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Altes Wahrzeichen in neuem Glanz: Das Gelände um den Eiffelturm wird zur grünen Oase

Auf den 54 Hektar zwischen Trocadéro-Palast und Militärakademie soll eine grüne Achse entstehen, die einzig für Fußgänger zugänglich ist. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.

Im Zuge eines von der Pariser Stadtverwaltung in Zusammenarbeit mit Autodesk unter dem Titel „Grand Site Tour Eiffel“ ausgeschriebenen Wettbewerbs soll das Areal um die sogenannte „eiserne Dame“ einen neuen, grüneren Anstrich bekommen. Mit seiner Neuinterpretation der 54 Hektar großen Fläche rund um das legendäre Wahrzeichen hat das Landschaftsarchitekturbüro Gustafson Porter + Bowman die Konkurrenz ausgeschlagen. Der Entwurf der Londoner Firma trägt der Geschichte und Umgebung des Eiffelturms Rechnung und verspricht, wieder mehr Raum für Grünflächen und Fußgänger zu schaffen.

Kaum zu glauben, aber wahr: Der Eiffelturm – heute der Stolz von Paris – wurde ursprünglich nur als Provisorium für die Weltausstellung 1889 errichtet. Dass der Stahlgigant nach Ablauf der 20-jährigen Konzession nicht wie geplant abgerissen wurde, hat er dem Aufkommen der Telekommunikation zu verdanken. Einst als zwecklos geschmäht, wurde die Konstruktion infolge des Durchbruchs der neuen Technologie kurzerhand zum Radiosender umfunktioniert und entwickelte sich zu einem Dreh- und Angelpunkt des Funkverkehrs. Im Laufe der Jahrzehnte erlebte das umliegende Gelände, entsprechend den wechselnden Trends in der Landschaftsarchitektur, die verschiedensten Aufmachungen.

Heute bietet sich hier ein alles andere als idyllisches Bild. Jahr für Jahr pilgern rund 20 Millionen Besucher – darunter sieben Millionen Touristen – zum Eiffelturm. Ein Großteil davon steht Schlange, um zumindest die erste Plattform des 324 Meter hohen Riesenbauwerks zu erklimmen. Kein Wunder also, dass sowohl die Grünflächen des Champs de Mars als auch der Trocadéro-Platz das ganze Jahr über von Besuchern überlaufen sind.

Im Rahmen des „OnE“-Projekts möchte das Landschaftsarchitekturbüro Gustafson Porter + Bowman das Gelände zwischen dem Trocadéro (im Vordergrund abgebildet) und der Militärakademie (im Hintergrund hinter dem Eiffelturm) wieder grüner gestalten. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.
Im Rahmen des „OnE“-Projekts möchte das Landschaftsarchitekturbüro Gustafson Porter + Bowman das Gelände zwischen dem Trocadéro (im Vordergrund abgebildet) und der Militärakademie (im Hintergrund hinter dem Eiffelturm) wieder grüner gestalten. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.

Eine gebührende Kulisse für die Olympischen Sommerspiele 2024

Nachdem die französische Hauptstadt als Austragungsort der Olympischen Spiele 2024 angekündigt wurde, beschloss die Pariser Stadtverwaltung, die Neugestaltung der deutlich vom Tourismus gezeichneten 54 Hektar Freifläche rund um den Eiffelturm in Angriff zu nehmen. Als Ziel des Sanierungsprojektes nennt die Stadtverwaltung in einem offiziellen Schreiben „die Gestaltung von Kulissen für Spaziergänge durch Stadt- und Naturlandschaft, die Neuausrichtung der Nutzung des öffentlichen Raums zugunsten der Fußgänger sowie die Förderung eines optimalen Verkehrsflusses“.

Die wohl größte Herausforderung der Landschaftsarchitektur besteht darin, die einzigartigen Eigenschaften eines gegebenen Ortes zu bewahren und diesem zugleich einen modernen Touch zu verleihen – ein Unterfangen, das sich in Paris angesichts außergewöhnlich restriktiver städtebaulicher Vorschriften umso schwieriger gestaltet. Da der Eiffelturm mitsamt seiner unmittelbaren Umgebung unter Denkmalschutz steht, bedürfen jegliche Sanierungsarbeiten der vorherigen Genehmigung durch die zuständigen Ämter und Verbände. Dass ausgerechnet einem Londoner Unternehmen der Auftrag erteilt wurde, das Areal neuzugestalten, ist das Ergebnis eines in Zusammenarbeit mit Autodesk von der Pariser Stadtverwaltung unter dem Titel „Grand Site Tour Eiffel“ ausgeschriebenen internationalen Wettbewerbs. Mit seinem Projekt „One Line“ (OnE) gelang es dem Team von Gustafson Porter + Bowman (GP+B), die Jury zu überzeugen.

Am Fuße des Eiffelturms soll ein grüner Korridor entstehen. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.
Am Fuße des Eiffelturms soll ein grüner Korridor entstehen. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.

Der Entwurf des Unternehmens zeugt von Traditionsbewusstsein und mutet an wie eine Art Renaissance landschaftsarchitektonischer Grundformen. Wie Mary Bowman, Landschaftsarchitektin und einer der Köpfe hinter dem Siegerprojekt, erklärt, war es ihr und ihrem Team ein Anliegen, dem Abschnitt zwischen dem Trocadéro und der Militärakademie neues Leben einzuhauchen: „Zu diesem Zweck beschlossen wir, zum einen die Place du Trocadéro mit einer quadratischen Rasenfläche zu versehen und zum anderen die stufenartige Anordnung der einzelnen Düsen der Fontaine de Varsovie durch den Entwurf eines abgestuften Hangs zu akzentuieren“, erläutert sie. In ähnlicher Weise soll der Überbau des Pont d’Iéna mit Pflanzen geschmückt und so für Fußgänger freundlicher gestaltet werden. „Zu unseren Vorschlägen gehört außerdem der Ausbau der Rasenflächen des Champs de Mars”, fährt Bowman fort. „Diese sollen um etwa 30 cm erhöht werden, um die Aussicht auf die Hauptachse des Geländes zu verbessern.“

Fußgängerfreundlichkeit im Fokus

Ziel des Konzepts von GP+B ist es, Touristen das altbekannte Pariser Wahrzeichen in einem neuen Licht zu präsentieren und gleichzeitig den Stadtbewohnern die Möglichkeit zu bieten, ihre Stadt neu zu entdecken. Um dies zu erreichen, sollen einige der Bereiche, die im Laufe der Jahre regelrecht von Autos, Asphalt und Pflasterflächen verschlungen worden sind, wieder für Fußgänger zugänglich werden. „Diese Entscheidung war das Ergebnis einer soziologischen Studie, die sowohl historische Forschungsarbeit als auch eine Untersuchung der Verkehrsströme in diesem Stadtteil umfasste“, erinnert sich Gilles de Wever, Landschaftsarchitekt bei GP+B.

Autofreie Zone: Das Areal zwischen Eiffelturm und Trocadéro-Platz soll fußgängerfreundlicher werden. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.
Autofreie Zone: Das Areal zwischen Eiffelturm und Trocadéro-Platz soll fußgängerfreundlicher werden. Mit freundlicher Genehmigung von GP+B.

Die malerischen Gärten entlang der Achse des Eiffelturms, so de Wever, sollen zurück zu ihrer ursprünglichen Form finden und „Gestaltungselemente aus der englischen Tradition wie unregelmäßige Formen und blühende Zierpflanzen mit einem sehr französischen, geradlinigen Stil in Einklang bringen“. Eine Reihe von Pflanzen, die in der Entstehungszeit des Eiffelturms in traditionellen Parks sowie in öffentlichen und privaten Gärten vorzufinden waren, sollen dem stark an das 19. Jahrhundert angelehnten Design darüber hinaus einen impressionistischen Touch verleihen.

„Wir bezeichnen sie als ,Erinnerungspflanzen“, meint de Wever. „Diese stehen sinnbildlich für die Spaziergänge, die die Leute im 19. Jahrhundert durch die hiesigen Gärten und Parks machten.“ Dazu gehören unter anderem einheimische Pflanzen der honig- und fruchttragenden Sorte, die nach de Wevers Überzeugung dazu beitragen werden, „die Grünflächen als Ganzes für bestäubende Insekten, Vögel und Mikrofauna attraktiver zu gestalten“.

Zum Schutz der Rasenflächen, die weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben sollen, werden alternative Sitzmöglichkeiten angeboten. Zur Förderung von Entwässerung und Artenvielfalt sind zusätzliche Grünflächen mit durchsickerungsfähigem Boden vorgesehen. Und wer weiß: Wenn mit dem Wechsel der Jahreszeiten die Bäume und Blüten im neuen Park um den Eiffelturm ihre Farbe ändern, können vielleicht selbst jene Pariser diesen ikonischen Ort mit neuen Augen erleben, für die sein Zauber längst abhanden gekommen war.

Bis dahin wird die Umsetzung des ehrgeizigen Sanierungsprojekts, die zwischen 2021 und 2023 erfolgen soll, noch eine weitere Herausforderung mit sich bringen – denn der Eiffelturm soll auch weiterhin für Besucher geöffnet bleiben.

Ein einzigartiges Projekt mit individuellem Modellierungsansatz

In Vorbereitung auf das Projekt zur Neugestaltung des Eiffelturm-Geländes erhob das Team von Autodesk in Zusammenarbeit mit Gexpertise mittels Scan- und Photogrammetrie-Verfahren entlang der 54 Hektar zwischen den Trocadéro-Gärten, dem Champ de Mars und dem Quai Branly sowie zwischen dem Pont de l’Alma und dem Pont de Bir-Hakeim eine wahre Fülle an Punktwolkendaten. Zur Verarbeitung der insgesamt 350 GB an Vermessungsdaten, die Scans von Gebäuden, Straßen, Fußgängerzonen, Grünflächen, der Seine und sogar Stadtmöbeln umfassten, setzte man auf Scan-to-BIM-Technologie. Auf dieser Grundlage entstand anschließend in Autodesk Infraworks ein Modell, das den Ausgangspunkt für die im Rahmen des Wettbewerbs entwickelten Entwürfe bildete. Letztendlich fiel die Wahl der Jury auf das Landschaftsarchitekturbüro Gustafson Porter + Bowman.

Über den Autor

Maxime Thomas ist ein französischer Fachjournalist im Bereich Radio. Zu seinen Lieblingsthemen zählen die digitale Transformation und ihre direkten Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel.

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