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Notre-Dame im Wiederaufbau: Außenbereich soll grüner werden

Blick vom Vorplatz der Notre-Dame nach dem Wiederaufbau und der Neugestaltung des Außenbereichs
Die Pariser Stadtverwaltung hat im Rahmen der Ausschreibung zur Neugestaltung des Außenbereichs der Kathedrale ihre Entscheidung getroffen: Nach Abschluss der Restaurierung des Bauwerks an sich sollen die Arbeiten des Gewinnerteams beginnen.
  • Nach dem Großbrand vom 15. April 2019 läuft zurzeit der Wiederaufbau der schwer beschädigten Kathedrale Notre-Dame de Paris. Die Stadt Paris hat die lange Restaurierungsphase für eine neue Gestaltungskonzeption der Außenanlage genutzt
  • Das vom Büro Bas Smets geleitete Projektteam wollte das Areal vornehmlich grüner gestalten
  • Das BIM-Modell des künftigen Außenbereichs der Kathedrale wurde von der Ingenieurgesellschaft Ingérop erstellt

Wenn es nach der Stadt Paris geht, braucht es nicht nur die bereits seit drei Jahren andauernden Restaurierungsarbeiten, um die Notre-Dame de Paris in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.

Auch die Außengestaltung des vier Hektar großen Areals rund um das Monument wird dazu beitragen, eine der berühmtesten Kathedralen der Welt nach dem verheerenden Brand im Frühjahr 2019 wieder in alter Pracht erstrahlen zu lassen.

Im Rahmen einer internationalen Ausschreibung im Frühjahr 2021 wurden im September 2021 vier Teams eingeladen, Konzepte für die Neugestaltung der Umgebung der Kathedrale einzureichen.

Die Wahl der Jury fiel auf den Entwurf des Teams um das Brüsseler Landschaftsarchitekturbüro Bas Smets, zu dem u. a. auch die beiden Pariser Architekturbüros GRAU und Neufville-Gayet Architectes sowie Ingérop, Franck Boutté Consultants, Les Eclaireurs, BLD Waterdesign und Cronos Conseil gehören.

Erster Spatenstich für 2024 geplant

Das Projekt zur Umgestaltung soll 2024 beginnen und mehr Raum für eine grüne Umgebung schaffen. Zudem ist vorgesehen, die frühere Tiefgarage am Vorplatz in ein Besuchendenzentrum zu verwandeln. Die unter Leitung der Ingenieurgesellschaft Ingérop erstellten BIM-Modelle zeigen, wie die zukünftigen Anlagen aussehen werden, die der Landschaftsarchitekt Bas Smets und sein Team entworfen haben. 

Informationen – der Buchstabe „I“ in BIM – sind von zentraler Bedeutung in digitalen Bauprozessen. Über ein 3D-Modell werden die Daten für die gemeinsame Nutzung und die vernetzte Zusammenarbeit strukturiert. Sie bilden die Informationsquelle für Visualisierungs- und Modellierungstools und ermöglichen den Austausch von Dokumenten über Infraworks, Civil 3D und Autodesk Docs.  

Die Preisträger standen vor verschiedensten Herausforderungen. Zum einen galt es, in ihre Arbeit künftige klimatischen Gegebenheiten einzubeziehen. Zum anderen soll die Umgebung dieses Ortes – bei stärkerer Einbindung der Natur – zu den Ursprüngen von Notre-Dame zurückfinden und fußgängerfreundlicher werden. 

Denkmal und Zeuge städtischen Wandels

Die Île de la Cité, auf der die Kathedrale errichtet wurde, ist der ursprüngliche Kern von Paris. Von hier aus wurde der Stadtkern umgestaltet und erweitert. Dies belegt auch Frankreichs Fundamentalpunkt, der sogenannte „kilomètre zéro“, der sich nur fünfzig Meter vom Eingang des meistbesuchten historischen Bauwerks Europas entfernt auf dem Vorplatz von Notre-Dame befindet. Ausgehend von diesem zentralen Vermessungspunkt für alle nach Paris führenden Straßen wird die Entfernung zwischen der Hauptstadt und den übrigen Städten des Landes ermittelt.

Die Île de la Cité ist seit über 800 Jahren Zeuge städtischen Wandels. Der Auftrag zur Neugestaltung des vier Hektar großen Areals an der Seine bietet die einmalige Möglichkeit, die Ideen von einer verkehrsberuhigten, integrativen, nachhaltigen und umweltfreundlichen Stadt neu zu fassen.

Schließung und Umbau der Tiefgarage

Nach dem Wiederaufbau der Nortre-Dame: Blick über die Seine auf die Kathedrale
Der Umbau der früheren Tiefgarage unter dem Vorplatz erlaubt einen erweiterten, frei zugänglichen und begrünten öffentlichen Raum.

Die erste umweltfreundliche Maßnahme, die das Team unter der Leitung des Bureau Bas Smets empfohlen hat, ist die Verringerung des Kohlendioxidausstoßes. Welches Symbol könnte die Rückeroberung der Stadt durch Fußgänger und sanfte Mobilität besser veranschaulichen als der Umbau der zweigeschossigen Tiefgarage unter dem Vorplatz zu einer Besuchendenpromenade?

Der völlig neu gestaltete Raum bietet außerdem einen Zugang zur angrenzenden Krypta und öffnet sich zur Seine hin. Die frühere direkte Verbindung zu dieser Stätte vom Seine-Ufer aus wird wiederhergestellt. Hier hatte man bei Ausgrabungen vor dem Bau der Tiefgarage bereits in den 1960er Jahren Überreste eines Schiffsanlegers entdeckt.

Ausschlaggebend bei der Auswahl des Projektentwurfs war für die Stadtverwaltung von Paris die Besucherfreundlichkeit“, erläutert Carine Dunogier, Leiterin des Geschäftsbereichs Stadtentwicklung bei Ingérop. Die Ingenieurgesellschaft hatte bereits beim Wettbewerb zur Neugestaltung des Eiffelturm-Geländes als BIM-Berater mit der Pariser Stadtverwaltung zusammengearbeitet. Nicht zu vergessen sei, so Dunogier, dass zu den täglich 30.000 Besuchenden der Kathedrale jeden Tag weitere Tausende Menschen, Arbeitende und Anwohnende hierherkommen. Dabei fehle es an Infrastruktureinrichtungen und einer barrierefreien Ausstattung für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.

Das neue Besuchendenzentrum im schattigen, zum Außenbereich hin offenen Untergeschoss wird einen Empfangsbereich für Gruppen, ein Café-Restaurant und öffentliche Toiletten beherbergen. Im Blickpunkt stehen dort ausgestellte Ausgrabungsgegenstände, die man vor 60 Jahren gefunden hat.

Nach dem Wiederaufbau: Die Passage Notre-Dame
Die Wahl fiel auf das Team unter der Leitung des belgischen Landschaftsarchitekten Bas Smets, zu dem unter anderem das Architektur- und Stadtplanungsbüro GRAU und das auf Kulturerbe spezialisierte Architekturbüro Neufville-Gayet gehören.

Realitätsgetreue 3D-Darstellung für die Landschaftsarchitektur um Notre-Dame

Die von Ingérop mithilfe von InfraWorksCivil 3D3ds Max und AutoCAD erstellten 3D-Modelle vermitteln ein realitätsgetreues Abbild des Areals, das bis Ende 2027 fertiggestellt werden soll. Die Baukosten belaufen sich auf mindestens 30 Millionen Euro.   

Während des Wettbewerbs zur Neugestaltung der Umgebung von Notre-Dame stand Autodesk der Pariser Stadtverwaltung mit dem nötigen technologischen Know-how zur Seite. Auf diese Weise entstand ein 3D-Modell des vorhandenen Geländes rund um die Kathedrale, das es den vier Teams ermöglichte, die Geländegegebenheiten als Grundvoraussetzung für die Planung besser zu erfassen und perfekt zu integrieren. Über die gemeinsame cloudbasierte Datenumgebung Autodesk Docs hatten die Teams schnellen und direkten Zugriff auf Dokumente. Das war gerade während der Covid-Pandemie von großem Vorteil. Einige Bereiche werden allerdings aufgrund der Bleikontamination im Umfeld der Kathedrale weiterhin unzugänglich bleiben. Dort sind strenge Schutzvorkehrungen der nationalen Arbeitsaufsichtsbehörde einzuhalten.

Über eine offene Treppenanlage gelangt man zum Fuß der Kathedrale. Beim Hinaufsteigen wird die ursprüngliche Größe des Denkmals wieder sichtbar, die in Vergessenheit geriet, da man im Laufe der Jahrhunderte durch Um- und Aufbauten eine Stadt über der anderen errichtet hatte.

Die 3D-Visualisierung der Entwürfe der Wettbewerber mithilfe von Autodesk-Technologien erleichterte es der Jury, sich in die Vorschläge für die Neugestaltung dieses historischen Viertels von Paris hineinzuversetzen und den besten Entwurf auszuwählen. Wir hoffen, dass Millionen von Besuchern diesen außergewöhnlichen Ort genießen werden, sobald die Bauarbeiten abgeschlossen sind“, so Emmanuel Grégoire, erster stellvertretender Bürgermeister von Paris.

Das sieht auch der der zuständige Projektleiter von Ingérop für den Bereich Digitalisierung Westfrankreich Vincent Duloup so: „Die Zusammenarbeit in der Cloud hat für einen reibungslosen Austausch zwischen allen Projektpartnern gesorgt. Durch die BIM-Modellierung war ein konstruktiver Dialog mit dem Erzbistum und dem Bürgerkomitee der Stadt möglich.

Nach dem Wiederaufbau der Notre-Dame: Blick auf die Kathedrale und den Außenbereich aus der Vogelperspektive
Die vorhandenen Räume rund um den Dom wie Vorhof, Domplatz, Grünanlage, Baumreihe und Seine-Ufer bilden keine architektonische Einheit. Der Projektentwurf hat für jede Anlage nach integrativen und klimatischen Gesichtspunkten ein neues Konzept entwickelt, das die besondere Rolle jedes dieser Orte hervorhebt. Credit: Ingérop.

Schattiges Grün, freier Blick und dezentes Wasserspiel

Ein weiterer Höhepunkt des Projekts ist die Neubepflanzung und Erweiterung der Grünflächen auf der Île de la Cité. Der bislang steril erscheinende Vorplatz wird künftig von Grün und Bäumen umsäumt sein. „Im Sommer ist es sehr heiß. Man konnte sehen, dass sich die Warteschlangen für den Eintritt in die Kathedrale stets im Gebäudeschatten bildeten. Die Besucher suchten Schutz vor der Hitze. Bei der Neubepflanzung des Platzes, der auch in Zukunft ausreichend Fläche für die etwa hundert Kulturveranstaltungen pro Jahr bieten soll, hat man deshalb auch an natürliche Schattenbereiche gedacht“, erläutert Dunogier.

An heißen Sommertagen wird zudem eine wenige Millimeter dünne Wasserschicht zur Abkühlung über den Vorplatz verteilt. Das Wasser stammt aus einem geschlossenen Regenwasserkreislauf. Die Verdunstungskühle der Wasserschicht soll die Passanten erfrischen.

Nach dem Wiederaufbau der Notre-Dame: Blick auf die Westfassade und den grün umrahmten Vorplatz
Der Vorplatz, grün umrahmt, öffnet sich mit freiem Blick auf die Westfassade von Notre-Dame. Die umliegenden Bäume spenden Schatten für Sitzbereiche. An heißen Tagen spiegelt sich die Westfassade flüchtig in der kühlenden Wasserschicht über dem Vorplatz.

Eine konstruktive Bürgerdebatte

Das Projekt zur Neugestaltung des Areals um Notre-Dame, das als 3D-Modell und Virtual-Reality-Tour in aller Welt zu sehen ist, wird viele Orte dieser geschichtsträchtigen Stätte wieder zur Geltung bringen. Der BIM-gestützte ganzheitliche Ansatz zur effizienten Nutzung moderner Bautechnologie wird diesem Denkmal zweifellos zu neuem Glanz verhelfen.

Über den Autor

Maxime Thomas ist ein französischer Fachjournalist im Bereich Radio. Zu seinen Lieblingsthemen zählen die digitale Transformation und ihre direkten Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel.

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