – nicht verschlanken. Trotzdem geht Seiichi Uemoto davon aus, dass dieses Projekt zu weiteren Lösungen führen wird, die den Ingenieuren das Arbeitsleben erleichtern.

Sein Fazit: „Eine wunderbare Entwicklung! Sollte dies in naher Zukunft Bestandteil einer Standardsoftware werden, könnte sich daraus eine Lösung entwickeln, die Arbeitsschritte verkürzt und uns die Möglichkeit gibt, Programme mit dem besonderen Schwerpunkt der Temperaturregelung zu entwickeln. Davon würden sicher viele Anwender und eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen profitieren.“

Über den Autor

Yasuo Matsunaka spielt Keyboard und liebt Filme, die im Weltall spielen. Außerdem ist er Redakteur bei Redshift Japan und Content Marketing Manager bei Autodesk Japan.

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