Weltmeere schützen – mit der Hilfe von 3D-Modellen
- Anstieg des Meeresspiegels, Erwärmung und Kohlendioxid-Anstieg – es geht unseren Weltmeeren nicht gut und sie müssen geschützt werden
- Dennoch wird immer noch viel zu wenig für das “große Blau” getan, nicht zuletzt, weil die Menschen sich zu wenig mit ihm identifizieren können oder diese Probleme immer noch in der fernen Zukunft gesehen werden
- Doch sie sind aktueller denn je, weiß Maurice Conti, der sich im Oktober 2015 auf die Mission Blue II-Expedition begab. Lösungsansätze sieht er im 3D-Druck, aber auch in innovativen Erzählweisen
Im Oktober 2015 begab ich mich auf die Mission Blue II-Expedition der Innovationskonferenz TED an Bord der National Geographic Explorer. Die Reise führte mich von Papua-Neuguinea zu den Salomonen. Das gemeinsame Projekt bot Wissenschaftlern, Aktivisten, politischen Entscheidungsträgern, Vordenkern und Forschern Gelegenheit, über den Schutz der Weltmeere und Lösungen für die drängendsten Probleme der Ozeane zu diskutieren.
Es war eine unglaubliche Erfahrung, die sich auch auf Autodesk auswirkt. Insbesondere beeinflusst sie unsere Einstellung zur Zukunft der Weltmeere und den damit verbundenen Konsequenzen für Planer und Ingenieure, besonders in den Bereichen Architektur und Infrastruktur.
Es ist leicht, sich keine Gedanken über den Zustand der Ozeane zu machen. Besonders leicht fällt es, wenn man als viel beschäftigter Berufstätiger einer Arbeit nachgeht, die scheinbar keine direkte Verbindung zu dieser weiten, blauen Fläche hat. Indes ist die Existenz des Menschen auf der Erde untrennbar mit dem Zustand der Ozeane verbunden. Ohne gesunde Ozeane könnten Menschen nicht atmen, da die des Sauerstoffs auf der Erde von Plankton produziert wird.
Die Weltmeere sind wichtig und es geht ihnen nicht gut, schließlich ist der Meeresspiegel in den vergangenen hundert Jahren an unseren deutschen Küsten um etwa 15 bis 20 cm gestiegen. Zudem erwärmen sich die Weltmeere zunehmend und eine sich erhöhende Kohlendioxid-Konzentration führt zur Versauerung, wodurch das Außenskelett des Planktons angegriffen wird. Das wiederum ist problematisch, weil Plankton Teil der Nahrungskette ist und auch Sauerstoff erzeugt, den wir Menschen atmen. Viele der größten Meeresfische sind mittlerweile ausgestorben und dennoch macht der Anteil der Meeresgebiete, die vor Verminung, Fischerei und Verunreinigung geschützt werden, nur einen kleinen Teil der Gesamtfläche aus.
Die renommierte Ozeanografin Dr. Sylvia Earle drückte das 2009 in ihrer Dankesrede anlässlich der Verleihung des TED-Preises so aus: „Die Ozeane der Welt machen 97 % ihres Wassers aus. Ohne Blau … kein Grün. […] Keine Meere. Kein Lebenserhaltungssystem.“
Lösungsansätze, um unsere Weltmeere zu schützen
In den letzten Jahren beschäftigte sich ein Team von Autodesk mit der Erforschung der Ozeane und der Auswirkungen, die deren Entwicklung auf Planer, Ingenieure und ihre zukünftigen Arbeitsmittel haben werden. Dabei konnte das Team mit einigen der besten Ozeanografen, Meeresbiologen und Umweltschützern der Welt zusammenarbeiten.
Dank dieses Projekts gelangten wir zu folgender Erkenntnis: Die Ozeane sind ein äußerst komplexes Ökosystem, das ganz schön durcheinander geraten ist. In einigen Bereichen ist der Zustand äußerst kritisch. Doch wenn schnell gehandelt wird, können wir noch positive Veränderungen bewirken. Es gibt jedoch einen hemmenden Faktor, der den Fortschritt an allen Fronten bremst: fehlendes Bewusstsein und Engagement.
Nach Monaten wissenschaftlicher Forschung war mir eines klar geworden: Wenn es darum geht, die Probleme der Weltmeere zu lösen, müssen enorme, vielseitige Anstrengungen unternommen werden, die sich auf Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik auswirken. An all diesen Fronten gleichzeitig Fortschritte zu verzeichnen, ist schwierig, wenn das breite Bewusstsein für dieses Problem und seine Dringlichkeit fehlt.
Das erste Ziel sollte darin bestehen, die Aufmerksamkeit verstärkt auf die zu schützenden Weltmeere zu lenken. Dann können Politiker, Wissenschaftler, Planer, Ingenieure, Studenten und sogar kleine Kinder Lösungen für einen nachhaltigeren Planeten erarbeiten. Doch wie können wir viele Millionen Menschen mit spannenden, emotionalen Berichten erreichen, um Verhaltensänderungen zu bewirken?
Auf diese Frage gibt es eine ganz einfache Antwort: Die Ozeane brauchen mehr Geschichtenerzähler!
Eine ganze Generation ließ sich von Geschichtenerzählern wie Jacques Cousteau, Steve Zissou, Bernard Moitessier und Sylvia Earle inspirieren. Leider sind zwei dieser Meeresbegeisterten bereits verstorben, einer ist nur der Fantasie des Filmemachers Wes Anderson entsprungen und Sylvia Earle hat allein wahrlich schon genug geleistet und könnte etwas Unterstützung gebrauchen. Heutzutage brauchen die Weltmeere Tausende von Menschen, die es diesen vier Geschichtenerzählern gleichtun und den Fokus auf die Ozeane lenken.
Von 3D-Druck bis hin zu innovativen Erzählweisen
Wir stehen vor vielen Herausforderungen, aber die technologischen Möglichkeiten, mit denen wir mehr Menschen auf innovative Weise nachhaltig erreichen können, begeistern mich.
Technologien wie Reality Capture und Photogrammetrie wurden ursprünglich für Baustellen, Produkte und andere Gegenstände entwickelt, die sich normalerweise an Land befinden. Nun werden sie eingesetzt, um hochauflösende 3D-Modelle von Korallen zu erstellen. Das von der Autodesk Foundation geförderte Startup The Hydrous zeigt, wie man auf diese Art einen positiven Beitrag zur Rettung gefährdeter Korallenriffe leisten kann.
Das Erstellen eines 3D-Modells gelingt mithilfe einer Unterwasserkamera und einer Software wie Autodesk Memento relativ leicht. Solche Modelle sind faszinierender als ein Foto in 2D und mit einer 3D-Memento-Datei kann ein 3D-Drucker sogar plastische Nachbildungen der Koralle erstellen, die überall auf der Welt verbreitet werden können.
Nun stellen Sie sich vor, was man bewirken könnte, wenn ein Kind, das noch nie am Meer war, ein 3D-Modell einer echten Koralle anfassen könnte. So ein Erlebnis könnte der Auslöser dafür sein, dass es seine Liebe zum Meer entdeckt und später vielleicht Meereswissenschaftler wird oder sich in der Politik für Veränderungen einsetzt.
Doch 3D-Modelle und verarbeitbare Daten von Korallen bringen noch mehr Veränderungen mit sich: Früher erforschten Wissenschaftler die Korallen mühevoll Stück für Stück mithilfe von Maßbändern. Software, eine Kamera und eine Internetverbindung könnten nun dazu führen, dass es tausendmal so viele Geschichtenerzähler gibt, die Daten sammeln und Menschen auf der ganzen Welt daran teilhaben lassen.
Es gibt aber eine weitere Herausforderung: die Gleichgültigkeit der Menschen. Diese Einstellung haben die Menschen nicht aus bösem Willen, sondern viele denken einfach nicht über solche Dinge nach. Ihnen fehlt das Bewusstsein und das Engagement für diese Problematik, weil es schwer ist, einen Bezug dazu aufzubauen. Viele sehen die Ozeane als weite, uninteressante Fläche.
Glücklicherweise bauen Menschen gern Beziehungen zu anderen Menschen auf. Deshalb besteht die Möglichkeit, ihr Interesse dank der reichhaltigen Seefahrergeschichte der Menschheit zu wecken. Dr. Brendan Foley von der Woods Hole Oceanographic Institution leitet die Forschungsarbeiten am Schiffswrack von Antikythera, der wohl wichtigsten archäologischen Unterwasserausgrabungsstätte der Gegenwart. Dieses 2.000 Jahre alte Schiff ist mit Schätzen aus dem antiken Griechenland beladen, darunter der berühmte Mechanismus von Antikythera: ein Computer, von dem man glaubt, dass er von Archimedes entwickelt wurde.
Dr. Foley und sein Team nutzen Reality Capture nicht nur zur Dokumentation der gefundenen Gegenstände und um 3D-Daten mit Wissenschaftlern, Studenten und der Öffentlichkeit zu teilen. Reality Capture ermöglicht ihnen darüber hinaus, Gegenstände digitalisiert aufzubewahren, die kurz nach ihrer 3D-Erfassung zerfallen sind. Obwohl die originalen Fundstücke nicht mehr erhalten sind, kann durch 3D-Druck ausgehend von der Memento-Datei eine wirklichkeitsgetreue Replik angefertigt werden.
Der Anstieg des Meeresspiegels und der Klimawandel bieten ebenfalls perfekten Erzählstoff, denn auch diese Konzepte sind schwer zu erfassen und von politischer Kontroverse und Missverständnissen geprägt. Den Menschen fällt es schwer, ihr Verhalten zu ändern, um einem Problem entgegenzuwirken, von dem sie nur die schemenhafte Vorstellung haben, dass es irgendwann in der Zukunft auftreten könnte.
Ich mache mir schon etwas länger Gedanken über den steigenden Meeresspiegel und doch hat ein Erlebnis während der Mission Blue II-Expedition meine Sichtweise grundlegend verändert. Ich hatte die Gelegenheit zu einem Frühstück mit Anote Tong, dem Präsident des Inselstaates Kiribati. Dabei fragte ich ihn: „Welche Strategien wollen Sie anwenden, um dem Anstieg des Meeresspiegels zukünftig entgegenzuwirken?“ Daraufhin schaute er mich fragend an und schüttelte den Kopf: „Wie meinen Sie das? Wir haben bereits ganze Ortschaften dauerhaft umgesiedelt, weil die Teile der Insel, an denen sie sich ursprünglich befanden, sich nun unter Wasser befinden. Wir fahren mit unseren Booten und deren 30 PS starken Außenbordmotoren in voller Geschwindigkeit über sie hinweg.“
In diesem Moment empfand ich den Anstieg des Meeresspiegels zum ersten Mal als ein Problem der Gegenwart und nicht der fernen Zukunft. Um meine Wahrnehmung von Grund auf zu ändern, bedurfte es dieses Gesprächs oder besser gesagt dieser Geschichte.
Es ist wichtig, dass noch mehr Menschen derartige Aha-Erlebnisse haben, weil jeder – angefangen vom Bauingenieur hin zum fünfjährigen Kind – eine Veränderung bewirken kann. Der erste Schritt besteht darin, das Thema aufs Tapet zu bringen. Sei es der Anstieg des Meeresspiegels, Schiffswracks, Korallenriffe oder Meeressäuger, wir Menschen müssen Freunde und Familie für die Geschichten der Weltmeere begeistern, also ihre Leidenschaft und Neugier wecken. Je mehr Menschen mitmachen, umso interessanter wird die Geschichte, die sie künftigen Generationen erzählen können.
5 Fakten: So kann jeder etwas zum Schutz der Weltmeere beitragen
- Technologie nutzen, um die Weltmeere nahbar zu machen
- CO2-Fußabdruck minimieren
- Unverpackt einkaufen und Plastikmüll vermeiden
- Müll am Strand mitnehmen – nicht nur den eigenen!
- Fischkonsum reduzieren
- Auf den Einsatz von Pestiziden verzichten
- Freunde und Familie für die Geschichten der Weltmeere begeistern
- Produkte aus Meeresmüll kaufen
- Müll trennen
- Organisationen unterstützen, die sich für den Schutz von Meeren einsetzen
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Er wurde ursprünglich im Januar 2016 veröffentlicht.