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Nachhaltige Tragwerkstützen aus gefällten Bäumen für den Bau einer Schule

Als für den Bau einer neuen Mittelschule in der Nähe von Portland, Oregon (USA), zahlreiche Bäume weichen mussten, kam dem Projektteam eine originelle – und nachhaltige – Idee: die Bäume als Tragwerkstützen im neuen Gebäude wiederzuverwenden. In Zusammenarbeit zwischen dem Baukonzern Skanska, dem Architekturbüro Mahlum Architects und den Holzbauspezialisten von WholeTrees Structures wurden geeignete Bäume auf dem Gelände ausgewählt, gescannt und im Innen- und im Außenbereich der neuen Schule eingesetzt. Wie es dazu kam, erfahren Sie in diesem Video.

[Transkript]

Kristen Fallin, Leitende Projektmanagerin, Skanska: Vor 15  Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, Bäume als Tragwerkstützen in Gebäuden einzusetzen. Momentan arbeiten wir an einem Projekt für die Lakeridge Middle School, eine neue Mittelschule hier in der Gemeinde.

Tony Vandenberg, Executive Director für das Projektmanagement, Lake Oswego School District: Die bereits vorhandenen Einrichtungen wiesen strukturelle Probleme und eine veraltete Infrastruktur auf. Mit der Notwendigkeit einer neuen Schule war dieser Sachverhalt für uns von höchster Priorität.

Rene Berndt, Projekt-Designer, Mahlum Architects: Ein besonderes Anliegen für den Bezirk war Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und die CO2-Bilanz des Gebäudes, und es musste eine Massivholzkonstruktion sein.

Vandenberg: Unser Architekt hat daraufhin einige Ideen ausgearbeitet. Schon früh wurde die Firma WholeTrees ins Spiel gebracht und mit ihr die Idee, Bäume als Tragwerkstützen im Gebäude zu nutzen. Das fand großen Anklang, und so entschieden wir uns dafür.

Joe Terrenzio, Director, Seattle Division, WholeTrees Structures: WholeTrees ist ein von Frauen geführtes Unternehmen mit Sitz in Madison im US-Staat Wisconsin. Unsere Mission ist einfach, aber ambitioniert. Wir wollen eine grundlegende Veränderung der bebauten Umgebung, indem wir die konstruierte und die natürliche Welt stärker miteinander verbinden. Daher setzen wir Rundholz als Baumaterial ein, im Wesentlichen Baumstämme und große Äste, und verwenden sie als Stützen, Träger, Stäbe und andere Tragwerkselemente, aber auch als dekorative Systeme. Wir kehren damit im Grunde genommen zu den ursprünglichen Baumaterialien der Menschheit zurück und schaffen eine harmonische Verbindung mit den modernen Erkenntnissen in Planung, Konstruktion und Werkstoffkunde des 21.  Jahrhunderts.

Fallin: Noch bevor wir den Baugrund betraten, haben wir uns auf dieses besondere Projekt gefreut. Wir mussten entscheiden, welche der Bäume auf dem Gelände zu Trägern im neuen Gebäude werden sollten. Um die Frage, welche Bäume geeignet waren, kümmerten sich alle schon recht frühzeitig, weil wir sicherstellen mussten, dass sie beim Fällen nicht beschädigt werden. Und jetzt werden wir Zeugen, wie die Bäume ihre neuen Plätze im Gebäude einnehmen.

Berndt: Wir sprechen im Grunde genommen die Emotionen und Assoziationen der Menschen an. Wenn wir Holz sehen, sei es im Stück oder als ganzen Baum – und in unserem Fall handelt es sich tatsächlich um ganze Bäume –, dann weckt das Erinnerungen an unsere Kindheit, vielleicht auch daran, wie wir im Wald gespielt haben. Der Effekt, den das auf unser Wohlbefinden hat, ist Gegenstand zahlreicher Forschungen über das menschliche Gehirn.

Pip Allen, Architekt, Mahlum Architects: Von Anfang an verfolgten wir das Ziel, eine in vielerlei Hinsicht sehr nachhaltige Schule zu bauen, sowohl was die Energieeffizienz als auch die Materialien und deren Zustand anbelangt.

Stephen Endy, Projekt-Architekt, Mahlum Architects: Wir arbeiten eng mit WholeTrees und Skanska zusammen, mit denen wir gemeinsam die Pläne prüfen und entscheiden, welche Baumarten für den Innenbereich und welche für den Außenbereich verwendet werden sollen.

Allen: Leider lag die vorgesehene Stelle für das Gebäude genau dort, wo einige der schönsten Bäume standen. Wir bemühten uns zwar, das Gebäude um die Bäume herum zu bauen, aber leider ließ es sich nicht vermeiden, dass wir viele fällen mussten. Dank WholeTrees konnten wir diese Bäume aber im Gebäude wiederverwenden, und dies nicht nur auf symbolische Weise, etwa in Form von Sitzbänken, sondern tatsächlich als ganze Bäume in ihrer ursprünglichen Form.

Terrenzio:  Anhand des Berichts des Baumpflegers bewerteten wir zunächst die Gesundheit der Bäume und deren Eignung als Tragwerkskomponenten. Die Bäume mit einem positiven Befund scannten wir anschließend mit einem Laserscanner. Aus diesen Daten erstellten wir Renderings und Dateien, die unsere Architekten wiederum für ihre 3D-Visualisierungen und -Modelle verwendeten.

Allen: Einer der großen Vorteile der Zusammenarbeit mit WholeTrees und Autodesk ist meiner Ansicht nach, dass wir digitale Modelle exakt jener Bäume haben, die wir dann auch verwenden. So konnten wir während der Entwurfsphase die Baummodelle frei drehen und wenden. Ich erinnere mich auch, dass wir einmal eine Stütze im letzten Moment weg vom Aufenthaltsraum weiter nach Norden versetzt haben. Diesen Baum dann dort zu sehen und zu erkennen, dass es genau der ist, den ich für diese Position ausgewählt habe, ist schon ein tolles Erlebnis.

Vandenberg: Ich finde, sie sehen wirklich großartig aus. Das ist eine sehr schöne Art, sich die Natur ins Haus zu holen. Für uns, die wir im pazifischen Nordwesten der USA leben, sind Bäume äußerst wichtig.

Terrenzio: Einige von ihnen stehen schon seit vielen Jahrzehnten hier und ich weiß, dass die Leute, die in Schulnähe wohnen, wie auch die Lehrer und Schüler selbst, sehr starke Verbindungen mit diesen Bäumen haben. So wie jede andere Person auch, die als Kind auf Hinterhofbäumen herumgeklettert ist. Die Möglichkeit, einen Gegenstand umzufunktionieren, der ansonsten vielleicht einfach im Müll gelandet wäre, und aus ihm etwas zu machen, das über Jahrzehnte hinweg genutzt und geschätzt werden wird, ist wohl der eigentliche Kernpunkt hinter diesem Projekt. Hoffentlich findet dies im ganzen Land zahlreiche Imitationen, wo auch immer sich die Gelegenheit dafür bietet. Wir wünschen uns, dass mehr Projekte wie dieses in den nächsten Jahren ins Leben gerufen werden und immer stärkere Verbreitung finden.

Vandenberg: Ein besonders wichtiger Aspekt ist auch, dass die Schüler und Kinder in dieser Gemeinde von diesen Bäumen wirklich begeistert sein werden. Und wahrscheinlich werden sie noch begeisterter sein, wenn sie erfahren, wie die Bäume hierher gelangten.