Diese nachhaltige Sonnenbrille bringt Klarsicht in die Kreislaufwirtschaft
- Die grünen Unternehmer von Yuma Labs haben eine Marktlücke erkannt und erfolgreich erschlossen: die nachhaltige Sonnenbrille.
- Das belgische Start-up verarbeitet Kunststoff in einer Sonnenbrille, der zu 100 Prozent aus Plastikflaschen und Fischernetzen gewonnen wird.
- Yuma Labs bietet Käufern ein einfaches Rücksendeverfahren für alte Sonnenbrillen an, die dann zur Wiederverwertung aufbereitet werden.
Sonnenbrillen sind ein lukratives Geschäft: Fast ein Drittel der Weltbevölkerung besitzt mindestens ein Exemplar der angesagten Accessoires. Am stärksten ist die Nachfrage in den USA, wo 2019 ein Gesamtumsatz von 4.784,52 Mio. USD erzielt wurde. Erderhitzung und Klimawandel dürften das Wachstum dieses Marktsegments weiter ankurbeln.
Angesichts der dynamischen Markentwicklung ist es umso bedenklicher, dass die trendigsten Fassungen nach wie vor aus Kunststoff hergestellt werden. In der Modebranche rückt Nachhaltigkeit zunehmend in den Brennpunkt. Entsprechend müssen sich auch Brillenhersteller mit der Frage auseinandersetzen, wie sich Werkstoffe für Fassungen und Gläser möglichst umweltfreundlich beschaffen lassen.
Die grünen Unternehmer von Yuma Labs haben hier eine Marktlücke erkannt und sehr erfolgreich für sich erschlossen: nachhaltige Sonnenbrillen, die nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft hergestellt und vertrieben werden.
Yuma Labs bietet Käufern ein ebenso kunden- wie umweltfreundliches Verfahren zur Entsorgung nicht mehr benötigter Sonnenbrillen an: Statt im Restmüll zu landen, können sie problemlos zur chemischen Trennung und anschließenden Wiederverwertung der Werkstoffe an den Hersteller zurückgesandt werden.
Diese Art von Recycling überzeugt nicht nur als Geschäftskonzept und Unternehmensphilosophie, sondern auch als zukunftsfähiges Modell für die Fertigungsbranche. Mit dem Erwerb einer Sonnenbrille von Yuma Labs investieren Kunden zugleich in eine Vision von nachhaltiger Produktion.
Recycling Sonnenbrille: Aus Müll wird Mode
Die zehn Millionen Tonnen Plastikmüll, die Jahr für Jahr in den Ozeanen landen, sind mittlerweile bestens dokumentiert. Weniger bekannt ist, dass zurückgelassene Fischernetze, Bojen, Leinen, Fallen und Körbe allein rund 640.000 Tonnen dieses Abfalls ausmachen.
Yuma Labs ist keineswegs die einzige Modemarke, die sich hier um Lösungen bemüht, zählt aber auf jeden Fall zu den erfolgreichsten. Die Werkstoffe zur Herstellung der Sonnenbrillen werden zu 100 Prozent aus Meeresabfällen gewonnen – und zwar konkret aus Plastikflaschen und Fangnetzen.
Jede Sonnenbrille wird mit einem weltweit gültigen Rücksende-Etikett geliefert. Wenn das Vorjahresmodell ausgedient hat, findet es seinen Weg von jedem beliebigen Ort zurück zu Yuma Labs. Dort werden die Werkstoffe dann mithilfe chemischer Trennverfahren zur Wiederverwertung aufbereitet.
Aus Verbrauchersicht ist die Entsorgung mit geringem Aufwand und keinerlei Portokosten verbunden. Yuma Labs sichert sich dadurch einen ständigen Nachschub an Rohstoffen und zusätzliche Möglichkeiten zur Interaktion mit Kunden und dem Aufbau einer treuen Stammkundschaft.
„Ich wollte weg von dem Image des grünen Unternehmers als Öko-Freak“, bekennt der Unternehmensgründer Sebastiaan de Neubourg. Weitaus zielführender ist es seiner Meinung nach, Nachhaltigkeit als erstrebenswertes Lifestyle-Ziel zu positionieren – also als Inbegriff der Coolness. Insofern eignet sich kaum ein Artikel so gut zum Aufbau eines erfolgreichen Kreislaufunternehmens wie die Sonnenbrille als stilprägendes Sommer-Accessoire.
Bevor er selbst zum Existenzgründer wurde, beriet der ausgebildete Chemietechniker de Neubourg jahrelang Großkonzerne zu den Vorteilen der Kreislaufwirtschaft. Direkt nach dem Studium sei das schon eine Art Traumjob gewesen, in dem er seine eigenen Werte habe einbringen können – irgendwann habe er jedoch das Gefühl gehabt, sich selbst im Kreis zu drehen. Denn in den wenigsten Fällen wurden die anvisierten Maßnahmen tatsächlich in die Praxis umgesetzt.
„Dann kam ich auf den Trichter, dass Sonnenbrillen das perfekte Produkt sind, mit dem man die Menschen für den Gedanken der Kreislaufwirtschaft begeistern kann“, meint er. „Ich wollte zeigen, wie einfach, erschwinglich und bequem sich dieses Prinzip verwirklichen lässt.“ Im Idealfall verspricht er sich davon ein Aha-Erlebnis: „Dann kapieren die Menschen vielleicht, wie Kreislaufwirtschaft funktioniert.“
In den fünf Jahren seit der Unternehmensgründung hat sich Yuma Labs vom Start-up mit viel Erfindungsgeist, Kickstarter-Finanzierung, technischer Unterstützung von Autodesk und einer Mikrofabrik, die im Wesentlichen aus einem 3D-Drucker bestand, zu einem wachstumsstarken Unternehmen entwickelt. Zur Bewältigung des Produktionsvolumens kommt heute ein Spritzgussverfahren zum Einsatz.
Während die Bestellungen anfänglich von mode- und umweltbewussten Verbrauchern kamen, konnte Yuma Labs mittlerweile eine Reihe lukrativer White-Label-Partnerschaften mit führenden Marken an Land ziehen. Wie kam dieser rapide Erfolg zustande?
Ist Kreislaufwirtschaft nur etwas für Start-ups?
Als neu gegründetes Unternehmen habe Yuma Labs hier einen gewissen Vorteil gehabt, meint de Neubourg.
Für etablierte Mitbewerber, die ihre Lieferketten über Jahrzehnte hinweg optimiert haben, um Werkstoffe in großen Mengen zu niedrigen Preisen beschaffen zu können, sei die Umstellung auf ein Kreislaufmodell – mit oder ohne Einbeziehung der vorhandenen Lieferkettenpartner – mit hohem Aufwand und Risiko verbunden.
Auch rein logistisch wäre die Bewältigung eines Rücksende- und Wiederverwertungsverfahrens in großer Stückzahl eine Herausforderung, die viele etablierte Marken nicht unbedingt auf sich nehmen wollen.
Indes bringt nachhaltige Innovation wieder andere Schwierigkeiten mit sich, wie de Neubourg betont.
Zwar besteht weltweit kein Mangel an Plastikmüll – das Problem liegt jedoch darin, eine zuverlässige Bezugsquelle für fertigungstauglichen Recyclingkunststoff in gleichbleibend hochwertiger Qualität zu finden. Auch die Verarbeitung des aus Plastikflaschen gewonnenen Kunststoffs ist aufgrund seiner Steifigkeit nicht ganz einfach.
Neben den logistischen und technischen Hindernissen, die Yuma Labs zu überwinden hatte, ist natürlich auch die erfolgreiche Positionierung in einer etablierten Branche für jedes Start-up eine Herausforderung. Die Unterstützung durch Autodesk im Rahmen des Projekts „Fusion 360 für Start-ups“ sei hier eine enorme Hilfe gewesen, berichtet de Neubourg.
Als bekennender Fan von Fusion 360 empfand er die Möglichkeit zur kostenlosen Nutzung der branchenführenden Modellierungssoftware von Autodesk gerade in der Anfangsphase als erhebliche Vereinfachung der Zusammenarbeit mit Kunden, Vertriebshändlern und Designern.
Sonnige Aussichten für die Zukunft
Statt sich auf den Lorbeeren seines bisherigen Erfolgs auszuruhen, hat das Unternehmen den Blick bereits auf neue Horizonte gerichtet. Mehr will de Neubourg vorerst nicht verraten, jedoch ist das Potenzial zur Expansion des Unternehmenskonzepts offensichtlich. So benötigt beispielsweise jeder zweite Bewohner der Industrieländer eine Brille mit Sehstärke. Auch hier ist von einem weiteren Anstieg der Nachfrage auszugehen, da das ständige Starren aufs Smartphone sich negativ auf das Sehvermögen auswirkt.
Aktuell ist de Neubourgs Team hinlänglich ausgelastet mit der Beantwortung der Anfragen einer stetig zunehmenden Anzahl von Einzelhandels- und Modemarken, die Yuma Labs im Rahmen ihrer eigenen Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit als White-Label-Partner ins Boot holen möchten.
Die Kooperation mit der H&M-Konzernmarke COS ist bereits in trockenen Tüchern, Verhandlungen mit zahlreichen weiteren seien am Laufen, wie de Neubourg erzählt.
„Am Anfang haben wir solche Anfragen prinzipiell immer abgelehnt, weil das einfach nicht unserem Konzept entsprach“, erinnert er sich. „Inzwischen haben wir uns fast ausschließlich auf die White-Label-Produktion für andere Marken spezialisiert. Man soll eben niemals ‚Nie‘ sagen.“