LEED – das ist doch nur was für Gebäude, oder? LEED-Akkreditierung für Architekten
LEED AP – ist das nur eine weitere Buchstabenfolge, die man sich als Architekt auf die Visitenkarte setzt, um potenzielle Auftraggeber und Geschäftspartner zu beeindrucken? Oder eine aussagekräftige Akkreditierung? Bedeutet sie angesichts steigender Bedenken über die Folgewirkungen der gebauten Umwelt für den Planeten einen echten Wettbewerbsvorteil? Oder doch nur eine Verschwendung von Zeit und Geld?
Was es ist und wie es geht
LEED steht als Abkürzung für „Leadership in Energy and Environmental Design“. Nach Angaben des US Green Building Council (USGBC), der die LEED-Zertifizierung vergibt, ist sie das weltweit meistverbreitete Gütesiegel für umweltfreundliche Gebäude. Bewertet werden sowohl Entscheidungen auf der Makroebene wie beispielsweise die Positionierung des Baugeländes als auch winzige Details wie das Material, aus dem die Teppichfasern in der Lobby bestehen.
Um die LEED-Zertifizierung zu erlangen, müssen Bauvorhaben strenge Anforderungen erfüllen und die entsprechenden Nachweise für die unterschiedlichen Zertifizierungsstufen nach LEED v4 erbringen: Basis-Zertifizierung (Certified), Silber, Gold und Platin. Ein Gebäude mit LEED-Plakette ist für Bewohner und Passanten auf den ersten Blick als besonders wohngesundes und umweltfreundliches Bauwerk zu erkennen.
Die LEED-Akkreditierung wird ebenfalls in Verbindung mit den LEED-Bewertungskriterien vergeben. Sie soll gewährleisten, dass Planer und Architekten nicht nur mit den verschiedenen Aspekten des umweltfreundlichen Bauens vertraut sind, sondern über die erforderlichen Kenntnisse verfügen, um ein Bauvorhaben entsprechend den Anforderungen der LEED-Zertifizierung fertigzustellen.
Es stehen zwei Akkreditierungsstufen zur Auswahl: LEED Green Associate und LEED Accredited Professional (AP). Die Expertin für umweltfreundliches Bauen und Inhaberin der Triple Green Building Group Kelly Gearhart empfiehlt, das Verfahren in drei Stufen anzugehen.
1. Vorbereitung, Planung und Absolvierung der Prüfung zum LEED Green Associate. Das Handbuch für Prüfungsteilnehmer steht auf der Website des U.S. Green Building Council (USGBC) auch auf Deutsch zum Download bereit. Diese Materialien kann man entweder alleine oder mit Unterstützung einer Studiengruppe durcharbeiten, alternativ werden auch entsprechende Weiterbildungen angeboten. Die Prüfung selber wird von einer Aufsichtsfirma namens Prometric durchgeführt, die Prüfungszentren in vielen Großstädten weltweit betreibt.
2. Spezialisierung nach Projekttyp für AP-Akkreditierung. Wenn Sie bereits an LEED-Projekten mitgewirkt und die Prüfung zum LEED Green Associate absolviert haben, sollten Sie die Akkreditierung als LEED AP in Erwägung ziehen. Diese Akkreditierungsstufe bezieht sich auf bestimmte Projekttypen: Gebäudeentwurf und Konstruktion (LEED for Building Construction and Design/BD+C), Gebäudebetrieb und Instandhaltung (Operations and Management/O+M), Innenarchitektur und Konstruktion (Interior Design and Construction/ID+C), Städtebau (Neighborhood Design/ND) und Wohngebäude (Homes).
„Welche Akkreditierung für Sie in Frage kommt, hängt davon ab, auf welche Projekttypen Sie sich in Ihrer Arbeit spezialisiert haben“, erläutert Gearhart. „Wenn Sie an unterschiedlichen Projekttypen mitwirken, zum Beispiel Gebäudeplanung und Städtebau, können Sie sich aber auch in mehreren Kategorien akkreditieren lassen, in diesem Fall also BD+C und ND.“
Die AP-Prüfung kann unmittelbar nach der Prüfung zum LEED Green Associate abgelegt werden. Die einzige Voraussetzung ist, dass Sie zum Prüfungszeitpunkt über eine aktive und gültige Akkreditierung als Green Associate verfügen. Um die Akkreditierung als LEED AP zu erhalten, müssen beide Prüfungen bestanden werden.
3. Weiterbildungen zur Verlängerung ihrer Akkreditierung. Damit Ihre Akkreditierung als LEED Green Associate ihre Gültigkeit behält, müssen Sie alle zwei Jahre 15 Weiterbildungsstunden nachweisen, davon müssen mindestens drei LEED-spezifisch sein. Zur Verlängerung der Gültigkeit Ihrer AP-Akkreditierung sind 30 Weiterbildungsstunden in zwei Jahren, davon mindestens sechs LEED-spezifische, nachzuweisen. LEED-spezifische Weiterbildungsstunden müssen sich auf Themen im Zusammenhang mit der LEED-Zertifizierung beziehen. Anerkannt werden Schulungen, Projekterfahrung, Veröffentlichungen und ehrenamtliche Tätigkeit.
Die Argumente für und gegen eine LEED-Akkreditierung
Umweltfreundliches Bauen ist heute längst kein Nischenthema mehr. Insofern stellt eine LEED-Akkreditierung einen echten Wettbewerbsvorteil dar und kann durchaus den Ausschlag dafür geben, ob Sie einen Auftrag erhalten oder nicht. „Bei Ausschreibungen wird zunehmend Wert darauf gelegt, dass in jedem Team ein Architekt mit LEED-AP-Akkreditierung dabei ist – das gilt für den privaten ebenso wie für den öffentlichen Sektor“, so Gearhart.
Vessela Valtcheva-McGee ist Architektin, Expertin für umweltfreundliches Bauen und geschäftsführende Gesellschafterin der Triple Green Building Group. Auch sie ist der Meinung, dass eine LEED-AP-Akkreditierung die Chancen am Arbeitsmarkt verbessert. „LEED hat sich sowohl in den USA als auch international am Markt sehr gut durchgesetzt“, sagt sie. „Gerade für Leute, die in Schwellenmärkten wie China, Indien und Nahost, aber auch hier in den USA arbeiten wollen, ist die LEED-AP-Akkreditierung auf jeden Fall sinnvoll.“
Indes hinterfragen LEED-Kritiker, ob sich der Kostenaufwand und die anhaltende Verpflichtung zur Weiterbildung tatsächlich lohnen. „Im besten Fall weisen diese grünen Gebäude bei der Einsparung von Primärenergie eine Leistungsbilanz auf, die weder besser noch schlechter ist als bei entsprechenden Gebäuden ohne LEED-Zertifizierung. Staatliche Maßnahmen, die zu ihrem Bau verpflichten, sind daher höchst umstritten und werfen Fragen bezüglich effektiver Methoden zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Gebäuden auf“, moniert John H. Scofield, der als Professor für Physik am Oberlin College lehrt und Beiträge für die Plattform Brink News verfasst.
In einem Beitrag für das Fachportal ArchDaily argumentiert der Architekt Steve Mouzon zudem, die LEED-Kriterien lüden zum Schummeln ein, da auch eher nebensächliche Aspekte in die Bewertung eingingen und die Gesamtanzahl der erworbenen Punkte daher wenig über die tatsächliche Umweltfreundlichkeit eines Gebäudes aussage: „So kann man etwa für das Anbringen eines Fahrradständers fast genauso viele Punkte einheimsen wie für den Erhalt eines ganzen historischen Gebäudes.“
Gearhart und Valtcheva-McGee sind sich einig, dass die Akkreditierung als LEED AP lediglich der erste Schritt in einem anhaltenden Lernprozess sei. „Für viele Architekten wirkt die Akkreditierung als Katalysator“, wie Valtcheva-McGee sagt. Indem sie einen Überblick über verschiedene Aspekte des umweltfreundlichen Bauens verschaffe, fühlten sich viele Architekten zu einer eingehenderen Beschäftigung mit dem einen oder anderen dieser Aspekte motiviert.
„Für Architekten, die über den Erwerb und die Verlängerung ihrer LEED-AP-Akkreditierung hinaus ihre Kenntnisse in einem bestimmten Bereich des umweltfreundlichen Bauens vertiefen wollen, stehen zahlreiche Ressourcen zur Verfügung“, bekräftigt Gearhart, die eng mit dem GBCI zusammengearbeitet hat. Es bestehe auch die Möglichkeit, weitere Akkreditierungen zu erwerben – als Beispiele nennt Gearhart die Living Building Challenge, PEER, WELL, SITES und GRESB.
Was sagen also die Buchstaben „LEED AP“ hinter Ihrem Namen aus? Nun, zumindest, dass Sie über Grundkenntnisse im Bereich umweltfreundliches und energiesparendes Bauen verfügen. Ob Sie die mit der Akkreditierung verbundene Aufforderung annehmen, auf diesem Gebiet Führungskompetenzen zu entwickeln und Ihre Kenntnisse in Ihrer Berufspraxis auf ein noch höheres Niveau zu bringen, bleibt Ihnen selbst überlassen.