PERSPEKTIVEN
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JOE SPEICHER, AUTODESK VP
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ESG (Environmental, Social, Governance) ist eine wichtige Kennzahl für Investoren, weil sie das Engagement eines Unternehmens in den Bereichen Umwelt, Soziales und verantwortungsbewusste Unternehmensführung misst. ESG-Ratings geben Auskunft über die Effektivität und Nachhaltigkeit der Maßnahmen, mit denen Unternehmen Risiken bewältigen. Die AEC- und Fertigungsbranchen sind für 60 % der Kohlendioxidemissionen verantwortlich und entsprechend gefordert, ESG und Nachhaltigkeit absolute Priorität einzuräumen.
Die Beschaffung nachhaltiger Werkstoffe fließt in das ESG-Rating des betreffenden Unternehmens ein.
Unserem Planeten können die immer drastischeren Auswirkungen der Klimakrise wenig anhaben. Wenn wir ab sofort sämtliche Bemühungen zur Reduzierung unserer Kohlenstoffemissionen einstellten, würde die Erde sich unbeirrt weiter um ihre Achse drehen. Auch den Kaninchen und Maulwürfen, die sich im Park neben meinem Haus in San Francisco tummeln und den Rasen aufwühlen, können die schrumpfende Artenvielfalt und wachsende soziale Unrast und Ungleichheit gehupft wie gesprungen sein. Weniger gut, so der wissenschaftliche Konsens, würde es jedoch der weiterhin wachsenden Erdbevölkerung von aktuell 7,96 Milliarden Menschen ergehen.
Viele der Menschen, die das Artensterben mit Trauer und Besorgnis beobachten und gegen die ungerechte Verteilung des Wohlstands protestieren, tragen eine Mitverantwortung dafür, dass es so weit gekommen ist. Entsprechend liegt es auch in unserer Verantwortung, aktiv zur Bekämpfung der Klimakrise beizutragen. Nachhaltige Geldanlagen unter Berücksichtigung von ESG-Kriterien sind eine Möglichkeit, an der Gestaltung einer besseren Zukunft für Mensch und Erde mitzuwirken.
ESG steht für nachprüfbare Kriterien in den Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Diese Kriterien geben Auskunft darüber, wie das betreffende Unternehmen mit den externen Auswirkungen seiner Wirtschaftstätigkeit umgeht. ESG- Maßnahmen von Unternehmen dienen dazu, die ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen unternehmerischen Handelns in möglichst nachhaltige und ethische Bahnen zu lenken.
Erstmals definiert wurden die drei Säulen des ESG-Ansatzes in einem 2004 im Rahmen der „Global Compact“-Initiative der Vereinten Nationen in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Außenministerium und 20 weltweit führenden Finanzinstitutionen und Versicherungsgesellschaften veröffentlichten Bericht mit dem Titel „Who Cares Wins: Connecting Financial Markets to a Changing World“. Die Anspielung auf die geläufige Redensart „Wer wagt, gewinnt“ (englisch: „Who dares wins“) soll einen Paradigmenwechsel – weg vom rein profitorientierten Wirtschaften und hin zu ressourcen- und klimaschonenden und sozial verträglichen Geschäftspraktiken – einläuten: Wer Rücksicht nimmt, gewinnt. Primär ging es dabei um die Schaffung eines Instrumentariums, das Anlegern ermöglicht, bei Investitionsentscheidungen neben Rentabilitäts- auch Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen.
Das erste der drei ESG-Kriterien bezieht sich auf Maßnahmen, die ein Unternehmen zur Reduzierung der durch wirtschaftliche Aktivitäten verursachten Umweltbelastung trifft. Historisch gesehen basiert die globale Ökonomie auf einer Energiewirtschaft, die zur Betreiben von Produktionsanlagen auf fossile Energieträger angewiesen ist. Die Energiewirtschaft hat ein gewaltiges Wirtschaftswachstum ermöglicht, das leider zu Lasten der natürlichen Umwelt geht. Diese Belastung wird unter anderem in der Klimakrise deutlich. Durch Maßnahmen wie die Nutzung erneuerbarer Energien, die Beschaffung nachhaltiger Werkstoffe, die Reduzierung von Abfällen und Verschwendung sowie die Zusammenarbeit mit nachhaltigen können Unternehmen zur Verminderung der Kohlenstoffemissionen und negativen Umweltfolgen des Wirtschaftswachstums beitragen.
Branchenübergreifend hat die Wirtschaftstätigkeit von Unternehmen zur Entstehung massiver Ungleichgewichte und Ungleichheiten in Bezug auf die Verteilung von Einkommen und Chancen sowohl innerhalb der Unternehmen selbst als auch in der Gesellschaft geführt. Das ESG-Kriterium „Soziales“ fokussiert sich auf die Bewertung von Maßnahmen zur Beseitigung dieser Missverhältnisse, insbesondere auf die Schaffung von Partizipationschancen für Arbeitnehmende, lokale Bevölkerungsgruppen im Umfeld des Unternehmens und alle diejenigen, die direkt oder indirekt in seine Lieferketten eingebunden sind. Dazu zählen Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt, gerechten Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzmaßnahmen für alle Betroffenen ebenso wie Bemühungen um Abschaffung von Gehaltsunterschieden, Fort- und Weiterbildungsprogramme sowie Maßnahmen in den Bereichen Verbraucherschutz und Datenschutz.
Beim ESG-Kriterium Unternehmensführung geht es um die Beurteilung des Unternehmensverhaltens nach ethischen Gesichtspunkten. Fehler in der Unternehmensführung können zu Misswirtschaft, im Extremfall sogar zu betrügerischem Handeln führen. Das zeigte sich 2015 am sogenannten Dieselgate – dem Abgasskandal bei der Volkswagen AG, der den Ruf des Traditionsunternehmens dauerhaft beschädigte und entsprechend auch das Risiko für Anleger erhöhte. Gemessen wird die verantwortungsbewusste Unternehmensführung u. a. an Faktoren wie finanzieller Transparenz, Gehaltsspektrum für Mitarbeitende und Führungskräfte, Führungshierarchie und Vielfalt sowie Risikomanagement.
Bei ESG-Maßnahmen geht es darum, betriebswirtschaftliche Wertschöpfung mit Maßnahmen zu verbinden, die der Gesellschaft und der Umwelt zugutekommen. Datengestützten Schätzungen zufolge könnten Investitionen in nachhaltige Vermögenswerte weltweit bereits 2025 eine Höhe von umgerechnet 50 Billionen Euro erreichen, das entspricht einem Drittel des Gesamtinvestitionsvolumens. Dass indes nicht nur börsennotierte Unternehmen von ESG-Maßnahmen profitieren, versteht sich eigentlich von selbst.
Das ESG-Kriterium „Soziales“ fokussiert u. a. auf Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt, gerechten Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzmaßnahmen.
ESG-Maßnahmen haben ein breites Spektrum von bloßer Compliance bis hin zu aktiven Bestrebungen, die einen positiven Beitrag für eine bessere Zukunft leisten können.. In vielen Fällen begnügen sich Unternehmen anfangs damit, das minimal Notwendige zu tun, um ihre Nachweispflichten hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und behördlicher Auflagen zu erfüllen, indem sie Kompensationsgutschriften erwerben und eine gleichstellungsbeauftragte Person ernennen. Teilweise wird dadurch jedoch ein Prozess der Bewusstseinsbildung in Gang gesetzt, der zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Nachhaltigkeit und damit letztlich zu der Erkenntnis führt, dass soziale Schieflagen und ökologische Katastrophen auch der Wirtschaft nicht guttun. Eben diese Erkenntnis hat sich bei Autodesk durchgesetzt, und entsprechend engagieren wir und unsere Kunden uns nicht nur für die Messung und Minimierung der Negativfolgen unserer Geschäftstätigkeit, sondern arbeiten aktiv daran, bessere Alternativen umzusetzen.
Die US-Börsenaufsichtsbehörde, die Securities and Exchange Commission (SEC), plant eine Verschärfung der Berichtspflicht, die zukünftig auch indirekte Treibhausgasemissionen der Scope-3-Kategorien gemäß GHG-Protokoll einbeziehen soll. Gemeint sind die vor- und nachgelagerten Emissionen, die durch die Beschaffung von Roh- und Werkstoffen bzw. durch Verkauf, Weiterverarbeitung und Nutzung der hergestellten Produkte entstehen und traditionell als besonders schwer messbar und klassifizierbar gelten. Durch die Neuregelung wird es für Unternehmen noch wichtiger, ESG-Kriterien bei der Wahl ihrer Geschäfts- und Lieferkettenpartner zu berücksichtigen. Initiativen wie das Carbon Disclosure Project (CPD) oder der Dow Jones Sustainability World Index unterstützen die Offenlegung umweltrelevanter Maßnahmen und machen es dadurch einfacher, die Nachhaltigkeit von Zulieferern zu überprüfen und nachzuweisen. Mit der Festlegung der Scope-3-Kategorien wurde der Einsicht Rechnung getragen, dass neben den Auswirkungen der eigenen Wirtschaftstätigkeit auch die Geschäftsbeziehungen und -partnerschaften innerhalb des weiteren Ökosystems in die Umwelt- bzw. Klimabilanz eines Unternehmens einfließen.
Die Branchen Architektur, Ingenieur- und Bauwesen und Fertigung sind für 60 % aller weltweiten Kohlenstoffemissionen verantwortlich.
Als wichtige betriebswirtschaftliche Metrik geben ESG-Ratings potenziellen Anlegenden Auskunft über das mit einem Unternehmen verbundene Risiko basierend auf seinen Richtlinien und Maßnahmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.
Vorgenommen werden diese Bewertungen durch unterschiedliche Rating-Agenturen, die Unternehmen anhand branchenspezifischer Kriterien im Vergleich zu ihren Mitbewerbenden in eine Rangliste bringen. Die jeweils herangezogenen Kriterien sind dabei nicht bei allen Anbietenden gleichermaßen transparent. Zu den führenden Rating-Agenturen in diesem Bereich zählen u. a. Sustainalytics, MSCI und DJSI. Der MCSI-Index stuft börsennotierte Unternehmen beispielsweise auf einer Skala von AAA bis CCC als leader (Vorreiter), average (Durchschnitt) oder laggard (Nachzügler) ein. Andere Anbietende vergeben Punkte in mehreren Einzelkategorien, um ein Ranking zu erstellen.
Hier zeigt sich immer wieder, dass Unternehmen trotz guter Ergebnisse in einem der drei ESG-Bereiche in der Gesamtwertung nur unter ferner liefen rangieren. So schneidet Tesla zwar in puncto Umweltschutz hervorragend ab, wird in den Kategorien Soziales und Unternehmensführung jedoch sehr viel kritischer bewertet. Zudem kann es passieren, dass branchenspezifische Ratings das Gesamtbild verzerren, wenn etwa ein Erdölkonzern wie Royal Dutch Shell im Vergleich zu Mitbewerbenden aus der eigenen Branche eine höhere Punktzahl erzielt als der Elektroautobauer. Dass auch sogenanntes Greenwashing ins Spiel kommt, ist nicht komplett auszuschließen, jedoch bleibt zu hoffen, dass die von der SEC geplante Verschärfung der Offenlegungspflicht in Bezug auf klimabezogene Risiken für mehr Transparenz sorgen wird.
Unternehmen, die sich nicht aktiv um die Entwicklung und Umsetzung von ESG-Maßnahmen bemühen, riskieren, den Anschluss zu verlieren – das gilt auch und insbesondere in der AEC- und Fertigungsbranche:
Zur Planung und Umsetzung einer ESG-Strategie sind fünf Schritte erforderlich:
1. Vorbereitende Gespräche mit Investoren, Aktionären und Vorstandsmitgliedern mit dem Ziel, eine ESG-Roadmap zu erstellen.
2. Regelmäßige Berichterstattung an einschlägige Rating-Agenturen zur Offenlegung aller geplanten und bereits umgesetzten Maßnahmen. (Autodesk veröffentlicht einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht, um alle Stakeholder über den aktuellen Stand und die erzielten Fortschritte auf dem Laufenden zu halten.
3. Bei der Planung von ESG-Maßnahmen ist darauf zu achten, dass die entsprechenden Investitionen die Verwirklichung der Geschäftsziele unterstützen, dem Leitbild des Unternehmens entsprechen und den Kunden sowie der Branche insgesamt zugutekommen.
4. AEC- und Fertigungsunternehmen sind gefordert, sich kritisch mit der Frage auseinanderzusetzen, wie sich ESG-Maßnahmen in ihr jeweiliges Geschäftsmodell integrieren lassen. Im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes muss dabei von Anfang an der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden bzw. Produkten mit sämtlichen zugehörigen Lieferketten berücksichtigt werden (d. h. diese Faktoren dürfen nicht erst nachträglich einbezogen werden).
5. Die Technologie kann bei ESG-Maßnahmen wertvolle Hilfestellung leisten und die Mitarbeitenden bei ihrer Umsetzung unterstützen. BIM-Lösungen (Gebäudedatenmodellierung) beispielsweise liefern Daten, die die Nachverfolgung und Berichterstattung unterstützen, und durch digitale Bestandsverwaltung lassen sich Abfälle um 30 % reduzieren.
Im Rahmen der Verschärfung von ESG-Standards werden künftig nicht nur die ökologischen und sozialen Folgen der eigenen Geschäftstätigkeit, sondern auch die Bilanz der Lieferanten berücksichtigt.
In den USA werden seitens der Medien und Politik teilweise Bedenken geäußert, die sich insbesondere auf die Effektivität von ESG-Ratings im Kampf gegen Klimakrise und soziale Ungleichheit beziehen. Solche Argumente sind nicht ganz von der Hand zu weisen. Dennoch ist das ESG-Konzept ein vielversprechender Ansatz, der langfristige und nachhaltige Änderungen in Aussicht stellt. Die Bewertung von Klima- und sozialen Folgen als betriebswirtschaftliche Risiken hat diese Faktoren zunehmend ins Blickfeld von Kapitalanlegern rücken lassen. Mit der zunehmenden Marktvolatilität und ökonomischen Ungewissheit wächst auch der Druck auf Unternehmen, ihre Kohlenstoffemissionen, Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt und Gleichstellung und Governance-Richtlinien transparent zu machen und aktiv auf die Optimierung der entsprechenden Kennzahlen hinzuarbeiten.
Von den Investitionskosten für die Umsetzung von ESG-Maßnahmen sollte sich kein Unternehmen abschrecken lassen – langfristig überwiegen die positiven Effekte die Kosten bei weitem.
Die Einführung von ESG-Maßnahmen bei mehr und mehr Unternehmen führt zu mehr Gleichheit und weniger Emissionen und nützt somit sowohl den Menschen als auch dem Planeten. Die Verschärfung der SEC-Berichtspflicht wird diesen Prozess noch beschleunigen. In Europa veröffentlichte die zuständige Marktaufsichtsbehörde ESMA im September 2022 ebenfalls Leitlinien zum Thema nachhaltige Finanzanlagen. Immer mehr Unternehmen verpflichten sich im Rahmen von Aktionen wie der „Race to Zero“-Kampagne der Vereinten Nationen oder dem Climate Pledge auf das Ziel der Kohlenstoffneutralität; immer mehr Unternehmen bemühen sich, durch den Umstieg auf erneuerbare Energien und den Erwerb von Kompensationsgutschriften ihre Treibhausbilanz zu verbessern, wie Autodesk es tut.
„Das Klimarisiko ist auch ein Anlagerisiko“, stellte BlackRock-Chef Larry Fink 2020 in einem Brief an die CEOs von Unternehmen im Portfolio der Vermögensverwaltung fest. Mit der Verschärfung der SEC-Berichtspflicht verstärkt sich auch der Druck auf Unternehmen, Klimarisiken und andere externe Effekte, die künftig in den Wert ihrer Aktien eingepreist werden, effektiver zu bewältigen. Möglich ist das nur durch eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung.
Die Frage, welche Maßnahmen ein Unternehmen ergreift, um soziale Ungleichheit zu bekämpfen und zur Entkarbonisierung seiner jeweiligen Branche beizutragen, wird für den Markenruf und damit auch das Vertrauen von Kunden und Aktionären weiter an Relevanz gewinnen. Bei Autodesk haben wir im Rahmen unseres proaktiven Engagements für Nachhaltigkeit einen ESG-Lenkungsausschuss eingesetzt und eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet, die drei Aspekte berücksichtigt: Was bewirken wir als Unternehmen? Was bewirken wir für unsere Kunden? Wie können wir uns zugunsten von Kohlenstoffneutralität, Resilienz und Gleichstellung in den Branchen engagieren, in denen wir tätig sind?
Eine neue Studie der New York University Stern School of Business kommt zu dem Schluss, dass Unternehmen, die ESG-Kriterien messen und entsprechende Berichte veröffentlichen, langfristig bessere Geschäftsergebnisse erzielen. Die führende Management- und Strategieberatung Deloitte empfiehlt Unternehmen die Erarbeitung eines Risikomanagement-Frameworks zur Unterstützung von Maßnahmen, die Vielfalt und Gleichstellung fördern, Emissionen reduzieren und den Schutz von Kundendaten verbessern und dadurch langfristig zu mehr Innovation und höheren Umsätzen führen. Die Stern-Studie konnte ebenfalls nachweisen, dass Unternehmen, die ESG-Maßnahmen zur Priorität machen, besser für gesellschaftliche oder wirtschaftliche Krisen gerüstet sind. Gerade angesichts der Lehren aus der COVID-19-Pandemie steigert dies ihre Attraktivität für potenzielle Anleger.
Durch die proaktive Umsetzung von ESG-Maßnahmen zeigen Unternehmen Verantwortungsbewusstsein und stärken dadurch nicht nur das Vertrauen von Kunden, Geschäftspartnern und Anlegern, sondern sind auch bestens aufgestellt, um qualifizierte Arbeitnehmende anzuziehen und zu binden – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil angesichts des Fachkräftemangels im Bereich AEC und Fertigung und ein Zeichen einer umsichtigen und intelligenten Unternehmensführung, die wiederum das Interesse der Anleger und letztlich die Renditen steigert.
Die Anleger von heute und morgen setzen andere Prioritäten als ihre Vorgängergeneration. Klimaschutz, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit sind für sie wichtige Themen, mit denen Unternehmen sich unbedingt befassen müssen. In der Wirtschaft finden diese Stimmen bereits Gehör: 2019 definierte der einflussreiche Fachverband Business Roundtable den Begriff der corporation neu und weitete die Verpflichtung privatrechtlicher Körperschaften gegenüber ihren Aktionären auf das gesamte Ökosystem aus Kunden, Mitarbeitenden und lokalen Bevölkerungsgruppen aus.
ESG-Ratings verschaffen transparentere Einblicke in die Maßnahmen, die Zehntausende von Unternehmen zur Minderung von Risiken ergreifen. Die Rating-Kriterien werden laufend weiterentwickelt und um neue Aspekte ergänzt – teilweise fließen sogar Cybersicherheit und geopolitische Risiken in die Bewertung ein. Trotzdem dienen sie als stabile Messlatte, an der Unternehmen ersehen können, wie sie im Vergleich zur Konkurrenz abschneiden und in welchen Bereichen dringender Nachholbedarf besteht. Parallel dazu sind insbesondere in den USA und der Europäischen Union Bestrebungen im Gange, die Berichtspflicht zur Offenlegung von Kohlenstoffemissionen und gesellschaftlichen Auswirkungen im öffentlichen Sektor zu standardisieren. Mit mehr Klarheit bezüglich der konkreten Verpflichtungen der Unternehmen ist schon viel gewonnen.
Immer mehr Unternehmen verinnerlichen die Erkenntnis, dass ein Beitrag zum Wohl der Menschen und des Planeten aus einer langfristigen Wachstumsperspektive mehr wert ist als kurzfristige Erträge. Natürlich wird der Unternehmenserfolg weiterhin in erster Linie am Profit gemessen. Jedoch setzt sich zunehmend die Einsicht durch, dass sozialverantwortliche und umweltschonende Geschäftspraktiken sich auch unterm Strich auszahlen – ganz zu schweigen von der wachsenden Bedeutung, die Arbeitnehmende, Kunden und Kapitalanleger ihr zumessen. Das Fazit ist eindeutig: Unternehmen, die ESG-Maßnahmen konsequent und effektiv umsetzen, sind auf lange Sicht besser aufgestellt.
Joe Speicher ist Vizepräsident der Abteilung „ESG and Impact“ bei Autodesk. Zuvor war er Executive Director der Autodesk Foundation.
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