Starline Windows: Die Fensterbranche wird digital
- Der in Vancouver, Kanada, ansässige Fensterhersteller Starline Windows hat bereits früh auf digitales Design gesetzt und vertraut auf schlanke Prozesse, um Kunden maßgeschneiderte Produkte zu liefern
- Die Finanzkrise im Jahr 2008 sowie die COVID-19-Pandemie gaben den Anstoß für die digitale Transformation des Unternehmens – mit dem Ziel, sich in einem umkämpften Marktsegment zu behaupten
- Das Ergebnis: Das Unternehmen ist nicht nur umweltfreundlicher, lukrativer und anpassungsfähiger, sondern bietet außerdem seinen Kunden, Partnern und Mitarbeitenden einen höheren Mehrwert
Wenn Gebäude Körper wären, wären die Außenwände die Haut, die Wind und Regen abhält und im Inneren für Wärme und Behaglichkeit sorgt. Doch bekanntlich bestehen Gebäude nicht nur aus Wänden, sondern auch aus Lüftungsschächten, Rohren, Türen und Fenstern, die perfekt aufeinander abgestimmt und abgedichtet sein müssen, um alles im Inneren optimal vor Wind und Wetter zu schützen.
Bereits millimetergroße Defekte können zu erheblichen Problemen führen, wenn ein Fenster nicht ganz den Anforderungen entspricht. Schlimmstenfalls muss es vor Ort zugeschnitten oder gar nachbestellt und ersetzt werden. In jedem Fall bedeutet dies einen zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand. Mit dem Ziel, Nacharbeiten dieser Art in Zukunft zu vermeiden, hat sich der im kanadischen Vancouver ansässige Fensterhersteller Starline Windows dem digitalen Design verschrieben und damit neue Maßstäbe in der Branche gesetzt. Denn: Der Ansatz fördert gute Geschäftsbeziehungen, profitables Wachstum und nachhaltigere Betriebsmodelle. Heute gehört Starline zu den Lieferanten der Wahl für viele hochkarätige Bauprojekte, was nicht zuletzt an der Fähigkeit des Unternehmens liegen dürfte, effektiv mit internen wie auch externen Projektbeteiligten zusammenzuarbeiten.
Bessere Ergebnisse dank integrierter Prozesse
Starline entwirft und fertigt Aluminiumfenster-Systeme für Wohn- und Geschäftsgebäude. Seit seiner Gründung Anfang der 70er Jahre hat das Unternehmen in seinen wichtigsten Märkten, dem US-Bundesstaat Kalifornien und den kanadischen Provinzen British Columbia und Alberta, Tausende von Projekten abgewickelt. Tatsächlich war Starline Windows für die Herstellung und den Einbau der Fenster und Türen in 25 % aller Hochhäuser verantwortlich, die in den letzten 50 Jahren im Zentrum von Vancouver errichtet wurden, und hat damit die ikonische Skyline der Stadt entscheidend mitgeprägt.
Die Produktpalette von Starline umfasst gestanzte Fenster, Fensterwände, Vorhangfassaden und Balkontüren. Im Gegensatz zu vielen Fertigungsunternehmen, die ihre Arbeitsprozesse in den 80er Jahren ausgelagert haben, verfolgt man bei Starline nach wie vor eine vertikal integrierte Struktur, bei der der Großteil der Lieferkette – einschließlich hochmoderner, vollautomatisierter Fertigungsanlagen – vom Unternehmen selbst betrieben wird.
„Wir sind ein wirklich besonderes Unternehmen“, so Catherine Walmsley, Leiterin für virtuelle Bauprozesse bei Starline. „Das gilt nicht nur für unsere Tätigkeit an sich, sondern vor allem auch für unsere Herangehensweise. Wir betreiben unsere eigene Lieferkette, haben unseren eigenen IT-Support und führen sämtliche Prozesse von der Fertigung bis hin zur Montage und Installation selbst durch.“
Wie Walmsley betont, lege man bei Starline Wert darauf, Aufträge in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Partnern abzuwickeln, um sowohl deren Bedürfnissen als auch jenen des Unternehmens gerecht zu werden. Doch trotz des hohen Maßes an Kontrolle, das dieser integrierte Ansatz ermöglicht, steht Starline vor zahlreichen für das Gebäudehüllengewerbe typischen Herausforderungen – unter anderem eine mangelnde Zusammenarbeit mit Architekten und Bauunternehmern, eine unzureichende Einsicht in Planungsänderungen seitens der Außendienstmitarbeitenden und ein begrenzter Datenaustausch zwischen Büro und Baustelle. Nicht zuletzt bringt der Mangel an abteilungsübergreifender Zusammenarbeit auch in Sachen Logistik Probleme mit sich.
In hart umkämpften Marktsegmenten kann eine enge Zusammenarbeit zwischen Projektbeteiligten über Erfolg oder Misserfolg entscheiden – denn nur so lässt sich der Mehrwert eines Projekts effektiv belegen. Wie aus dem im Window + Door Magazine veröffentlichten Pulse Report 2022 hervorgeht, sind 62 % aller Bauunternehmen auf der Suche nach neuen Fensterlieferanten, um Probleme in der Lieferkette zu vermeiden und Kundenanforderungen zu erfüllen. Zu den am häufigsten genannten Gründen für die Erwägung eines neuen Anbieters gehören Flexibilität, Durchlaufzeiten, Materialverfügbarkeit und Preis.
Traditionelle Struktur, moderne Herausforderungen
„Komplexe Projekte können nur dann erfolgreich abgewickelt werden, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen“, ist Walmsley überzeugt. „Daher ist es wichtig, den Prozess als Ganzes zu betrachten.“
Während die transparentere Gestaltung sämtlicher Arbeitsprozesse von A bis Z Vorteile für jedes Architektur-, Ingenieur-, Konstruktions- und Fertigungsunternehmen birgt, gestaltet sich die Umsetzung dieses Ziels in der Praxis schwierig. Der Grund: Immer häufiger werden maßgeschneiderte, nicht standardisierte Lösungen gewünscht. Das macht wiederum eine bessere Nach- und Rückverfolgbarkeit über den gesamten Produktlebenszyklus erforderlich.
Um individuellen Kundenanforderungen gerecht zu werden, gilt es, von Anfang an eng mit den Architekten zusammenzuarbeiten und zu gewährleisten, dass Designvorgaben von der Fertigung bis zur Installation eingehalten werden. Die Zunahme der Remote-Arbeit im Zuge der COVID-19-Pandemie hat ein branchenweites Umdenken darüber angestoßen, wie den Kunden eine engere Zusammenarbeit und eine größere Transparenz geboten werden kann.
Doch genau wie man sich bei Starline bereits früh für eine traditionelle Geschäftsstruktur entschied, so schlug das Unternehmen auch als eines der ersten der Branche den Weg der digitalen Transformation ein – und legte damit den Grundstein für die erfolgreiche Bewältigung der geschäftlichen Herausforderungen von heute.
Starline Windows ist Vorreiter auf dem Gebiet der Digitalisierung
„Unser Team übernimmt sämtliche Arbeitsschritte, angefangen beim Entwurf über die Fertigung und Montage bis hin zur Zustellung an den Kunden“, erklärt Walmsley. „Je mehr Bauinformationen man bei einem derart großen Arbeitsaufwand virtualisieren kann, desto besser.“
Diesen Umstand erkannte das Team bereits Anfang der 80er Jahre und fasste folglich den Entschluss, Papierzeichnungen zugunsten von computergestütztem Design (CAD) aufzugeben.
„Wir haben uns schon sehr früh für CAD entschieden“, so Walmsley. „Wir hatten das Glück, dass unser IT-Beauftragter sich wirklich auskannte. Als um 1985 dann CAD-Lösungen im Open-Source-Format erschienen, ergriffen wir die Chance, uns von der gewohnten papierbasierten Arbeitsweise abzuwenden und die in unseren von Hand erstellten Entwürfen enthaltenen Daten zu digitalisieren.“
Im Jahr 2008 stellte die makroökonomische Situation infolge der weltweiten Finanzkrise das Unternehmen dann unerwartet vor die große Herausforderung, sowohl seine Kosten zu senken als auch den Personalbestand zu reduzieren, ohne dabei Abstriche bei der Qualität oder der Lieferfähigkeit zu riskieren. „Wir waren schon länger von den Lean-Prinzipien überzeugt, aber nach den Ereignissen im Jahr 2008 mussten wir auf einmal voll und ganz auf schlanke Prozesse setzen und Wege finden, um mit einer kleineren Belegschaft die gleiche Anzahl von Projekten umzusetzen“, erinnert sich Walmsley. „Und nicht nur das: Außerdem mussten wir den verbliebenen Teammitgliedern effizientere Arbeitsweisen vermitteln. Unsere Mitarbeitenden vor Ort in den Gebäuden konnten sich zunächst kaum vorstellen, ihre gewohnten Papierzeichnungen aufzugeben, doch als wir ihnen ein iPad in die Hand drückten, lagen die Vorteile sofort auf der Hand. Plötzlich waren wir in der Lage, Änderungsdaten im Handumdrehen digital an unsere Mitarbeitenden auf der Baustelle zu übermitteln, anstatt sie mühsam per Kurierdienst zu schicken.“
Neben dem Außendienst sind auch die Produktionsanlagen des Unternehmens fast vollständig automatisiert. „Wir führen nur noch wenige Prozesse manuell durch“, so Walmsley. „Fertigung und Montage sind mittlerweile nahezu vollständig robotergesteuert.“
Im Rahmen seiner laufenden Digitalisierungsbemühungen kombinierte das Team von Starline Daten aus Autodesk Fusion 360, Vault, Revit, Inventor und der Autodesk Construction Cloud, um den Projektablauf von der Planung bis zur Fertigstellung zu beschleunigen.
Für Walmsley sind die Tools, mit denen sich Informationen aus verschiedenen Systemen zusammenführen und 3D-Konstruktionen erstellen lassen, das letzte Puzzleteil auf dem Weg zu einer rundum digitalen Arbeitsweise. Sie erleichtern es dem Team, maßgeschneiderte Konzepte für Großprojekte wie das Civic Plaza in Surrey in British Columbia zu realisieren. Die Gestaltung von Fenstern in Form von Gitarrenplektren für das größte Gebäude der Stadt sollte sich als überaus anspruchsvolle Aufgabe erweisen und die Fähigkeiten des Teams auf die Probe stellen.
„Runde Formen waren zwar kein Problem, aber ein derart einzigartiges Design war noch Neuland für uns“, so Walmsley über die außergewöhnlichen Fenster des Gebäudes. „Die Fenster waren mit einem Durchmesser von 2,5 Metern wirklich riesig und die Koordinierung und Umsetzung der Aufgaben eine echte Herausforderung. Wir hatten eine enorme Vorlaufzeit und die Fenster pünktlich zu liefern und einzubauen, war ein echter Kraftakt.“
Nachhaltiger Nutzen
Mit weniger mehr erreichen und zwar besser als zuvor – darin liegt die Kernaufgabe der Digitalisierung. Im Falle von Starline habe sie laut Walmsley die Geschäftsplanung erleichtert und die Qualitätskontrolle verbessert: „Ich kann ganz einfach Daten zu den verschiedensten Betriebsabläufen aus Revit, Inventor und unseren ERP- und Bestandskontrollsystemen abrufen, um der Führungsebene stets genau die richtigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise können wir nachvollziehen, wie unsere Kapazitäten aussehen, ob wir unseren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen und wann unser nächster Verkauf ansteht.“
Auch aus ökologischer Sicht hat es sich ausgezahlt, den Weg der Digitalisierung einzuschlagen. So ist etwa der Bedarf des Unternehmens an Papier, Toner und sonstigem Druckerverbrauchsmaterial drastisch zurückgegangen. Hinzu kommt, dass weniger Produktionsabfälle entsorgt werden müssen, da durch die genauere Planung und Fertigung weniger Mängel entstehen und somit der Zuschnitt auf der Baustelle weitgehend entfällt. Und wenn sich doch einmal Mängel einschleichen, können diese protokolliert und nachverfolgt werden, um ähnliche Fehler künftig zu vermeiden.
Die wichtigste Erwägung, so Walmsley, bestehe jedoch darin, wie gut ein digitales Tool dem Unternehmen helfe, enger mit Kunden, Partnern und anderen Projektbeteiligten zusammenzuarbeiten: „Es geht nicht nur um uns. Auch die Architekten, Entwickler und Kunden müssen einen Nutzen aus dem Tool ziehen können. Letztendlich ist das wichtigste Verkaufsargument die Gewissheit, dass wir ein Produkt liefern, das das Gebäude aufwertet, allen Beteiligten das Leben erleichtert und Kunden davon überzeugt, wieder mit uns zusammenzuarbeiten.“