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Nachwuchsfahrer aufgepasst: woom Bikes entwickelt nachhaltige Kinderräder dank Upcycling

Woom Bikes setzt auf Upcycling bei Kinderrädern
  • woom Bikes entwickelt Fahrräder, die an die körperlichen Gegebenheiten und Fähigkeiten von Kindern angepasst sind
  • Um das Gewicht so gering wie möglich halten zu können und dabei auch noch kosteneffizient zu sein, setzt das Unternehmen auf 3D-Druck und CNC-Fräsverfahren
  • Sparen können auch die Eltern bei woom Bikes: Dafür hat das Unternehmen das Programm upCYCLING ins Leben gerufen, bei dem zu klein gewordene Räder zurückgegeben werden können

Von Strampelanzügen über kleine Schuhe bis hin zu Spielzeug – bevor ihr erstes Kind das Licht der Welt erblickt, dreht sich für die meisten werdenden Eltern alles um die Wahl der richtigen Erstausstattung für den Neuankömmling. Als Christian Bezdeka, Mitbegründer von woom Bikes, von seinem bevorstehenden Babyglück erfuhr, musste hingegen etwas völlig anderes her: das perfekte Fahrrad für den kleinen Nachwuchs.

Von diesem Wunsch ließ der Österreicher auch dann nicht ab, als er feststellen musste, dass gängige Kinderräder alles andere als überzeugend waren. Im Gegenteil: Angetrieben von dem mangelnden Angebot machte er sich kurzerhand an das Zeichnen eines eigenen Modells.

Als Gestalter in der Radbranche hatte Bezdeka zu dieser Zeit bereits reichlich Erfahrung mit dem Entwurf von Erwachsenen-Bikes gesammelt. Jedoch war ihm bewusst, dass es nicht ausreichen würde, seine bestehenden Modelle auf eine kindergerechte Größe zu schrumpfen: „Es ist wesentlich schwieriger, Produkte für Kinder zu gestalten als für Erwachsene“, erklärt er. „Wenn man in der Branche etwas bewegen möchte, ist Kreativität gefragt.“

Auf die Größe kommt es an

In seiner bisherigen Arbeit stand Bezdeka eine umfassende, über Jahrzehnte hinweg regelmäßig aktualisierte Datenbank mit Körpermaßen zur Verfügung. Diese konnte er jederzeit zurate ziehen, um sich zu vergewissern, dass seine Entwürfe optimal auf die Bedürfnisse eines Erwachsenen mit durchschnittlichem Körperbau zugeschnitten waren. Hinzu kam, dass er seine Ideen jederzeit selbst auf die Probe stellen und ein paar Runden mit den Prototypen drehen konnte.

Eine vergleichbare Datenbank mit Angaben zu Kindern gab es hingegen nicht. „Alleine die Erhebung der notwendigen Informationen zum Entwickeln der Fahrräder war mit einem enormen Aufwand verbunden“, erinnert sich Bezdeka. „Wir mussten Daten aus mehreren verschiedenen Informationsquellen kombinieren.“

Ein weiteres Problem zeigte sich im Umgang mit der anvisierten Zielgruppe. Wie Bezdeka anmerkt, ist es nicht immer leicht, Kindern nützliches (geschweige denn aufrichtiges) Feedback zu entlocken: „Sie tendieren zu falschen oder voreingenommenen Aussagen. Wenn man ein Kind bittet, aus einer Reihe von Fahrradsatteln die bequemste Option auszuwählen, kann es sein, dass es sich für den Sattel mit der schönsten Farbe entscheidet, und nicht unbedingt für den, auf dem es am besten sitzt.“

„Und wenn man ein Kind fragt, auf welchem Rad es sich beim Fahren am wohlsten fühlt, zeigt es nicht selten auf ein viel zu großes Modell, da es sich wünscht, schon größer zu sein“, fährt er fort. „Prototypen oder Mockups für Erwachsene kann man problemlos selbst testen, um einen Eindruck vom Fahrgefühl und der Funktionsweise zu bekommen. Bei Kindermodellen sieht das ganz anders aus. Hier muss man mit Fokusgruppen arbeiten, um zu sehen, wie diese mit dem Produkt umgehen. Kinder wollen beobachtet statt befragt werden.“

Dem Prinzip des Versuchs und Irrtums kommt im Gestaltungsprozess von woom eine wichtige Rolle zu. Credit: woom.

Ein woom-Gestalter bei der Arbeit. Credit: woom.

Die Entwicklung von Prototypen ist fester Bestandteil des Entwicklungsprozesses von woom. Credit: woom.

Leichte Materialien zu kleinen Preisen − ein schwieriger Brückenschlag

Auf der Suche nach einem geeigneten Kinderrad kam Bezdeka schnell zu der Einsicht, dass das verfügbare Angebot nicht nur in Sachen Qualität weitgehend zu wünschen übrig ließ, sondern auch einem optimalen Fahrspaß im Wege stand. Die auf dem Markt erhältlichen Kinder-Bikes waren zwar kleiner, ließen jedoch die körperlichen Gegebenheiten und Fähigkeiten von Kindern außer Acht.

„Es kommt maßgeblich auf das Gewicht des Rads an“, betont Bezdeka. „Ein gängiges Kinderfahrrad ist für ein Kind verhältnismäßig so schwer, als würde ein erwachsener Mann mit einem Moped Radfahren lernen. Wenn man sich dessen bewusst wird, leuchtet es ein, dass ein möglichst leichtes Rad für ein Kind noch wichtiger ist als für einen Erwachsenen.“

Bevor der Startschuss für die Produktion ihrer extraleichten Kinderräder jedoch fallen konnte, galt es für Bezdeka und seinen Geschäftspartner Marcus Ihlenfeld zunächst, finanzielle Erwägungen zu berücksichtigen. Die beiden woom-Gründer wussten, dass sie Kosten und Preise niedrig halten mussten, um mit ihrer Erfindung eine Chance auf Erfolg zu haben. Wie Bezdeka betont, wird bei Kinderrädern ganz besonders auf den Preis geachtet: „Ihre Nutzungsdauer ist außergewöhnlich kurz, da Kinder schnell aus ihnen herauswachsen. Insofern ist es verständlich, dass Eltern einen angemessenen Preis erwarten. Was die Gestaltungs- und Fertigungsmöglichkeiten angeht, ist man dadurch jedoch eingeschränkt.“

Da leichtgewichtige Materialien wie Kohlefaser bekanntlich nicht billig sind, mussten Bezdeka und Ihlenfeld kreative Wege einschlagen, um ein erschwingliches Produkt anbieten zu können. Genau an dieser Stelle kamen Autodesk Fusion 360, 3D-Druck und CNC-Fräsverfahren ins Spiel.

„Für die Fertigung von Modellen per Rapid Prototyping stehen uns vier 3D-Drucker und eine fünfachsige CNC-Fräsmaschine zur Verfügung“, erklärt Bezdeka. „Sämtliche Geräte laufen rund um die Uhr. Sobald unsere Entwürfe stehen, werden sie mithilfe von 3D-Druck umgesetzt und bei Bedarf neu überarbeitet. Als Gestalter ist es mir wichtig, dass meine Ideen möglichst früh Form annehmen. Je schneller wir vom Papier über den Bildschirm zum fertigen 3D-Objekt gelangen, desto besser. 3D-Druck sorgt einfach für eine steilere Lernkurve.“

Auch Decathlon setzt auf Künstliche Intelligenz und 3D-Druck in der Produktentwicklung, um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Bei dem US-amerikanischen Fahrradkomponenten-Hersteller SRAM setzt man auf Generatives Design, um ein noch besseres Fahrerlebnis zu bieten.

Woom Bikes setzt auf Upcycling bei Kinderrädern
Dank 3D-Druck kann das Team von woom Bauteilideen bereits in der Frühphase von Projekten testen. Credit: woom.

„Um sicherzugehen, dass wir mit unseren extraleichten Fahrradteilen keine strukturellen Kompromisse eingehen, vertrauen wir zum einen maßgeblich auf Simulationen, zum anderen setzen wir unsere CNC-Komponenten auf einem Prüfstand sowohl statischen als auch dynamischen Belastungen aus, um die Auswirkungen zu messen“, fährt Bezdeka fort. „Unser Gestaltungsprozess ist ein Kreislauf aus Versuch und Irrtum.“

2013 erblickten die ersten woom-Fahrräder das Licht der Welt. Heute werden die Bikes in sechs verschiedenen Größen für kleine Radfahrer im Alter zwischen 1,5 und 14 Jahren produziert, wobei die einzelnen Modelle den verschiedenen Wachstums- und Entwicklungsphasen eines Kindes sowie den damit einhergehenden Fähigkeiten entsprechen.

Insgesamt 85 % der verwendeten Fahrradteile werden mittels 3D-Druck- und CNC-Fräsverfahren individuell für woom entwickelt und produziert. Auf diese Weise ist es Bezdeka und Ihlenfeld gelungen, Bikes zu entwickeln, die im Vergleich zu gängigen Alternativen gerade mal die Hälfte auf die Waage bringen. So wiegt das woom 1, das kleinste Rad in der woom-Reihe, gerade einmal 3,3 Kilogramm und selbst das größte Modell, das woom 6, ist mit 8,9 Kilogramm noch ein Leichtgewicht.

Darüber hinaus haben sich die beiden Unternehmer bewusst gegen Stützräder entschieden. „Stützräder gehören der Vergangenheit an und sind heute nicht mehr nötig“, findet Bezdeka. „Es gibt zeitgemäßere Methoden, mit denen Kinder das Radfahren besser und schneller lernen und dabei auch noch mehr Spaß haben.“ Wie diese zeitgemäßeren Methoden aussehen, verdeutlicht das woom 1, ein Laufrad, das völlig ohne Kurbelarm, Pedale oder Gangschaltung auskommt. „Das Modell ist perfekt für Kinder zwischen anderthalb und zwei Jahren, die selbst erst seit Kurzem auf den Beinen stehen“, fährt er fort.

Mit dem Laufrad zwischen den Beinen können Kleinkinder ihre ersten Runden wagen und sich zunächst langsam mit den Grundlagen des Radfahrens vertraut machen. Nach einer Weile nehmen sie an Tempo zu und heben die Füße beim Abstoßen hin und wieder vom Boden ab. „Auf diese Weise lernen sie, das Gleichgewicht zu halten“, so Bezdeka. „In der Regel lässt sich diese Entwicklung mit 3 oder 4 Jahren beobachten.“

Das woom 1 ist das ideale erste Laufrad für Kleinkinder im Alter von 1,5 bis 3,5 Jahren. Credit: woom.

Das woom 4 ist für Kinder im Alter von 6 bis 8 Jahren geeignet. Credit: woom.

Das woom 6 wurde speziell für Fahrer zwischen 10 und 14 Jahren entwickelt. Credit: woom.

Nachhaltige woom Bikes dank Upcycling

Smart und intuitiv designte Produkte haben ihren Preis − ganz zu schweigen davon, dass sowohl Erwachsenen- als auch Kinderfahrräder unabhängig von der Preisklasse ohnehin einen tiefen Griff in die Brieftasche erfordern. Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass junge Fahrer schnell zu groß für ihr Rad werden, hat woom die upCYCLING-Mitgliedschaft ins Leben gerufen. Das Konzept dahinter: Beim Kauf eines neuen Rads gibt es gegen Rückgabe des alten Modells 40 % des ursprünglichen Kaufpreises zurück – und woom Bikes kümmert sich sogar um die Rücksendung der Upcycling-Räder.

Die zurückgegebenen Fahrräder werden auf ihre Fahrtüchtigkeit geprüft und instand gesetzt, bevor sie an örtliche gemeinnützige Organisationen und Bike-Camps weitergegeben werden, wo sie weitere Kinder bei ihren ersten Fahrversuchen begleiten.

Für die Zukunft erhofft sich Bezdeka, dass seine Kreationen noch viele Jahre überdauern, nachdem sie für ihren ersten Besitzer ausgedient haben. „Unsere Räder werden jüngeren Geschwistern und Familienmitgliedern vermacht“, freut er sich. „Sie können vielen Generationen von Kindern Freude bereiten. Unser Ziel ist es, den klassischen Look beizubehalten und weiter an den Eigenschaften und Funktionen dahinter zu feilen.“

„Meine Idee war es von Anfang an, moderne, zeitlose Bikes zu entwickeln − Bikes, die niemals aus der Mode kommen“, fährt er fort. „Gut designte Produkte, die über lange Zeit genutzt werden, sind nicht nur fester Bestandteil unseres Konzepts, sondern auch das A und O in Sachen Nachhaltigkeit.“

Dieser Artikel wurde aktualisiert. Er wurde ursprünglich im Juni 2018 veröffentlicht.

Über den Autor

Kimberly Holland lebt und arbeitet als Lifestyle-Autorin und Redakteurin in Birmingham/Alabama. Wenn sie nicht gerade ihre Bücher nach Farben ordnet, probiert sie gerne neue Küchenhelfer aus und verwöhnt ihren Freundeskreis mit kulinarischen Experimenten.

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