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Der „Battista” von Automobili Pininfarina: ein Elektro-Hypercar wie eine Rakete

Der „Battista“ von Automobili Pininfarina ist nicht nur ein PS-Wunder, sondern auch eine Designikone.
  • Es ist aktuell der schnellste Supersportwagen in Italien. Durch den elektrischen Antrieb sind neue Freiheiten im Automobildesign möglich. Bei Automobili Pininfarina spricht man von einer “Revolution”
  • Die Inspiration für den Battista nahmen die Designer hauptsächlich aus der Natur – dank der Technologie ist eine geschwungene Form- und Designsprache möglich sowie Simulationen und VR-Checks vor Produktionsstart
  • 150 Exemplare maximal gibt es von dem Battista weltweit. Durch die unzähligen Designvarianten gleicht kein Battista dem anderen

Draußen glüht die spätsommerliche Sonne auf die trockenen Rasenflächen. In einer unscheinbaren, grauen Fabrikhalle in einem Industriegebiet bei Turin befindet sich die Designschmiede von Automobili Pininfarina. Betritt man die heiligen Hallen, leuchtet alles strahlend weiß wie ein White Cube. Die Dürre von draußen kann man in diesem Licht schnell vergessen.

Francesco Cundari, Head of Interior Design bei Automobili Pininfarina, lehnt an einem Stehtisch und zeichnet mit Bleistift auf Papier. In seinem Skizzenbuch lassen sich nicht nur Autos, sondern auch Tiere finden. „In der Natur hat jede Form ihre Berechtigung. Nach dem Motto ‚form follows function‘“, erklärt er.

Dann dreht er sich um und zeigt auf den – oder wie Cundari auch gerne sagt – „die“ Battista. Ein Supersportwagen, der pure italienische Leidenschaft verkörpert – sowohl in der Stärke als auch im Design. Cundari zeichnet die Linien des Autos in der Luft vorsichtig nach. „Diese Symbiose von Funktion und Form habe ich aus der Natur auf dieses Auto übertragen. Jede Linie hat ihre Berechtigung, jede Kurve einen Sinn.“

Und tatsächlich, die gewellten Linien dieses Supersportwagens sind so organisch wie die Wellen vor der italienischen Riviera oder den Serpentinen am Stilfser Joch. Wobei sein Charakter eher an das Feuer in der italienischen Leidenschaft erinnert. Man traut sich kaum, dieses Auto zu berühren. Liegt es an seinen fast 2000 Pferdestärken oder daran, dass dieses Auto über zwei Millionen Euro kostet?

Für mindestens zehn Wochen durchläuft der Battista verschiedene spezielle Fertigungsbereiche im Werk von Automobili Pininfarina im Norden von Italien.
Für mindestens zehn Wochen durchläuft der Battista verschiedene spezielle Fertigungsbereiche im Werk von Automobili Pininfarina im Norden von Italien. Credit: Automobili Pininfarina

Automobili Pininfarina macht einen lang gehegten Traum wahr

Pininfarina ist eigentlich bekannt als Designstudio für bekannte Automobilmarken wie für Ferrari, Fiat oder Maserati. Der Gründungsvater Battista „Pinin“ Farina hatte jedoch bereits vor Jahrzehnten den Traum vom eigenen Pininfarina-Auto. Laut Historientafel in der Produktionshalle sagte der Visionär schon im Jahr 1959: „Die nächste Revolution in der Automobilbranche wird sein, wenn sich die Autos von den Zwängen des Verbrennungsmotors befreien können.“

Recht sollte er behalten. Fast 100 Jahre später produzierten seine Nachfahren mit dem Start-up und der Ausgründung „Automobili Pininfarina“ den Battista und machten den Traum vom Gründungsvater wahr. Der Name des Autos ist eine Hommage, im wahrsten Sinne des Wortes.

Das Auto “Battista” von Automobili Pininfarina hat 1900 Pferdestärken

Der Battista ist eines der schnellsten elektrischen Supersportwagen weltweit – von 0 auf 100 braucht das Auto weniger als zwei Sekunden, 350 km/h fährt es in der Spitze, weist mehr als 1900 Pferdestärken auf und mit den vier Elektromotoren einen Drehmoment von 2,340 Nm. Einmal aufgeladen, kann das Auto fast 500 km zurücklegen. Bei einer Ladeleistung von 250 Kilowatt soll sich der Energiespeicher dank der 800 Volt-Ladetechnik in nur 25 Minuten von 20 auf 80 % füllen.

Das Auto “Battista” von Automobili Pininfarina weist 1900 Pferdestärken auf
Das erste Mal in der Geschichte produziert die Designschmiede Pininfarina mit der Start-up-Ausgründung „Automobili Pininfarina“ ein eigenes Auto. In Italien spricht man von einer Revolution. Credit: Automobili Pininfarina

Neben all diesen Maxima ist vor allem das Design einzigartig. Durch die tiefliegende T-förmige Batterieverlegung im Inneren des Autos bleibt viel Raum für das Design. Was Cundari, den Interior-Direktor, am meisten freut. Denn dann könnten die minimalistischen Designlinien durch das komplette Chassis laufen, ohne Unterbrechung durch Kabelstränge, die normalerweise im Auto verbaut sind. „Der elektrische Antrieb gibt uns unheimlich viel Freiheit im Design“, so Cundari. Der Zweisitzer bietet 128 Millionen mögliche Variationen für Farben, Materialien und Gravuren. Das Exterieur thront sogar noch darüber mit bis zu 13,9 Trillionen Kombinationen, darunter zum Beispiel Sonderlackierungen, Carbonakzente oder Beleuchtungsvariationen.

Von Anfang bis Ende dauert die Montage dieses Luxusautos zehn Wochen. Jeder einzelne Battista wird von zehn Ingenieuren in mehr als 1.250 Stunden Handarbeit zusammengebaut.

Fünf Fahrmodi mit Namen wie „calma“ oder „furiosa“ hat der Battista: von komfortabel bis zum ambitionierten Hypercar, das es förmlich um die Kurven reißt. Credit: Automobili Pininfarina
 
Jeder einzelne Battista wird in mehr als 1.250 Stunden Handarbeit zusammengebaut. Credit: Automobili Pininfarina

Im Battista Atelier in Cambiano bei Turin in Italien können Kunden aus einem umfangreichen Spektrum an Personalisierungsmöglichkeiten wählen. Dazu gehören Farbkombinationen, Materialien sowie weitere Spezifikationen für Interieur und Exterieur. Credit: Automobili Pininfarina
 
Beschleunigt der Battista von 0 auf 100 fühlt man sich wie bei einem Raketenstart. 1,9 Sekunden braucht das Auto gerade einmal. Credit: Automobili Pininfarina
 
Durch die tiefliegende T-förmige Batterieverlegung im Inneren des Autos bleibt viel Raum für das Design. Credit: Automobili Pininfarina

Wichtigste Inspirationsquelle der Designer: die Natur

Wenn Cundari das Design beschreibt, nimmt er immer wieder Beispiele aus der Natur zum Vergleich. Er spricht von Designformen, die wie Schwanenhälse aussehen, vom Lenkrad, das wie ein Delfin ins Dashboard eintaucht, oder von der Fahrerkabine wie ein Kokon. „Als Automobildesigner sollte man nie seine Inspiration nur von anderen Autos holen“, weiß er. „Sonst ist es, als wenn der Hund in seinen eigenen Schwanz beißt und sich im Kreis dreht.“ Neben der Natur sei auch die Architektur seine Inspirationsquelle, verrät der gelernte Baumeister.

Seit 20 Jahren arbeitet Cundari mit der Autodesk-Technologie Alias, um seine Ideen ins Digitale zu übersetzen. Wobei jede erste Linie immer erst mit Bleistift und Papier startet, um der Kreativität freien Lauf zu lassen. „Die junge Generation von Designern allerdings startet meist gleich im digitalen 3D-Modell, was ich etwas verurteile. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur neidisch“, schmunzelt der Interior-Designer.

Entwicklungssprünge in der Software ermöglichen eine neue Designsprache von Autos

„Früher“, blickt er zurück, „waren Autos oft eckig. Das lag vor allem an unreifen Softwareentwicklungen. Das hat sich aber um 180 Grad gewandelt. Heute sind dank der Technologie geschwungen schöne Formen und Linien möglich, die eben wie Schwanenhälse oder Delfinsprünge aussehen“, so Cundari. An der Technologie schätzt er vor allem die intuitive Bedienung, was es nicht nur leicht für die Designer bei Automobili Pininfarina macht, sondern auch für die Studierenden, die Cundari an der Designschule von Turin unterrichtet.

Damit die Zeichnungen in Alias auch erleb- und fassbar werden, nutzt Automobili Pininfarina die VR-Lösung Autodesk VRED. Damit können die Designer die Entwürfe samt Materialauswahl mit einer Virtual Reality-Brille bereits vor Produktionsstart checken und Simulationen fahren.

Francesco Cundari bekam bereits als Kind unzählige Matchbox-Autos von seiner Mutter geschenkt. Kein Wunder, dass er als Automobildesigner Karriere machte. Credit: Automobili Pininfarina
 
Das Design vom Battista wurde in Autodesk Software gezeichnet. Die Technologie ermöglicht geschwungen schöne Formen. Credit: Automobili Pininfarina

Bei dem VR-Check prüfen die Designer zum Beispiel das Leder, das chromfrei und mit Blättern aus der Olivenernte behandelt wurde. Bei dem Verfahren wird das Leder ohne Chemikalien gegerbt, wodurch die Auswirkungen auf die Umwelt bei der Herstellung des Battistas minimiert werden sollen. Zudem sind die Teppiche im Fußraum in dem Battista aus recycelten Fischernetzen. „Es ist ein echtes Privileg, innovative Technologien mit dem reichen Designerbe von Pininfarina zu vereinen und dabei nachhaltige Materialien und Prozesse zu verwenden“, so Sara Campagnolo, Director of Colour & Material Design bei Automobili Pininfarina.

150 Exemplare wird es maximal von dem Battista auf der Welt geben – und keines gleicht dem anderen. Einer der ersten Battistas in edlem Grau und roten Ledersitzen wird demnächst zu einem Kunden in die USA gebracht und steht bereits fertig in den heiligen Hallen am Stadtrand von Turin. Als der Motor angeht, erinnert der Sound an Walgeräusche. Man wollte hier bewusst ein ruhiges Gegengewicht zum aufregenden Charakter dieses Autos setzen. „Schau, wie wunderschön sie ist“, schwärmt Cundari wie der Michelangelo vor seinem David.

Über den Autor

Friederike Voigt war früher als Journalistin tätig und ist heute in ihrer Rolle als Content Manager bei Autodesk für Redshift in EMEA verantwortlich. Während ihres Studiums der Fächer Medienmanagement und Kunstgeschichte erhielt sie ein journalistisches Stipendium und arbeitete für die Deutsche Presse-Agentur sowie verschiedene Zeitungen und Zeitschriften wie das Cicero Magazin.

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