Geschichte der Vorfertigung – von römischen Festungen zum modularen Wohnungsbau
Tauchen Sie ein in die Geschichte der Vorfertigung! Das „moderne“ Verfahren kommt tatsächlich schon seit Hunderten von Jahren zur Anwendung. Von der Atlantikverschiffung bei Häusern für frühe amerikanische Siedler bis hin zur Errichtung des Eiffelturms – die grundlegende Bautechnik hat eine bewegte Vergangenheit und eine glänzende Zukunft.
[Videotranskript]
Geschichte der Fertighäuser
Sprecher: Was haben römische Festungen, der Eiffelturm und Nachkriegsbauten gemeinsam? Alle wurden in einer Bauweise errichtet, die als „Vorfertigung“ bekannt ist.
Vorfertigung ermöglicht es, verschiedene Bauelemente zentral in einer Fabrik oder Werkstatt zu produzieren und dann vor Ort zusammenzusetzen – eine Revolution in der Baubranche, da der Zeit-, Kosten- und Arbeitsaufwand deutlich gesenkt wird. Inspiriert durch Bautechniken, die bis in die mesopotamische Zivilisation zurückreichen, wurde das erste bekannte Fertighaus, bestehend aus Holzplatten, auf dem Seeweg von England nach Massachusetts transportiert, um darin eine Fischereiflotte unterzubringen.
Bungalows und vorgefertigte Bausatzhäuser
Um das Jahr 1837 herum gewannen vorgefertigte landwirtschaftliche Gebäude und Bungalows an Beliebtheit. In London produzierte der Zimmermann Henry Manning ein transportables Cottage für den Export nach Australien. Nur zwei Jahre später kamen Bausatzhäuser im Zuge des kalifornischen Goldrauschs mit der Eisenbahn zu Siedlern. Architekten, Ingenieure und Erfinder begannen Experimente mit Gusseisen, Beton und anderen Materialien, um mögliche Weiterentwicklungen des Verfahrens zu erkunden.
Der Eiffelturm und die Fertighäuser der Nachkriegszeit
Basierend darauf wurde 1889 ein wichtiger Meilenstein erreicht: In Paris ließ Gustav Eiffel aus vorgefertigten Eisenelementen einen als temporäres Bauwerk konzipierten Turm zusammensetzen. Da bei der Vorfertigung ähnliche Bautätigkeiten zusammengefasst werden und Fließbandverfahren zum Einsatz kommen, war der Eiffelturm sehr schnell fertig. Zudem fielen Kosten und Arbeitsaufwand für das berühmte Bauwerk vergleichsweise gering aus.
Wenige Jahre darauf entstanden in Liverpool die weltweit ersten vorgefertigten Mehrfamilienhäuser aus Betonplatten, und kurz darauf bot das in Chicago ansässige Unternehmen Sears, Roebuck and Company 400 verschiedene Arten von Wohnhäusern und anderen Gebäuden als Bausatz an, bestellbar aus dem Katalog. Von 1908 bis 1940 wurden auf diese Weise knapp 75.000 Häuser verkauft – ein großer Erfolg, durch den erschwinglicher Wohnraum für die breite Masse verfügbar wurde. Grundlage dafür waren die in der industriellen Revolution aufgekommenen Fließband- und Fertigungstechniken.
Im Jahr 1917 hatte Thomas Edison die Idee, Häuser aus Ortbeton zu bauen. Diesen Gebäuden war kein universeller Erfolg vergönnt, das revolutionäre Verfahren ebnete aber den Weg für heutige Innovationen und erschwinglichen 3D-Druck im Hausbau.
Zehn Jahre später trug die Fertigbauweise in Europa dazu bei, die Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg zu bekämpfen. Industrielle Fertigungsverfahren, die zu Kriegszeiten unverzichtbar waren, wurden nun auch für die Herstellung von Fertighäusern genutzt. Nach dem Börsencrash von 1929 erlebte der Fertighausbau in den USA eine Blütezeit, da auf traditionelle Weise gebaute Häuser mindestens 5.000 US-Dollar kosteten und damit nur für wenige Amerikaner infrage kamen.
Modular- und Mobilheime
In demselben Jahr begann Buckminster Fuller, sein Konzept eines metallverkleideten Kuppelhauses zu entwickeln, das man leicht zerlegen und transportieren konnte. Sechs Jahre später, 1935, erschien mit dem Airstream Clipper von Wally Byam ein weiterer Designklassiker auf der Bildfläche. Der technologische Fortschritt ging weiter, und in Anlehnung an Henry Fords Fließbandproduktion schuf der Bauunternehmer William Levitt im Alleingang per Schnellbauverfahren Levittown im US-Bundesstaat New York. Innerhalb von erstaunlichen 16 Minuten ließ sich eines der 70 Quadratmeter großen Levittown-Häuser im Cape-Cod-Stil produzieren.
Infolge des Fertighausbooms in der Nachkriegszeit waren um 1960 herum 15 % der US-Wohngebäude Mobilheime. Im Jahr 1967 wurde auf der Weltausstellung das Habitat 67 von Moshe Safdie vorgestellt. Einige Jahre später erweiterte der Architekt Zvi Hecker die Grenzen des Fertighausbaus noch mehr, als er den auffälligen Apartmentkomplex Ramot präsentierte.
1996 kreierten IKEA und das schwedische Bauunternehmen Skanska die sogenannten BoKlok-Häuser, um auch Skandinaviern mit kleinerem Einkommen die Möglichkeit des Eigenheimerwerbs zu bieten. Den Vorteilen der Fertigbauweise in puncto Kosten und Arbeitseffizienz standen allerdings Nachteile in puncto Design gegenüber. Während der 1990er ging das Interesse an Fertighäusern generell zurück – der Modulbauweise haftete das Stigma einer übermäßigen Standardisierung an.
Technologie fördert die Vorfertigung mit BIM, 3D-Druck und Automatisierung
In den 2000er-Jahren erwachte das Interesse jedoch wieder. 2003 stellte LOT-EK den Prototyp für eine mobile Wohneinheit vor. Dabei handelte es sich um einen umgebauten Schiffscontainer mit aus- und einfahrbaren Modulen. Weitere Durchbrüche auf dem Gebiet des 3D-Drucks ermöglichten das Skalieren der Produktion von Bauteilen und Modulen etwa für Häuser, Brücken oder Wolkenkratzer.
Im Jahr 2010 stellte Broad Sustainable Building, spezialisiert auf kostengünstige erdbebensichere Gebäude, innerhalb von nur 19 Tagen das 57-stöckige Ark Hotel im chinesischen Changsha fertig. Seit 2016 bereichert das weltweit höchste in Modulbauweise errichtete Gebäude die New Yorker Skyline. Ein Jahr später nutzte KEF Infra die Möglichkeiten von Gebäudedatenmodellierung und 3D-Konstruktionssoftware für den Bau eines 500-Betten-Krankenhauses im indischen Kozhikode. Die Kosten pro Bett betrugen nur ein Viertel der Kosten eines üblichen US-Klinikbetts.
Seit 2018 produziert Factory_OS kostengünstige Fertigbauwohnungen in der San Francisco Bay Area. Architekten und Konstrukteure erkunden weiterhin, wie Vorfertigung die Welt verändern kann. Durch das Aufkommen von BIM, 3D-Druck und Automatisierung sind neue Möglichkeiten entstanden. Mit weiteren technologischen Innovationen, der Schaffung nachhaltiger Infrastrukturen in Entwicklungsländern und der Massenproduktion von erschwinglichem Wohnraum legt die AEC-Branche das Fundament für die Zukunft des Bauens.
Dieser Artikel wurde aktualisiert. Er wurde ursprünglich im Februar 2019 veröffentlicht.