Ein Kulturdenkmal mit dem WOW-Faktor – wie alte Portweinlager zu neuem Leben erwachen
- Mehr als 200 Jahre alte Portweinlagerhallen wurden restauriert und sind nun Heimat des neuen Touristenmagneten „World of Wine“
- Sieben Museen, 14 Restaurants, Bars und Cafés, eine Weinschule sowie Galerien und Geschäfte hauchen dem historischen Areal neues Leben ein
- Das britisch-portugiesische Architekturbüro Broadway Malyan nutzte Technologie, um mit Stakeholdern zu kommunizieren, Kollisionen durchzuführen und den Bauplan einzuhalten
Früher verlangte ein portugiesisches Gesetz, dass Portwein im portugiesischen Ort Gaia gelagert werden musste. Ein Ort, der direkt gegenüber von Porto liegt. Dazwischen fließt der Douro Fluss entlang, der traditionell für den Transport der Weinfässer genutzt wurde. Nach der Aufhebung des Gesetzes konnte Portwein auch anderswo gelagert werden. Und so standen die alten, rechteckigen Lagerhallen in Gaia leer und verfielen.
Bis 2014, als Margarida Caldeira vom britisch-portugiesischen Architekturbüro Broadway Malyan das erste Mal zwischen den Ruinen stand.
„Die Fläche sollte zu einem neuen Touristenmagnet werden, ohne dass das historische Erbe abgerissen wird“, erzählt die leitende Architektin von dem nachhaltigen Projektansatz. Nur wenige neue Gebäude sollten das Areal ergänzen. Ein großer Invest, bedenkt man, dass Portugal damals noch in einer tiefen Wirtschaftskrise steckte. „Ich erinnere mich noch, wie ich auf der Terrasse eines kleinen, alten Hauses stand und einen wunderbaren Blick auf die Dächer von Porto hatte.“ Hier sollte eines der größten Tourismus- und Stadtentwicklungsprojekte Europas entstehen.
„World of Wine“ in Porto als Touristenmagnet
Die Terrasse ist mittlerweile das Herzstück des neuen Areals „World of Wine“, das auf 37.000 Quadratmetern mehrere Museen wie den „Pink Palace“ über Roséwein, „The Chocolate Story“ über Portwein und Schokolade oder das „Planet Cork“ über das Material Kork beherbergt. Darüber hinaus gibt es Restaurants, Bars und Cafés, eine Weinschule, Galerien und mehrere Geschäfte. 350 neue Jobs wurden geschaffen.
Adrian Bridge, Gründer und CEO von World of Wine sowie Leiter von Fladgate Partnership, der Auftraggeber für das Großprojekt, erzählt: „Unser Ziel bei WOW [Anm. d. Red.: World of Wine] war es, Porto als kulturelles Reiseziel zu positionieren, indem wir nicht nur die Geschichte des Weins erzählen, für den die Stadt weltberühmt ist, sondern auch die Geschichte der Stadt, ihrer Menschen und ihrer Abenteuer über die Jahrhunderte hinweg.“ Und was man auch erzählen wollte: die Geschichte der historischen Gebäude.
Digitalisierte Planung half bei der Umsetzung
Hunderte von Lagerhallen, welche teilweise über 200 Jahre alt sind, wurden für das Areal restauriert. Balken ausgetauscht, Fassaden erneuert. Die Hallen liegen an einem steilen Hang. Enge Gassen trennen sie nur minimal. „Ein Mammutprojekt dieser Größe”, weiß die Architektin Caldeira. „Zumal ein archäologisches Team uns immer begleitet hat. Das verlangt viel Kommunikation und Koordinierung.“ Ohne technologische Hilfe wäre das wohl kaum möglich gewesen. Darüber hinaus unterstützten Kollisionsprüfungen in den Softwarelösungen Autodesk AutoCAD und Revit, dass es keine Überraschungen auf der Baustelle gab. „Vorbereitung ist das A & O“, weiß die Architektin.
Das Areal wurde 2020 schließlich fertiggestellt – inmitten der Covid-19-Pandemie. Gerade einmal einen Monat später als geplant. Wie das möglich war? Zum einen erleichterte die digitalisierte Planung den Prozess, zum anderen konnten sich die 400 Mitarbeitenden auf der Baustelle täglich über das Essen eines Michelin-Koches freuen. „Der Chefkoch vom Luxushotel The Yeatman nebenan, das schon 2010 fertiggestellt wurde, hat für das ganze Team gekocht. Damit war nicht nur das Essen gesichert, sondern auch die Motivation der Kollegen“, erinnert sich Caldeira mit einem Lächeln. Denn benachbarte Restaurants hatten alle aufgrund der Pandemie geschlossen.
Alte Lagerhallen und moderne Technik Hand in Hand
Von der modernen Technik ist heute nichts mehr zu sehen. Sie versteckt sich 18 Meter unterhalb der Lagerhallen: Klimaanlagen, Anlieferungsfahrten und Parkplätze sind hier verborgen. Oberhalb der Erde erstrahlen die weißen Lagerhallen mit ihren roten Dächern dafür in neuem Glanz und wurden zu einem Magneten für Touristen. „Wir wollten dem Reiseziel ein WOW verleihen“, sagt Adrian Bridge. Das ist ihm definitiv gelungen.