Im Schnitt büßen Unternehmen fünf Prozent ihres Jahresumsatzes durch Betrugsfälle ein. Umso bitterer ist es, dass der Übeltäter häufig aus den eigenen Mitarbeiterreihen kommt und aufgrund seines Zugangs zu vertraulichen Informationen weiß, wo das Unternehmen angreifbar ist. In Fertigungsunternehmen liegen die Schwachstellen für Betrugsfälle häufig in der Lieferkette. Um Daten zu schützen, kann KI helfen. Wir zeigen, wie.
Fertigungsunternehmen sind im Rahmen ihrer Beschaffungsprozesse für Betrugsversuche anfällig: Waren werden im Werk angeliefert und verschwinden auf unerklärliche Weise. Manchmal gibt es doppelte Bestellscheine oder zwei Rechnungen für die gleiche Bestellung. Schwarze Schafe unter den Arbeitnehmern melden sich an, sind jedoch in Wirklichkeit gar nicht anwesend. Weit verbreitet – und ein Problem in allen Branchen – sind Betrugsfälle in Verbindung mit Geschäftsreisen. Häufig stecken zwei Unehrliche unter einer Decke, zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter der Beschaffungsabteilung Waren bestellt und vom Zulieferer Schmiergelder dafür kassiert, dass Produkte wissentlich zu teuer eingekauft werden.
„In jedem Unternehmen gibt es einen Höchstbetrag, ab dem Bestellungen genau geprüft werden“, erklärt Utkarsh Kansal, der als Produktmanager für den Falcon Assurance Navigator (FAN) zuständig ist – ein Betrugserkennungssystem (Fraud Detection System) für Beschaffungsprozesse, das von dem im kalifornischen San Jose ansässigen Unternehmen FICO vertrieben wird. „Zum Beispiel könnten sich Einkäufer und Zulieferer mit betrügerischen Absichten verabreden, Aufträge so aufzuteilen, dass der Bestellwert unterhalb des Schwellenwertes liegt, ab dem geprüft wird. Das ist eine gängige Betrugsmasche“, weiß Kansal.
Von dem von Fertigungsunternehmen weltweit verausgabten Einkaufsvolumen in Höhe von jährlich 32 Milliarden Euro gingen auf diese Weise, so Kansal weiter, zwischen 0,5 und 1,0 Prozent (320 Millionen Euro) durch Betrug verloren.
„Betrug kann sogar Auswirkungen auf die Teile oder Werkstoffe für die Fertigung haben“, warnt Tim Shinbara, Technologievorstand (CTO) des nordamerikanischen Verbandes für Fertigungstechnologie AMT. „Wenn ein angeliefertes Teil an der Eingangskontrolle durchgewunken wird, obwohl es nicht den Spezifikationen entspricht, könnte es sich um Irreführung handeln“, meint Shinbara.
Ein erfahrener Mitarbeiter auf diesem Gebiet bemerkt, wenn an der Abwicklung einer Bestellung etwas faul ist – sei es, weil er die hierfür entwickelten Verfahren gewissenhaft befolgt, oder weil er mit der Zeit einfach ein Gespür für solche Dinge entwickelt hat. Als zuverlässigere Methode bietet sich angesichts des schier unübersichtlichen Volumens an Transaktionen jedoch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) an. In manchen Fertigungsunternehmen werden Jahr für Jahr Millionen von Bestellungen bearbeitet – für Risikomanagement-Teams nicht zu stemmen. Damit trotzdem kein Betrugsversuch durchrutscht, können die Vorgänge stattdessen mit einem KI-Modell überwacht und analysiert werden.